Aus allen Quellen trinken - Gemeinsam unter einem Dach e.v.
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Nachdem zuvor Erklärungen für die elterliche Einstellung zur Kindererziehung gesucht<br />
wurden, soll nun der Frage nachgegangen werden, wie die Kinder dieser Einstellung und dem<br />
damit offenbar - unabhängig von den elterlichen Verhaltensmotiven - verbundenen<br />
Konfliktpotential begegnen.<br />
Was die befragten Experten in diesem Zusammenhang zunächst hervorhoben, war die<br />
auffällige Unauffälligkeit der Kinder und Jugendlichen mit vietnamesischem<br />
Migrationshintergrund, also ihre von Lehrern und Erziehern gepriesene Anpassungsfähigkeit<br />
und ihr höfliches und zurückhaltendes Auftreten selbst im Falle schwacher schulischer<br />
Leistungen, auch ihren Klassenkameraden gegenüber. 444 Der Auffälligkeit dieses Phänomens<br />
zufolge ist stark anzunehmen, dass dieses in engem Zusammenhang mit der Erziehung zu<br />
Gehorsamkeit gegenüber Älteren und Autoritäten und zur Vermeidung offener Konflikte<br />
steht, wie sie von vietnamesischen Eltern praktiziert wird. Die Ergebnisse einer solchen<br />
Erziehung zeigen sich natürlich nicht nur in der Schule. Auch zu Hause verhalten sich die<br />
Kinder und Jugendlichen offenbar häufig widerspruchslos gemäß den elterlichen<br />
Erwartungen, unabhängig davon, ob sie mit beiden Eltern oder mit alleinerziehendem<br />
Elternteil leben oder ob die Eltern lange Arbeitszeiten haben und deshalb kaum zu Hause<br />
sind. 445<br />
Des Öfteren entgehen Kinder scheinbar einer <strong>Aus</strong>einandersetzung mit den Eltern, indem sie<br />
das im Zusammenhang mit den Boat People- Kindern beschriebene „Doppelleben“ leben,<br />
also zu Hause tun, was die Eltern verlangen, und sich ansonsten heimlich ihre Freiheiten<br />
nehmen. Notfalls lügen sie die Eltern an oder finden andere Wege, elterliche Verbote zu<br />
umgehen, wie eine Interviewpartnerin im Fall der bis zu <strong>einem</strong> Alter von etwa 17, 18 Jahren<br />
offenbar stark „bewachten“ 446 Mädchen bemerkt: Wollten diese sich verbotenerweise mit<br />
männlichen Freunden treffen, verabredeten sie sich einfach in öffentlichen Orten wie der<br />
Schwimmhalle. 447<br />
Nicht selten trügt jedoch offenbar auch die Problemlosigkeit, mit der Kinder ihren Alltag zu<br />
meistern scheinen:<br />
„Also die Lehrer und Erzieher, wenn wir so Projekttage machen, in „Kitas“ 448 und so, die sind sehr oft sehr<br />
überrascht, welche Probleme vorhanden sind, die kriegen das gar nicht so mit. […] Erst, wenn’s eskaliert, aber<br />
meistens eskaliert’s erst so…in der Pubertät. […] Also bis zu <strong>einem</strong> gewissen Alter kriegen die Eltern das noch<br />
444<br />
Vgl. Interviews 1, 2, 5.<br />
445<br />
Vgl. Interview 5. Es ist allerdings anzumerken, dass dem Befragten, der durch seine Arbeit die gesamte<br />
Rostocker ‚Community’ kennt, lediglich drei alleinerziehende Mütter bekannt sind.<br />
446<br />
Interview 1.<br />
447<br />
Vgl. Interview 1.<br />
448<br />
Kindertagesstätte.<br />
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