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Aus allen Quellen trinken - Gemeinsam unter einem Dach e.v.

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wenn es in der Familie keine Töchter gibt. 403 Die elterliche Erwartung der Mithilfe der Kinder<br />

ist offenbar generell hoch und umfasst ab <strong>einem</strong> bestimmten Alter, etwa ab der Oberstufe,<br />

nicht selten auch die Mithilfe im elterlichen Geschäft nach der Schule. 404<br />

Im Vorgriff auf die noch folgende Untersuchung der kindlichen Einstellung gegenüber den<br />

Eltern traten bereits an mehreren Stellen psychische Konflikte der Kinder aufgrund der<br />

veränderten äußeren Bedingungen im Migrationsland Deutschland zutage. Wenngleich, wie<br />

die Gespräche mit den Fachleuten belegen, (zumindest offene) Konflikte dieser Art nicht<br />

auftreten müssen und diese in ihrer <strong>Aus</strong>prägung stark variieren können, ist der Nachweis ihrer<br />

Existenz insofern wichtig, als er die Notwendigkeit einer kritischen Frage nach dem ‚warum’<br />

des elterlichen ‚Festhaltens an der Tradition’ verdeutlicht, wie sie nun gestellt werden soll.<br />

Dies soll geschehen vor dem Hintergrund einer kritischen Hinterfragung des ‚klassischen’<br />

Vorwurfs eines ‚Mangels an Integrationswillen’ auf Seiten der Eltern.<br />

Im Widerspruch zu der im Rahmen der Hypothesen getroffenen Annahme, der in Vietnam mit<br />

den Kindern lebende und damit länger durch die vietnamesische Kultur geprägte Partner<br />

mache ein erzieherisches Festhalten an ‚traditionellen’ Werten wahrscheinlich, machten die<br />

Gespräche mit den Fachleuten zum Teil deutlich, dass diese Werte auch in Vietnam einen<br />

Wandel erfahren haben, es sich bei dem ‚Beharren’ der Eltern also um einen Anachronismus<br />

handelt. 405 Der Meinung eines Gesprächspartners zufolge ist dieser darin begründet, dass der<br />

lange in Deutschland lebende Elternteil die Veränderung oder teilweise Liberalisierung im<br />

Herkunftsland nicht mitbekommen habe. Allerdings muss diese Interpretation in engem<br />

Zusammenhang mit den von ihm beschriebenen Verhältnissen in Rostock gesehen werden,<br />

wo die Mehrzahl der ehemaligen Vertragsarbeiter männlich ist: Demnach sind die Männer in<br />

ihrem Selbstverständnis als unangefochtene Familienoberhäupter trotz ihres bis zu<br />

zwanzigjährigen Deutschland-Aufenthalts diejenigen, die ihre (überholten) Vorstellungen<br />

durchsetzen wollen, während die aus Vietnam kommenden Frauen, welche die Kinder als de<br />

facto Familienoberhäupter jahrelang alleine erzogen haben und die Werteänderung erlebt<br />

haben müssen, sich dem scheinbar fügen. 406 Unabhängig von den Geschlechterverhältnissen<br />

jedoch kommt eine Gesprächspartnerin bezüglich des besagten Anachronismus zu folgender<br />

Einschätzung:<br />

„Die Eltern wollen den Kindern ihre eigenen Traditionen und ihr eigenes Weltbild überstülpen, was immer mehr<br />

konservativ wird hier. Also in Vietnam sind die Menschen fortschrittlicher und weiter entwickelt wie hier, also<br />

403 Vgl. Interview 5.<br />

404 Vgl. Interviews 1, 2, 4, 7.<br />

405 Vgl. Interviews 1, 5.<br />

406 Vgl. Interview 5.<br />

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