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Aus allen Quellen trinken - Gemeinsam unter einem Dach e.v.

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So waren seit Anfang 1990 die Vertragsarbeiter die ersten, denen mit Unterstützung der<br />

Arbeitervertreter durch die von der Existenz bedrohten Betriebe gekündigt wurde. 119 Man<br />

entließ sie vorzeitig und forcierte zum Teil in Eigenorganisation ihre Rückführung, auch wenn<br />

dies entgegen der staatlichen Vereinbarungen und Arbeitsverträge erfolgte. 120 Angesichts der<br />

dramatischen Entwicklungen kam es am 13. Mai 1990 in Hanoi zu einer Vereinbarung<br />

zwischen der DDR und Vietnam über das <strong>Aus</strong>laufen des bis Ende 1990 gültigen Abkommens<br />

über die Arbeitskräftekooperation. 121 Außerdem wurden in der so genannten<br />

„Veränderungsordnung“ 122 zusätzliche Regelungen vereinbart, welche die<br />

Vertragsbedingungen massiv veränderten: Zunächst wurde zur Entlastung der Betriebe ein<br />

Großteil der finanziellen Vergünstigungen für die Vertragsarbeitnehmer aufgehoben. Hierzu<br />

gehörten <strong>unter</strong> anderem der bezahlte Heimaturlaub und die Subvention der<br />

Wohnheimmieten. 123 Des Weiteren wurde die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses<br />

enorm erleichtert, indem man den Betrieben die Möglichkeit einräumte, die Vertragsarbeiter<br />

„aus zwingenden Gründen“ zu entlassen. 124 Diese hatten dann die Wahl, nach Vietnam<br />

zurückzukehren oder auf individueller Basis eine Beschäftigung in der DDR auszuüben, wenn<br />

sie dort eine Arbeitsstelle und einen polizeilich gemeldeten Wohnsitz nachweisen konnten. 125<br />

Die freiwilligen Rückkehrer hatten einen Anspruch auf eine finanzielle <strong>Aus</strong>gleichszahlung in<br />

Höhe von 70 Prozent des bisherigen Lohns bis zur <strong>Aus</strong>reise, mindestens aber für drei Monate,<br />

außerdem auf die Unterbringung im betrieblichen Wohnheim bis zur <strong>Aus</strong>reise und auf die<br />

Zahlung einer einmaligen Unterstützung von 3.000 DM. 126 Diese Möglichkeit nutzten mehr<br />

als die Hälfte der Vertragsarbeiter. 127 Wer vorerst nicht zurückkehren wollte, hatte Anspruch<br />

auf eine Arbeitserlaubnis auch für eine andere als die bisher ausgeübte Tätigkeit, auf die<br />

Gewährung einer Gewerbeerlaubnis für eine selbständige Tätigkeit und auf Leistungen des<br />

119<br />

Vgl. Fritsche 1991:31.<br />

120<br />

Vgl. ebenda: 42.<br />

121<br />

Vgl. ebenda: 42. Ebenso verlängerte Vietnam 1990 das Abkommen mit Bulgarien nicht mehr, auch in der<br />

CSSR wurde die Arbeitskräftekooperation beendet. Nur mit der UdSSR wurde das Abkommen bis 1995<br />

verlängert, wobei auch hier klare Anzeichen eines nahenden Endes zu verspüren waren. Siehe hierzu Fritsche<br />

1991: 40. Zu den <strong>Aus</strong>wirkungen der Beendigung der Arbeitskräftekooperation für Vietnam siehe Fritsche 1991:<br />

49-50.<br />

122<br />

Gemeint ist die durch den DDR-Ministerrat erlassene „Verordnung über die Veränderung von<br />

Arbeitsverhältnissen mit ausländischen Bürgern, die auf der Grundlage von Regierungsabkommen in der DDR<br />

beschäftigt und qualifiziert wurden“ vom 13. Juni 1990; des weiteren erließ man eine Verordnung über<br />

finanzielle Leistungen bei vorzeitiger Beendigung der Beschäftigung der Vertragsarbeiter vom Juli 1990, Vgl.<br />

Sextro 1996: 67, Marburger 1993: 33.<br />

123<br />

Vgl. Fritsche 1991: 43.<br />

124<br />

Vgl. Marburger 1993: 33. <strong>Aus</strong> betriebswirtschaftlichen Gründen, durch die Umstellung des<br />

Produktionsprofils oder die Einstellung der Produktion aus Gründen des Umweltschutzes. Vgl. Sextro 1996: 66.<br />

125<br />

Vgl. Marburger 1993: 33.<br />

126<br />

Vgl. Fritsche 1991:43.<br />

127<br />

Vgl. Will 2002: 43.<br />

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