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Aus allen Quellen trinken - Gemeinsam unter einem Dach e.v.

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Vertrauenswürdigkeit. 256 Er verfügt über fast uneingeschränkte Macht- und Rechtsbefugnisse,<br />

kann seine Kinder maßregeln und bestrafen, sie verheiraten und enterben, sogar über ihr<br />

Eigentum verfügen. 257 Die Ehefrau ist zuständig für den Haushalt und vor allem die<br />

Erziehung der Kinder. Ihre Bezeichnung als noi tuong, als ‚Ministerin des Inneren’ in<br />

Anspielung auf ihre wichtige Aufgabe als Finanzverwalterin der Familie, deutet zwar auf eine<br />

im Vergleich zu anderen ost- und südostasiatischen Frauen stärkere Position der<br />

vietnamesischen Frau innerhalb der traditionellen Familie hin 258 , doch kann sie schwerlich<br />

über eines hinwegtäuschen: Die Frau ist dem Mann eindeutig <strong>unter</strong>tan, und zwar laut den<br />

konfuzianischen „Drei Gehorsamsverpflichtungen“ (tam tong) in dreifacher Hinsicht:<br />

zunächst gegenüber dem Vater, dann gegenüber dem Ehemann und schließlich als Witwe dem<br />

ältesten Sohn gegenüber. 259 <strong>Aus</strong>zeichnen sollen sie dabei vier weibliche Tugenden (tu duc):<br />

Wohlerzogenheit (hanh), also die Ehrerbietung gegenüber Höherrangigen und Älteren, Fleiß<br />

(cong), also Geschick und Arbeitseifer schon als Tochter bei der Hilfe in Haus und Hof und<br />

bei dem Hüten der Geschwister, später als Ehefrau bei der Hausarbeit, Bescheidenheit (ngon),<br />

welche sich vor allem in einer zurückhaltenden und sanften Sprache äußert, und tadelloses<br />

Betragen (dung), welches die Reinheit und Treue der Ehefrau voraussetzt. 260 Mit ihrer Heirat<br />

verlässt eine Frau die eigene Familie um in die ihres Mannes überzutreten. 261 Sie hat damit<br />

auch ihren Schwiegereltern zu gehorchen. Das schwierige Verhältnis zwischen<br />

Schwiegermutter und Schwiegertochter ist ein immer wiederkehrendes Thema in der<br />

vietnamesischen Volksliteratur und auch noch im heutigen Vietnam.<br />

Der älteste Sohn hat die Aufgabe, später für den Unterhalt der Eltern zu sorgen, ihnen absolut<br />

zu gehorchen, ihnen Dankbarkeit und Pietät entgegenzubringen und ihm auferlegte Strafen<br />

mit Demut anzunehmen. 262 Seine Pflicht ist es auch, für den Fortbestand der Familie zu<br />

sorgen und nach dem Tod der Eltern eine Tradition weiterzuführen, die die Hochachtung vor<br />

den Älteren besonders stark versinnbildlicht: den Ahnenkult. Diese „ […] religiöse Basis der<br />

patriarchalischen Familie“ 263 gründet im Gedanken der Unsterblichkeit der Seele, in der Idee,<br />

dass die Ahnen in ihren Kindern und Kindeskindern weiterleben. 264 Dabei werden die<br />

Beziehung zwischen Vater und Sohn und die Sonderstellung des ältesten Sohnes innerhalb<br />

der Familie betont, der nach dem Tod der Eltern als Wahrer des Ahnenkults verantwortlich ist<br />

256 Vgl. Krüger 1999: 15.<br />

257 Vgl. Bui Cong Tang 1996: 58.<br />

258 Vgl. Bankston und Zhou 1998: 84.<br />

259 Vgl. Schneider 1982: 109.<br />

260 Vgl. Krüger 1999: 15.<br />

261 Vgl. Nonnemann 2004: 2.<br />

262 Vgl. Bui Cong Tang 1996: 58.<br />

263 Schneider 1982: 81.<br />

264 Vgl. Kosaka-Isleif 1991: 204.<br />

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