Aus allen Quellen trinken - Gemeinsam unter einem Dach e.v.
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ab, und die Eltern können es ihnen auch nicht nahe bringen, weil sie sich sprachlich nicht verständigen<br />
können.“ 490<br />
Tatsächlich scheint die sprachlich bedingte, mangelhafte Kommunikation mit den Eltern ein<br />
sehr weit verbreitetes Problem <strong>unter</strong> hier geborenen Kindern zu sein. 491 Dieses ist darauf<br />
zurückzuführen, dass die Eltern durch ihre Erwerbstätigkeit viel abwesend und deshalb kaum<br />
in der Lage sind, ihren Kindern die vietnamesische Sprache zu vermitteln, während sie selbst<br />
aus bereits dargelegten Gründen häufig des Deutschen nicht mächtig sind. Die Kinder<br />
erfahren ihre frühkindliche Sozialisation demzufolge größtenteils in deutschen<br />
Kindertagesstätten, wo sie bis zu zwölf Stunden täglich verbringen. 492 Somit sehen sie sich in<br />
der Regel als Deutsche und Vietnamesisch als eine Fremdsprache, die sie mündlich, wie der<br />
obige Begriff der „Selbstbedienungssprache“ suggeriert, aus <strong>einem</strong> sehr pragmatischen Grund<br />
oft gerade gut genug beherrschen: um sich mit den Eltern über die wichtigsten Dinge<br />
verständigen zu können. Untereinander sprechen sie in der Regel ausschließlich Deutsch 493 :<br />
„Ich hab gefragt: ‚Warum redet ihr denn Deutsch miteinander?’ Und einige sagen […], ‚Wir können nicht<br />
Vietnamesisch’, also ungefähr die Hälfte sagt das…und die andere Hälfte sagt: ‚Die deutsche Sprache ist<br />
einfacher’.“ 494<br />
Vor allem im Hinblick auf die schwierige Entwicklungsphase der Pubertät sehen einige<br />
Befragte im Phänomen der familiären Sprachlosigkeit eine Quelle zukünftiger Konflikte für<br />
viele Kinder, deren Pragmatismus sie jetzt noch ‚über Wasser’ halten kann. 495<br />
Aufgrund der Dominanz des sprachlich bedingten Kommunikationsproblems zwischen Eltern<br />
und ihren in Deutschland geborenen Kindern bieten viele Vereine für letztere Vietnamesisch-<br />
Unterricht an. Dort zeigt sich, dass die Motivation der Kinder, sich mit der vietnamesischen<br />
Sprache zu befassen, offenbar ebenso <strong>unter</strong>schiedlich ausgeprägt ist wie die Einstellung der<br />
Eltern hierzu. Während diese den Besuch des Unterrichts oft befürworten oder gar forcieren,<br />
sind manche auch der den kindlichen Pragmatismus scheinbar teilenden Meinung, es sei für<br />
die Zukunft ihres Kindes wünschenswert und völlig ausreichend, wenn dieses perfekt Deutsch<br />
sprechen könne, offenbar selbst, wenn sie sich nicht mit ihm verständigen können. 496<br />
490<br />
Interview 1.<br />
491<br />
Vgl. Interviews 1, 2, 3, 5, 7, 8.<br />
492<br />
Vgl. Mai 2004 in: http://www.taz.de/pt/2004/10/12/a0266.nf/text.<br />
493<br />
Vgl. Interviews 1, 2, 3, 5, 8.<br />
494<br />
Interview 2.<br />
495<br />
Vgl. Interviews 1, 2, 5, 8, Mai 2003 in: http://www.taz.de/pt/2003/08/13/a0189.nf/text.<br />
496 Vgl. Interviews 5, 8.<br />
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