Aus allen Quellen trinken - Gemeinsam unter einem Dach e.v.
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empirischen Daten wurden anhand der qualitativen Forschungsmethode des „Experten-<br />
Interviews“, einer Variante des „Leitfaden-Interviews“, erhoben, die wegen der kulturell<br />
bedingten schweren Zugänglichkeit zur <strong>unter</strong>suchten Gruppe aufgrund ihrer Tabuisierung des<br />
Privaten und auch aus sprachlichen Gründen als angemessen erschien. Als Experten befragt<br />
wurden acht Vertreter vietnamesisch-(deutscher) Vereine und eines Jugendamts in den<br />
Städten Berlin und Rostock, sechs von ihnen mit vietnamesischem Migrationshintergrund.<br />
Zunächst widmete sich die Haupt<strong>unter</strong>suchung der erzieherischen Position der aus<br />
Vietnam stammenden Eltern. Es stellte sich heraus, dass diese im Einklang mit den zuvor<br />
formulierten Hypothesen in der Regel auch in der Migrationssituation an ‚vietnamesischen’<br />
Erziehungsmethoden festhalten. Auch die Annahme der kulturellen Prägung als Ursache<br />
hierfür schien sich zunächst zu bestätigen. Allerdings zeigte sich bald, im Widerspruch zu der<br />
Vermutung, vor allem der aus Vietnam nachgekommene Partner sei aufgrund seiner längeren<br />
kulturellen Prägung für das Festhalten an ‚vietnamesischen’ Werten verantwortlich, dass das<br />
‚Beharren’ auf der Tradition oftmals eher noch intensiver als in Vietnam stattfindet, wo die<br />
Werte im Wandel begriffen sind, dass also das elterliche Verhalten scheinbar anachronistisch<br />
ist. Dies ließ sich einerseits damit begründen, dass der sich als Familienoberhaupt sehende<br />
Vater wegen seiner langen Abwesenheit den Wandel in Vietnam nicht wahrnahm,<br />
andererseits jedoch auch durch eine ‚Idealisierung’ der alten kulturellen Werte des<br />
Herkunftslandes in der Absicht, die Kinder bestmöglich zu erziehen. Einen möglichen<br />
Schlüssel zur Erklärung dieses Verhaltensmusters lieferte die Position Kalpakas und Räthzels,<br />
bei dem scheinbaren ‚Import’ kultureller Verhaltensweisen aus Vietnam handle es sich um<br />
auf die Bedingungen der Migration zugeschnittene, aktuelle Problemlösungsmechanismen,<br />
die keineswegs als „reine Traditionspflege“ oder gar „Nostalgie“ abzutun seien.<br />
Um das elterliche Verhalten <strong>unter</strong> diesen neuen Gesichtspunkten betrachten zu können,<br />
widmete sich die Untersuchung zunächst der Frage aktueller Probleme der besagten<br />
Migrantengruppe. Als deren ‚gemeinsamer Nenner’ stellte sich ihre Isolation von<br />
beziehungsweise Marginalisierung durch die Mehrheitsgesellschaft heraus. Sowohl Ursache<br />
als auch Symptom dieser Isolation ist die weit verbreitete Unkenntnis der deutschen Sprache,<br />
die teilweise auf der staatlich beabsichtigten, rudimentären sprachlichen Vorbereitung des<br />
DDR-Arbeitseinsatzes gründet und zu deren Behebung <strong>unter</strong> den Migranten offenbar auch<br />
aktuell nur wenige Anreize bestehen. Als möglicher Grund hierfür kann zum einen die<br />
langjährige Unerwünschtheit der Integration der vietnamesischen Migranten in Deutschland<br />
gesehen werden, die eine große Unsicherheit bezüglich ihrer Zukunft zur Folge hatte. Zum<br />
anderen spielt auch die sehr zeitintensive Erwerbstätigkeit vornehmlich als<br />
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