Aus allen Quellen trinken - Gemeinsam unter einem Dach e.v.
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Jugendamt an den Verein gewandt hatte, nahm er gleichaltrige, „vernünftige“ 551 Jugendliche<br />
aus der Community in die Pflicht:<br />
„Zunächst hatten die anderen Jugendlichen gesagt: ‚Nee, die beiden nehmen wir nicht auf!’ […] ich hab zu<br />
denen gesagt: ‚Wenn ihr die beiden nicht aufnehmt und die beiden weiter ihre Show abziehen, dann heißt es<br />
nachher am Ende, dass die vietnamesischen Jugendlichen alle kriminell sind, und nicht nur die beiden; also<br />
gefährdet ihr euch selber auch mit, wenn ihr nicht selber aktiv werdet.’ Dann haben sie die beiden<br />
aufgenommen, und seitdem, ohne große … sag ich mal pädagogische Hilfe ist das zurückgegangen. […] wenn<br />
sie ein Vorbild haben, dann ziehen sie auch mit. Früher waren sie sehr schlecht in der Schule und wollten nicht<br />
lernen, sondern nur sich eben kloppen und tanzen und so was, Drogen auch, aber jetzt haben sie ein paar Ältere,<br />
[…] eine angesehene sag ich mal Person auch in ihrer Umgebung als Vorbild und dann ziehen sie mit. Und<br />
seitdem ist das kein Problem mehr.“ 552<br />
„Ethnische Identifikation“ scheint in diesem bemerkenswert erfolgreichen<br />
Problemlösungsansatz in mehrerlei Hinsicht eine Rolle zu spielen. Zum einen appelliert der<br />
Sozialberater an einen solchen Gedanken, um die Jugendlichen von der Notwendigkeit ihrer<br />
Mithilfe zu überzeugen. Zum anderen wird eine zuvor gestörte oder abgelehnte „ethnische<br />
Identifikation“ in den beiden delinquenten Jugendlichen wiederhergestellt. Durch ihre<br />
Integration und Anerkennung ermöglichen die „vernünftigen“ Jugendlichen als soziales<br />
Subsystem der vietnamesischen Community ihnen eine Resozialisierung innerhalb derselben,<br />
die einen positiven, sich an den dortigen Werten orientierenden Verhaltenswandel mit sich<br />
bringt. Es kommt hier jedoch noch ein weiterer Aspekt zum Tragen: Überzeugt von der<br />
Bedeutung ihrer Kooperation sind die Jugendlichen vor allem deshalb, weil sie vom<br />
Sozialberater auf die Gefährdung ihrer eigenen Akzeptanz und Integration in der<br />
Mehrheitsgesellschaft hingewiesen werden. Die Verbindung zwischen einer starken<br />
Identifikation mit der Migrantencommunity, die Schutz vor negativen Einflüssen der sozial<br />
schwachen ‚einheimischen’ Umwelt bietet, und dem Streben nach Integration und<br />
Anerkennung in der (der lokalen Umgebung übergeordneten) Mehrheitsgesellschaft, die<br />
Bankston und Zhou beschrieben, scheint also auch hier eine Rolle zu spielen.<br />
In Ansätzen kann offenbar eine weitere Parallele zu den Thesen Bankstons und Zhous<br />
gezeichnet werden, nach der diejenigen Jugendlichen am meisten zu einer negativen<br />
Entwicklung neigen, die im Migrationsland geboren sind oder in <strong>einem</strong> Alter von <strong>unter</strong> 13<br />
Jahren aus Vietnam kamen:<br />
551 Interview 5.<br />
552 Interview 5.<br />
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