Aus allen Quellen trinken - Gemeinsam unter einem Dach e.v.
Aus allen Quellen trinken - Gemeinsam unter einem Dach e.v.
Aus allen Quellen trinken - Gemeinsam unter einem Dach e.v.
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
demzufolge <strong>unter</strong> der Mehrheit der in Deutschland gebliebenen ehemaligen Vertragsarbeiter<br />
groß. Eine <strong>Aus</strong>nahme bildeten <strong>allen</strong>falls diejenigen <strong>unter</strong> ihnen, die bei Inkrafttreten des<br />
neuen <strong>Aus</strong>ländergesetzes einen Aufenthalt von mindestens acht Jahren nachweisen konnten:<br />
Sie erhielten eventuell eine zweckgebundene Arbeitserlaubnis. Außerdem hatten diejenigen,<br />
die einen deutschen Partner heirateten, Anspruch auf eine unbeschränkte<br />
Aufenthaltsberechtigung. 162<br />
Spätestens die obigen Gegebenheiten zusammen mit der angespannten Arbeitsmarktlage<br />
führten dazu, dass die überwiegende Mehrheit der noch in Deutschland verweilenden<br />
ehemaligen Vertragsarbeiter die Heimreise antrat. Anfang 1991 verfügten nur noch circa zehn<br />
bis 15 Prozent der ausländischen Arbeitnehmer in der ehemaligen DDR über einen<br />
Arbeitsplatz. 163 Sie arbeiteten vor allem im Dienstleistungsbereich, also in Reinigungsfirmen<br />
und der Gastronomie, zum Teil ohne korrekte Arbeitsverträge und tarifgemäße Entlohnung.<br />
Ein möglicher <strong>Aus</strong>weg aus der unsicheren Lage war die ihnen gesetzlich zustehende<br />
Gewerbeerlaubnis: Viele vietnamesische Migranten arbeiten deshalb heute als Händler für<br />
Textilien, Lebensmittel und Blumen oder betreiben Imbissstände. 164 Eine Alternative der<br />
illegalen Art bot sich durch den Verkauf von Schmuggelware und den bandenartig<br />
organisierten Handel mit Zigaretten, Videos und Kassetten:<br />
„Obwohl es glaubhafte Hinweise gibt, daß die Mehrzahl dieser Schwarzmarkt-Händler erst nach der politischen<br />
Wende nach Deutschland gekommen sind [sic!], sind dar<strong>unter</strong> sicher auch Arbeitsmigranten aus der DDR-Zeit.<br />
Es handelt sich dann vermutlich um solche Vietnamesen, deren Anspruch auf Sozialleistungen wegen einer<br />
Unterbrechung ihres Aufenthalts im Beitrittsgebiet erloschen ist oder die aus Angst vor Abschiebung ihren<br />
Anspruch nicht geltend machen.“ 165<br />
Vor allem der illegale Zigarettenhandel in Ostberlin hat das Image der vietnamesischen<br />
Migranten in Deutschland stark negativ geprägt. Es ist schwer, den Ertrag dieses<br />
gesetzeswidrigen Handels abzuschätzen. 166 Er hat jedoch in den letzten Jahren stark<br />
abgenommen und spielt mittlerweile eine relativ <strong>unter</strong>geordnete Rolle. Das schlechte Image<br />
allerdings hat sich hartnäckig gehalten, sehr zum Unmut und zur Scham der vietnamesischen<br />
Community.<br />
Der Wunsch nach einer eigenen Wohnung war für die ehemaligen Vertragsarbeiter jetzt<br />
grundsätzlich erfüllbar. Allerdings war der private Wohnungsmarkt der neuen Bundesländer<br />
162 Vgl. Marburger 1993: 39.<br />
163 Vgl. Krebs 1999: 19.<br />
164 Vgl. Marburger 1993: 40.<br />
165 Ebenda: 40-41.<br />
166 Vgl. ebenda: 41.<br />
28