20.11.2012 Aufrufe

Aus allen Quellen trinken - Gemeinsam unter einem Dach e.v.

Aus allen Quellen trinken - Gemeinsam unter einem Dach e.v.

Aus allen Quellen trinken - Gemeinsam unter einem Dach e.v.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

aus den Abkommensbestimmungen mit sich brachten, nur äußerst selten genehmigt, die<br />

behördlichen Hürden waren hoch. 104 Zudem mussten Vietnamesen, die in der DDR bleiben<br />

wollten, quasi in Form einer hohen Ablösesumme die Kosten ihres Aufenthaltes an den<br />

vietnamesischen Staat ‚zurückzahlen’ – ohne Garantie auf die Genehmigung der<br />

Eheschließung durch die DDR-Behörden. 105 Die Entscheidung über entsprechende Anträge<br />

wurde oft um Jahre hinausgezögert und fiel meist zu Ungunsten der Antragssteller aus. Hatte<br />

ein Paar Kinder und ein Partner musste nach Vietnam zurückkehren, bestand kein Anspruch<br />

auf Familienzusammenführung. 106 Über den Integrationsstand der vietnamesischen<br />

Vertragsarbeiter in der DDR kann also dennoch kein Zweifel bestehen:<br />

„Die vietnamesischen Vertragsarbeiter wiesen einen außerordentlich geringen Eingliederungsgrad auf.<br />

Gebunden an die Abmachungen in den Regierungsabkommen sowie durch die zentral erfolgte Organisation ihres<br />

Aufenthaltes, boten sich kaum Gelegenheiten, die Grenzen ihrer Isolation zu sprengen. Diese Isolation vollzog<br />

sich auf <strong>allen</strong> Ebenen: auf der […] Positions-, Status- und Machtstruktur in der DDR, auf der Eben der sozialen<br />

Kontakte und auf der soziokulturellen Ebene. Faktisch lebten sie, sich der Unumgänglichkeit ihrer<br />

Aufenthaltsbefristung gewiß, innerhalb der DDR in einer Art vietnamesischer Enklave […]. Die wenigen<br />

Berührungspunkte mit der einheimischen Bevölkerung waren meist funktionaler Natur. In den trotz<br />

mehrjährigen Aufenthalts nur mangelhaften Deutschkenntnissen manifestiert sich die schwache Eingliederung<br />

am stärksten.“ 107<br />

Offiziell existierte im Sozialismus keine <strong>Aus</strong>länderfeindlichkeit, die stark zensierten<br />

Medien schwiegen über ausländerfeindliche Vorfälle, die gemäß dem Strafgesetz der DDR<br />

streng geahndet und bestraft wurden: „Denn eine offenkundige ablehnende Haltung<br />

gegenüber <strong>Aus</strong>ländern aus den befreundeten sozialistischen Staaten wurde gleichgesetzt mit<br />

einer Ablehnung der DDR-Politik des ‚proletarischen Internationalismus’ und einer<br />

Befürwortung kapitalistischen und rassistischen Gedankengutes.“ 108 <strong>Aus</strong>länderfeindlichkeit<br />

existierte dennoch auch vor der Wende, wobei Vietnamesen im Gegensatz zum Beispiel zu<br />

Mosambikanern vergleichsweise positiv eingeschätzt wurden und weitaus seltener Opfer<br />

verbaler oder tätlicher Angriffe waren als diese. 109 Allgemein galten Vietnamesen als fleißig,<br />

104<br />

1989 existierten in der DDR circa 200 bis 300 Ehen zwischen deutschen und vietnamesischen Bürgern. (Vgl.<br />

Marburger 1993: 30); Bis 1991 kam es zu etwa 2.000 deutsch-vietnamesischen Eheschließungen in der<br />

ehemaligen DDR. Bei 60 Prozent dieser Paare waren die Frauen vietnamesisch, fast alle Vietnamesen in diesen<br />

Ehen waren ehemalige Vertragsarbeiter. (Vgl. Krüger 1999: 18).<br />

105<br />

Vgl. Raendchen 2000: 19.<br />

106<br />

Vgl. ebenda: 19.<br />

107<br />

Müller 1996: 74-75.<br />

108<br />

Raendchen 2000: 20.<br />

109<br />

Vgl. ebenda: 21. Laut dem Autor ergaben Befragungen des Instituts für Sozialforschung und<br />

Gesellschaftspolitik 1990: Vietnam war bezüglich der Sympathie gegenüber andern Nationalitäten an 6. Stelle:<br />

59,5% der Befragten bekundeten eine sehr oder eher sympathische Haltung gegenüber Vietnam. Unter den<br />

19

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!