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Aus allen Quellen trinken - Gemeinsam unter einem Dach e.v.

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V.2.3 Untersuchung: Die Identitätssuche der Kinder ehemaliger vietnamesischer<br />

Vertragsarbeiter<br />

V.2.3.1 Anmerkungen zur Methodik<br />

„Bereits die ersten eigenen Gespräche mit vietnamesischen Flüchtlingen bestätigten die Erfahrung, daß eine<br />

gewisse Vertrauensbasis nötig ist, um von den Flüchtlingen persönliche Informationen zu erhalten, die sich nicht<br />

mehr so stark an den gesellschaftlichen Normen und der sozialen Erwünschtheit orientieren. Wenn es also<br />

überhaupt gelingen sollte, sehr persönliche Erfahrungen und Meinungen abzufragen, dann war dies nur über<br />

Vertrauenspersonen möglich, die meist in jahrelanger Betreuungsarbeit oder Freundschaft zu den Flüchtlingen<br />

eine Beziehung der Gegenseitigkeit auf einer emotionalen Basis aufgebaut hatten. Selbst dann war es noch<br />

schwierig, die Dinge zu erfahren, über die man in Südostasien selbst nicht mit Freunden spricht.“ 387<br />

<strong>Aus</strong>sagen wie die obige, die im Zusammenhang mit den Boat People getroffen wurden, und<br />

nicht zuletzt persönliche Erfahrungen in der Kommunikation mit Vietnamesen ließen es als<br />

sinnvoll erscheinen, keine quantitative Untersuchung anzustreben und keine Befragungen von<br />

Familien direkt durchzuführen. Das Risiko, durch die ‚vietnamesische’ Tabuisierung des<br />

familiären Lebens und zwischenmenschlicher Schwierigkeiten im Interviewpartner<br />

Unbehagen zu verursachen und dadurch nicht zu sonderlich aussagekräftigen Ergebnissen zu<br />

kommen, war zu hoch. Eine Befragung der Kinder wäre sicher unproblematischer gewesen,<br />

konnte von ihnen doch angenommen werden, dass sie in weitaus aktiverem Maße ein Teil der<br />

deutschen Gesellschaft waren als ihre Eltern und deshalb vielleicht weniger von deren Tabus<br />

befangen. Allerdings hätte ihre alleinige Befragung angesichts der angestrebten umfassenden<br />

Darstellung der Situation der Kinder, welche auch die Position der Eltern beinhalten sollte,<br />

nicht ausgereicht. Zudem konnte nicht einfach davon ausgegangen werden, dass die Eltern<br />

unbedingt ihre Einwilligung zur Befragung ihrer Kinder geben würden.<br />

Um dem Problem des schweren Zugangs zu der zu <strong>unter</strong>suchenden Gruppe zu begegnen,<br />

schien es demnach sinnvoll, im Rahmen einer qualitativen Analyse Menschen zu befragen,<br />

die im Umgang mit derselben intensive Erfahrungen haben. 388 Die Interviewpartner sollten<br />

also weniger als Person interessieren denn als Experte für den hiesigen<br />

Forschungsgegenstand, als Repräsentant der zu erforschenden Gruppe. 389 Dieser Aspekt,<br />

gepaart mit der „ […] Erwartung, dass in der relativ offenen Gestaltung der Interviewsituation<br />

die Sichtweisen des befragten Subjekts eher zur Geltung kommen als in standardisierten<br />

387 Nguyen Thi Minh Dai 1998: 82-83.<br />

388 Atteslander 1995: 173.<br />

389 Vgl. Flick 2002: 139.<br />

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