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Aus allen Quellen trinken - Gemeinsam unter einem Dach e.v.

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werden, daß sie Antworten auf aktuelle Probleme liefern. Und dies hat wenig mit Nostalgie oder reiner<br />

Traditionspflege zu tun.“ 410<br />

Bezogen auf die Situation der ehemaligen Vertragsarbeiter und ihrer Familien impliziert die<br />

obige Erkenntnis, dass das ‚Festhalten an traditionellen erzieherischen Werten’ nicht als<br />

selbstverständlicher Werte- und Traditionen-‚Import’ aus Vietnam oder als bloße<br />

Idealisierung derselben gesehen werden kann. Vielmehr ist dieses Verhalten vor dem<br />

Hintergrund der Lebensbedingungen der genannten Gruppe in Deutschland als<br />

Problemlösungsstrategie zu verstehen, mit denen die Eltern spezifischen und aktuellen<br />

Problemen zu begegnen suchen. Es gilt also, sich von dem bisher angestellten Vergleich der<br />

Kulturen Deutschlands und Vietnams als <strong>Aus</strong>gangspunkt der Problematisierung des<br />

elterlichen Verhaltens zu lösen, deren Differenzen ohnehin nicht überbewertet werden sollten,<br />

wie diese Gesprächspartnerin findet:<br />

„Also ich lebe […] in beiden Welten, ich sehe keinen Unterschied: in der Erziehung, im Glauben, […] …<br />

vielleicht gibt es einen Unterschied in der Mentalität, weil wir [Asiaten, C.B.] von anderen Ländern kommen,<br />

anderes Klima und so, aber es ist nicht so furchtbar <strong>unter</strong>schiedlich. Daher sag ich, dieses Problem ist nur<br />

…irgendwie so hochgespielt. Wir […] erziehen unsere Kinder in <strong>einem</strong> Wert, <strong>einem</strong> moralischen Wert, es gibt<br />

eine Ethik, für alle Religionen, es ist nur ein bisschen…verschoben, weil wir aus Asien kommen und die<br />

Deutschen in Europa mit <strong>einem</strong> kalten Klima, und wir sind in Asien mit <strong>einem</strong> heißen Klima, aber sonst ist es<br />

genauso: Die Kinder lernen, Erwachsene zu respektieren, Werte zu respektieren, es ist nicht anders.“ 411<br />

Eine Betrachtungsweise, wie sie Kalpaka und Räthzel oben vorschlagen, setzt weiter voraus,<br />

dass <strong>unter</strong>sucht wird, wie die aktuellen „Probleme und die Bedingungen der<br />

Einwanderersituation“ 412 aussehen, mit denen die vietnamesischen Migranten konfrontiert<br />

sind. Diese Probleme wurden an mehreren Stellen bereits angerissen und sollen nun mit Hilfe<br />

der <strong>Aus</strong>sagen der Gesprächspartner detaillierter betrachtet werden.<br />

Schon in der Schilderung der Situation der vietnamesischen Vertragsarbeiter zu DDR-Zeiten<br />

kristallisierte sich deren Isolation von der Mehrheitsbevölkerung als den Alltag bestimmend<br />

heraus. Wie im Kapitel II.2.4.2 bereits angedeutet wurde, setzt sich diese Isolation zumindest<br />

<strong>unter</strong> den erwachsenen vietnamesischen Migranten fort, die keine integrativ wirkenden<br />

deutschen Bildungseinrichtungen mehr besuchen wie ihre Kinder. Überhaupt scheint sie die<br />

maßgeblichen „Bedingungen von Migration und Marginalität“ 413 der ehemaligen<br />

410<br />

Kalpaka und Räthzel 1990: 49. Hervorhebungen nachträglich durch die Autorin.<br />

411<br />

Interview 7.<br />

412<br />

Kalpaka und Räthzel 1990: 49.<br />

413<br />

Ebenda: 49.<br />

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