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Aus allen Quellen trinken - Gemeinsam unter einem Dach e.v.

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V.2.4.3 Die Suche nach Identität<br />

„ Also wir haben ja anfangs immer nur traditionelle Tänze gemacht […]. Aber die Mädchen, die kamen auch so<br />

zu mir und meinten: ‚Ja, können wir nicht auch mal was anderes machen?’ Das ist ja auch verständlich, …also<br />

man soll schon so motiviert sein, was zu machen, was <strong>einem</strong> Spaß macht, und dann sag ich: ‚Natürlich, können<br />

wir auch machen!’ und von daher denk ich mal, sind sie an beidem interessiert, […] und wenn ich ein Stück<br />

finde, das traditionell ist, aber umgearbeitet wurde, also ‚geremixt’ wird, […] dann kann man mehr Bewegungen<br />

machen, die sehr … also stark sind und so und dann macht es denen auch genauso Spaß, denk ich mal…aber da<br />

sie halt hier aufwachsen, ist es selbstverständlich, dass sie …an modernen Sachen viel mehr interessiert sind.“ 564<br />

(Tran Van Ngoc, 22, Leiterin einer vietnamesischen Tanzgruppe für Mädchen)<br />

Wie die bisherigen Betrachtungen verdeutlichten, sehen sich die Kinder der ehemaligen<br />

vietnamesischen Vertragsarbeiter in Deutschland in ihrer persönlichen Entwicklung mit einer<br />

Reihe besonderer Bedingungen konfrontiert, die sich aus der Migration ihrer Eltern und, wenn<br />

sie nicht in Deutschland geboren sind, auch aus ihrer eigenen Migration ergeben. Diese<br />

Bedingungen stellen für ihre jetzige und zukünftige Aufgabe der Selbstfindung und<br />

-definition innerhalb der Mehrheitsgesellschaft eine Herausforderung dar, der sich ihre<br />

Altersgenossen ohne Migrationshintergrund in dieser Form nicht stellen müssen. Teil dieser<br />

Herausforderung ist neben ganz praktischen Problemen wie der sich in beide Richtungen<br />

äußernden Sprachbarriere, gegebenenfalls der Orientierung in <strong>einem</strong> völlig neuen<br />

geographischen und sozialen Umfeld und der häufigen Abwesenheit der Eltern sicherlich<br />

auch die Balance zwischen den beiden ihr Leben maßgeblich bestimmenden kulturellen<br />

Einflussquellen, die ihre Überschneidungen, aber offenbar auch ihre Inkompatibilitäten haben<br />

und die beide mit gewissen Ansprüchen und Erwartungen einhergehen. Die Erwartungen auf<br />

Seiten des Elternhauses und der vietnamesischen Community als den Identitätsfindungsprozess<br />

der Kinder maßgeblich beeinflussender Faktor wurden bereits umfassend<br />

<strong>unter</strong>sucht. Bisher kamen jedoch kaum die Ansprüche der Mehrheitsgesellschaft zur Sprache,<br />

die für die je nach Alter bewusste oder unbewusste <strong>Aus</strong>einandersetzung mit der eigenen<br />

Identität mindestens ebenso entscheidend sein müssen, wenn man letztere <strong>unter</strong> folgenden<br />

Gesichtspunkten betrachtet:<br />

„Die Identität eines jeden Individuums steht in <strong>einem</strong> permanenten Spannungsverhältnis zu den<br />

gesellschaftlichen Anforderungen, welche Anpassung und Normierung fordern. Daher werden Individuen hier<br />

nicht als Opfer ihrer Sozialisation betrachtet, sondern als handelnde Subjekte, die sich aktiv mit ihren<br />

564 Interview 6.<br />

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