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Aus allen Quellen trinken - Gemeinsam unter einem Dach e.v.

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die werden immer konservativer, immer altmodischer und erlegen den Kindern Dinge auf, die sie selber nicht<br />

erfüllen, […] <strong>unter</strong> denen die Eltern nicht mehr leben, schon lange nicht mehr leben, denn sie sind ja als relativ<br />

junge Menschen hier her gekommen, und für sich galten die nicht, die gelten jetzt nur für die Kinder. […] Sie<br />

sind hierher geschickt worden, und […] dann mit <strong>einem</strong> Mal haben sie diese Freiheiten genießen können. Ob sie<br />

die immer als gut empfunden haben oder nicht… also wahrscheinlich ja nicht, weil sie ja für ihre Kinder was<br />

anderes wollen, nämlich diese vietnamesischen Werte.“ 407<br />

Hier wird das elterliche Verhalten also weniger, wie oben, auf die schlichte Unkenntnis der<br />

veränderten Verhältnisse in Vietnam, als auf ein bewusst <strong>allen</strong> Veränderungen trotzendes<br />

Beharren zurückführt. Die am Ende des Zitats anklingende Erklärung hierfür, nämlich die<br />

elterliche Absicht, ihre Kinder bestmöglich zu erziehen, ergänzt die Befragte durch folgende<br />

Vermutung: „Sie merken schon, dass auch in unserer Gesellschaft es Probleme gibt und sie<br />

idealisieren ihre eigenen Werte, ohne abzugleichen.“ 408 Diese Interpretation scheint auch die<br />

folgende <strong>Aus</strong>sage zu bestätigen:<br />

„Die Eltern, viele Eltern… meinen, das Leben in Vietnam, das vietnamesische Verhalten, die Tradition, der<br />

Umgang miteinander … ist viel netter, höflicher, freundlicher und so weiter und so fort… ja, das ist schön, das<br />

ist in Vietnam - hier ist es anders…hier ist andere Sorgen, hier ist eine andere Art und Weise von Verhalten.“ 409<br />

Ein Schlüssel zur Erklärung dieser in ‚unseren’ Augen anachronistischen ‚Verklärung’ der<br />

eigenen Herkunftskultur durch vietnamesische Migranten, die sich außer in der<br />

Kindererziehung auch in der bereits erwähnten, dezidierten Ehepartnerinnensuche in Vietnam<br />

zu manifestieren scheint, könnte folgende Erkenntnis sein:<br />

„Das, was der/die InländerIn an kulturellen Verhaltensformen von Einwanderergruppen wiederzuerkennen<br />

glaubt und was s<strong>einem</strong>/ihrem landeskundlichen Wissen bzw. seinen/ihren Beobachtungen bei Exkursionen in<br />

Herkunftsländern von EinwandererInnen entspricht, ist nicht gleichzusetzen mit den gleich aussehenden<br />

Verhaltensformen von EinwandererInnen, die in der BRD leben. Denn wenn diese Beobachtungen und<br />

Kenntnisse über kulturelle Verhaltensformen nicht auf die Probleme und die Bedingungen der<br />

Einwanderersituation bezogen werden, auf die BRD-Gesellschaft, die diese Probleme schafft, dann bleiben sie<br />

ohne praktischen Wert. Sie haben dann lediglich die Funktion des Wiedererkennens und der Bestätigung dessen,<br />

was man schon immer […] gewußt hat […] . Dabei wird außer acht gelassen, daß <strong>unter</strong> den Bedingungen von<br />

Migration und Marginalität Elemente der kulturellen Tradition des Herkunftslandes so transformiert<br />

407 Interview 1.<br />

408 Ebenda.<br />

409 Interview 4.<br />

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