Aus allen Quellen trinken - Gemeinsam unter einem Dach e.v.
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Im Einklang mit den im Rahmen dieser Untersuchung formulierten Hypothesen können die<br />
sprachliche Inkompetenz der Eltern und ihre oft wenig angesehene Beschäftigung aufgrund<br />
der Sprachbarriere, eines niedrigen Bildungsstandes, nicht anerkannter vietnamesischer<br />
Bildungsabschlüsse und / oder der spezifischen historischen und ausländerrechtlichen<br />
Bedingungen die elterliche Autorität ins Wanken geraten lassen. Kindlicher Unmut tritt dabei<br />
vor allem angesichts der offenkundigen Diskrepanz zwischen den Erwartungen der Eltern an<br />
die Kinder und ihrem eigenen niedrigen sozialen Status auf. Eine gewisse kindliche Scham<br />
hat offenbar nicht selten ihren Ursprung in der nach der Ankunft aus Vietnam zerstörten<br />
Illusion des Heldenbildes der Eltern als erfolgreiche ‚<strong>Aus</strong>landsvietnamesen’. Entgegen den<br />
Hypothesen jedoch scheint dies für beide Eltern gleichermaßen zu gelten, nicht nur für die<br />
väterliche Autorität. Die Annahme der Doppelbelastung der Frau durch Erwerbstätigkeit und<br />
Kindererziehung, gepaart mit ihrer nach wie vor deutlich <strong>unter</strong>geordneten Rolle gegenüber<br />
dem Mann, bestätigte sich jedoch.<br />
Die Überprüfung der von den beiden US-amerikanischen Sozialwissenschaftlern C.L.<br />
Bankston und M. Zhou im Zusammenhang mit den Boat People aufgestellten Thesen ergab<br />
folgendes: Ihre Annahme, ‚vietnamesische’ Werte (wie zum Beispiel derjenige der<br />
Leistungsorientierung) allein reichten für eine positive Entwicklung der Kinder nicht aus,<br />
wurde bestätigt durch die Beobachtung der starken Verinnerlichung solcher Werte auch bei<br />
Kindern, die sie offenbar nicht beherzigen und die sie dennoch als ‚vietnamesisch’ einstufen.<br />
Ebenso bestätigte ein Beispielfall zweier delinquenter Jugendlicher die These, dass das<br />
soziale Netzwerk der vietnamesischen Community, welches in Form der Vereine über eigene<br />
Organisationen verfügt und offenbar stark von sozialer Kontrolle getragen wird, Jugendliche<br />
vor dem negativen Einfluss einer sozioökonomisch schwachen ‚einheimischen’ Umgebung<br />
der Community schützen kann. Auch die förderliche Rolle der „ethnischen Identifikation“ der<br />
Jugendlichen für ihre positive Entwicklung wurde durch dieses Beispiel belegt, ebenso wie<br />
die <strong>Aus</strong>grenzung der Familie von der Community als eine der Ursachen für eine negative<br />
Entwicklung Jugendlicher. Die Rolle der vietnamesischen Sprache als Indikator einer solchen<br />
„ethnischen Identifikation“ schien insofern bestätigt, als die beiden delinquenten Jugendlichen<br />
zwar Vietnamesisch sprechen konnten, dies aber offenbar ablehnten. Zur These des<br />
vornehmlichen Auftretens von Delinquenz <strong>unter</strong> Kindern, die im Alter von <strong>unter</strong> 13 Jahren<br />
aus Vietnam kamen oder die im Migrationsland geboren sind, lässt sich sagen, dass erstere<br />
offenbar tatsächlich zu persönlichen Problemen neigen, wenn sie aufgrund des großen<br />
Drucks, Deutsch lernen zu müssen, die vietnamesische Sprache vernachlässigen. Es ist<br />
allerdings auch möglich, dass dies in erster Linie daran liegt, dass die völlige soziale<br />
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