Aus allen Quellen trinken - Gemeinsam unter einem Dach e.v.
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der Eltern, die kaum Kontakt zur deutschen Bevölkerung pflegen. 380 Diese Annahme gilt<br />
insbesondere für in Deutschland geborene Kinder. Es ist also vorstellbar, dass die Kinder wie<br />
auch im Falle der Boat People Unterschiede zwischen ihrer Erziehung und dem heute<br />
vornehmlich von deutschen Eltern praktizierten „ […] demokratischen, zugleich<br />
partizipativen und autoritativen Erziehungsstil […] “ 381 feststellen, der Kindern in der Regel<br />
mehr Freiheiten einräumt, deren Eigenverantwortlichkeit, kritisches Denken und<br />
selbständiges Handeln fördern soll und nicht – aus ‚deutscher’ Perspektive – wie eine stark<br />
autoritäre Erziehung zu „ […] sozialer Abhängigkeit und Passivität […] “ 382 führt. Diese<br />
wahrscheinlich von den Kindern wahrgenommenen Unterschiede legen wie im zuvor<br />
beschriebenen Fall ein gewisses persönliches und familiäres Konfliktpotential nahe, welches<br />
auf Seiten der Kinder bestimmte Problemlösungsstrategien fordert, die - ähnlich wie bei den<br />
Kindern der Boat People – <strong>unter</strong>schiedlich ausf<strong>allen</strong> könnten.<br />
Die Annahme des elterlichen Festhaltens an ‚vietnamesischen Werten’ umfasst<br />
konsequenterweise auch die erzieherische Betonung des hohen Wertes der Bildung. Wie auch<br />
im Fall der Boat People ist vorstellbar, dass die Kinder der ehemaligen Vertragsarbeiter<br />
<strong>einem</strong> vergleichsweise hohen Leistungsdruck durch die Eltern ausgesetzt sind, dem sie<br />
ebenfalls auf <strong>unter</strong>schiedliche Art und Weise begegnen könnten. Das zuvor beschriebene<br />
Phänomen überdurchschnittlich hoher schulischer und akademischer Leistungen ist dabei eine<br />
mögliche Variante. Der Faktor der schulischen Leistung soll hier vor allem deshalb <strong>unter</strong>sucht<br />
werden, da er als Indikator eigener Fähigkeiten und Kompetenzen für das kindliche<br />
Selbstwertgefühl und die Identitätsfindung eine entscheidende Rolle spielt. 383<br />
In sprachlicher Hinsicht ist denkbar, dass aus Vietnam nachgereiste Kinder, die Deutsch als<br />
Fremdsprache lernen müssen, zumindest zunächst zusätzliche Schwierigkeiten in ihrer<br />
sozialen und schulischen Neuorientierung in Deutschland haben. Von in Deutschland<br />
geborenen Kindern hingegen kann gemäß den obigen Beschreibungen angenommen werden,<br />
dass diese die deutsche Sprache aufgrund ihres ausschließlichen Besuchs deutscher<br />
Kindergärten und Schulen sehr gut beherrschen. Da jedoch, wie bereits erwähnt und wie auch<br />
im Falle der Boat People beschrieben, die Eltern in der Regel kaum Deutsch sprechen, sind<br />
familiäre Kommunikationsprobleme und damit die Verstärkung eventuell bereits vorhandenen<br />
familiären Konfliktpotentials dann anzunehmen, wenn die Kinder kaum Vietnamesisch-<br />
Kenntnisse besitzen, was zu überprüfen ist.<br />
380<br />
Vgl. Nguyen Thi Minh Dai 1998: 179.<br />
381<br />
Hurrelmann 2004: 112.<br />
382<br />
Ebenda: 112.<br />
383<br />
Vgl. Nguyen Thi Minh Dai 1998: 179.<br />
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