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Aus allen Quellen trinken - Gemeinsam unter einem Dach e.v.

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tun und andrerseits ein ganz anderes Leben mit willkommener Anpassung an die europäisch/deutschen<br />

Verhältnisse.“ 335<br />

Diesen Problemlösungsmechanismus schienen vor allem Mädchen an den Tag zu legen, die<br />

eine offene Rebellion angesichts der noch strengeren Haltung und Kontrolle der Eltern ihnen<br />

gegenüber nicht wagten. Sie schienen oft stark internalisiert zu haben, höhere moralische<br />

Prinzipien erfüllen zu müssen als die Jungen, bei denen ein gewisses Rebellentum toleriert<br />

und scheinbar sogar erwartet wurde. 336<br />

Andererseits werden zum Teil dramatische Fälle beschrieben, in denen Kinder<br />

beziehungsweise Jugendliche durch den von ihnen nicht bewältigten ‚Balanceakt’ zwischen<br />

den Ansprüchen des Elternhauses und den Bedingungen der Außenwelt in delinquentes<br />

Verhalten oder Drogenabhängigkeit abdrifteten, das Elternhaus sehr früh verließen oder gar<br />

versuchten, sich das Leben zu nehmen. 337 Ein Hang zum Dramatischen zeichnet allerdings<br />

bisweilen auch die von den Autoren hierfür angebotene Begründung aus, wie in der folgenden<br />

<strong>Aus</strong>sage deutlich wird:<br />

„Der Zusammenprall von Tradition und Wirklichkeit, die Kollision von zwei gegensätzlichen Wertesystemen<br />

bereitet selbst den Erwachsenen große Anpassungs- und Orientierungsschwierigkeiten. Um so mehr bei den<br />

Jugendlichen. Das Ergebnis ist leicht nachvollziehbar: Unsicherheit, Zweifel, Orientierungslosigkeit,<br />

Werteverfall, psychosoziale Störungen….“ 338<br />

Nun muss erwähnt werden, dass diese Worte von einer Autorin stammen, deren mangelnde<br />

Distanz zur Thematik darin begründet sein kann, dass sie selbst der – durch das Trauma der<br />

Flucht gezeichneten – betrachteten Gruppe zugehörig ist und 15 Jahre in einer Caritas-<br />

Beratungsstelle für Vietnamesen tätig war, an die sich in den meisten Fällen sicher nicht<br />

diejenigen Familien wandten, die besonders gut mit ihren veränderten Lebensverhältnissen<br />

zurechtkamen. Dennoch ist die <strong>Aus</strong>sage in ihrem generalisierenden Determinismus<br />

unzureichend, um nicht zu sagen unzutreffend. Zum einen ist sie blind für die Tatsache, dass<br />

„Tradition“ und „Wirklichkeit“ einander beeinflussen und bedingen, übrigens auch schon im<br />

Herkunftsland Vietnam. Zum anderen vermag sie nicht zu erklären, wie (vietnamesische)<br />

„Tradition“ auch in der „Wirklichkeit“ des Migrationslandes Kindern hervorragende<br />

Voraussetzungen für ihre Zukunft bereiten kann. Während nämlich oben negative<br />

335<br />

Bui Cong Tang 1996: 38.<br />

336<br />

Vgl. Bankston und Zhou 1998: 181-183.<br />

337<br />

Vgl. Bui Cong Tang 1996: 37-38, Bankston und Zhou 1998: 185 ff.<br />

338<br />

Bui Cong Tang 1996: 33.<br />

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