Aus allen Quellen trinken - Gemeinsam unter einem Dach e.v.
Aus allen Quellen trinken - Gemeinsam unter einem Dach e.v.
Aus allen Quellen trinken - Gemeinsam unter einem Dach e.v.
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
dessen Ablauf sie unrechtmäßig in Deutschland verblieben, oder man reiste mit <strong>einem</strong><br />
Touristenvisum über ehemalige Ostblockstaaten und Schmuggelpfade nach Deutschland. 174<br />
Aufgrund der schwierigen Lebensumstände der ehemaligen Vertragsarbeitnehmer,<br />
aber auch wegen der zunehmenden <strong>Aus</strong>länderfeindlichkeit waren seit der Wende immer mehr<br />
Hilfsorganisationen für <strong>Aus</strong>länderbelange entstanden, die zum Teil aus Institutionen der<br />
offiziellen Solidaritätsbewegung der DDR oder aus Initiativen der politischen und<br />
wissenschaftlichen Arbeit an den Hochschulen hervorgingen. 175 Ihr Ziel war es, das<br />
Informationsdefizit über die tatsächlichen Lebensverhältnisse der Vertragsarbeiter und damit<br />
alte Vorurteile ihnen gegenüber abzubauen, die Begegnung zwischen <strong>Aus</strong>ländern und<br />
deutscher Bevölkerung zu fördern und somit dem stark rassistischen Klima<br />
entgegenzuwirken. 176 Zudem klärten sie <strong>Aus</strong>länder über ihre Rechte auf und <strong>unter</strong>stützten sie<br />
bei arbeitsrechtlichen Problemen. Nach dem zweiten Oktober 1990 kam es dann auch zur<br />
Gründung von Selbsthilfeinitiativen der Vertragsarbeiter, welche wegen der strengen<br />
staatlichen Reglements in der ehemaligen DDR kaum denkbar gewesen wären. 177 Im<br />
Mittelpunkt der Arbeit dieser Selbsthilfeinitiativen standen anfangs vor allem der<br />
Widerspruch gegen Bescheide zum Aufenthaltsstatus, außerdem die Bewältigung konkreter<br />
Alltagsprobleme, also die Unterstützung bei Behördengängen, bei der Wohnungs- und<br />
Arbeitssuche sowie das Angebot von <strong>Aus</strong>bildungs- und Qualifizierungsprogrammen. 178<br />
Zusammen mit den <strong>Aus</strong>länderbeauftragten des Bundes, der Länder, der Städte und<br />
Gemeinden, der Kirche und einiger engagierter Anwälte setzten sie sich gegen die<br />
Benachteiligung der ehemaligen Vertragsarbeiter gegenüber den Arbeitsmigranten der alten<br />
BRD ein, die ein Daueraufenthaltsrecht genossen. Sie forderten von der Bundesregierung ein<br />
Bleiberecht für die ehemaligen Vertragsarbeiter beziehungsweise die Umwandlung der<br />
Aufenthaltsbewilligung in eine Aufenthaltserlaubnis. 179 Zu ihren Argumenten zählten,<br />
abgesehen von der Ungleichbehandlung gegenüber den „Gastarbeitern“, ihre unmenschliche<br />
Behandlung in der DDR als reine ‚Arbeitsmaschinen’ und die schwierige Situation in ihren<br />
jeweiligen Heimatländern. 180<br />
Die Debatte um eine Bleiberechtsregelung für die ehemaligen Vertragsarbeiter hatte schon<br />
1991 begonnen. Den politischen Grundstein zu ihrer Verwirklichung legte jedoch das<br />
174<br />
Vgl. Krebs 1999: 20.<br />
175<br />
Vgl. Marburger 1993: 47. In der DDR waren die beiden großen Kirchen in der <strong>Aus</strong>länderarbeit aktiv<br />
gewesen, ihr Engagement wurde zumindest staatlich geduldet.<br />
176<br />
Vgl. Krebs 1999: 20.<br />
177<br />
Vgl. Marburger 1993: 44.<br />
178<br />
Vgl. ebenda: 48.<br />
179<br />
Vgl. ebenda: 39.<br />
180<br />
Vgl. Krebs 1999: 21.<br />
30