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Aus allen Quellen trinken - Gemeinsam unter einem Dach e.v.

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Deutsch… Also wenn die Kinder sich <strong>unter</strong>einander <strong>unter</strong>halten, dann f<strong>allen</strong> Ihnen die Ohren ab, was die so für<br />

Meinungen von ihren eigenen Eltern haben.“ 530<br />

Der allgemein im Leben der Kinder eine zentrale Rolle spielende Vergleich der eigenen<br />

familiären Verhältnisse mit denen der deutschen Freunde führt also nicht nur zu Scham und<br />

Respektlosigkeit aufgrund der mangelhaften sprachlichen Bildung der Eltern, sondern auch<br />

aufgrund ihrer generellen Bildung, mit der die Kinder ihre zumeist gesellschaftlich wenig<br />

anerkannten beruflichen Tätigkeiten hauptsächlich in Verbindung zu bringen scheinen, wie<br />

am Beispiel eines Jungen deutlich wird, der seinen Vater zurückschlug, nachdem dieser ihn<br />

körperlich bestraft hatte:<br />

„Ich hab mit ihm dann geredet, da sagte er: ‚Ja, wenn ich in die Schule gehe und mein Kumpel ist Sohn des<br />

Arztes, […] und mein Vater ist nur einfacher Koch, und hinzu kommt: […] da halt die Eltern meines Kumpels ja<br />

auch so gebildet sind, schlagen sie ihn nicht, und weil mein Vater ungebildet ist, hat er kein anderes Mittel, als<br />

mich zu schlagen, wenn er mich erziehen will…. Er kann mich nicht mehr erziehen. Jetzt erziehe ich ihn<br />

um.’“ 531<br />

Dabei haben die Scham wegen der elterlichen Schwächen und der Unmut angesichts der<br />

deshalb empfundenen Unglaubwürdigkeit elterlicher Erwartungen offenbar nicht nur in <strong>einem</strong><br />

solchen Vergleich, sondern nicht selten auch schon in der Zeit, bevor die Familie in<br />

Deutschland vereint war, ihren Ursprung. <strong>Aus</strong>landsvietnamesen, die ihre Familien in Vietnam<br />

besuchten, wurden von ihren Kindern offenbar als wohlhabend und erfolgreich, als etwas<br />

Besonderes empfunden, um das andere Kinder sie beneiden konnten:<br />

„ […] und als sie hierher kamen und stellten fest: Der Vater steht nur am Herd und kocht und bedient und<br />

beherrscht die Sprache nicht, dann ist das für sie ja auch: (ahmt Geräusch des ‚Verpuffens’ nach) pfffhh – alles<br />

weg – dieses Wunschbild besteht nicht mehr.“ 532<br />

Im Zusammenhang mit der im Rahmen der Hypothesen angenommenen elterlichen<br />

Autoritätsminderung lässt sich konstatieren, dass Mütter und Väter von diesem Phänomen<br />

scheinbar gleichermaßen betroffen sind, obwohl im letzten Beispiel der besondere Status des<br />

Vaters als mystifiziertes Familienoberhaupt eine gewisse Rolle zu spielen scheint. Wie bereits<br />

antizipiert kann jedoch angesichts der bisherigen Betrachtungen kaum von <strong>einem</strong> besonderen<br />

‚emanzipatorischen Fortschritt’ der Frau und damit einer weiteren Schwächung der<br />

530 Interview 1.<br />

531 Interview 5.<br />

532 Ebenda.<br />

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