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Aus allen Quellen trinken - Gemeinsam unter einem Dach e.v.

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meist Familienbetriebe und stellen für die aus Vietnam durch die Familienzusammenführung<br />

nachgekommenen Ehepartner, die kaum Deutsch sprechen und vom Aufenthaltsstatus des<br />

Partners abhängig sind, oft die einzige Chance auf Arbeit dar. 217<br />

Für diejenigen, die nicht im Gewerbe Fuß fassen können, gestaltet sich die für den Unterhalt<br />

der Familie und letztlich deren Aufenthaltsrecht so zentrale Erwerbstätigkeit nicht leicht.<br />

Einige sind in den Nachfolge<strong>unter</strong>nehmen ihrer alten Einsatzbetriebe beschäftigt. 218 Andere<br />

arbeiten in asiatischen Restaurants oder im Reinigungsservice. Viele sind jedoch auch<br />

arbeitslos. Zum einen war und ist die Arbeitsmarktlage angespannt. Die ehemaligen<br />

Vertragsarbeiter haben zudem häufig keine in Deutschland anerkannten Abschlüsse und<br />

beherrschen aus bereits betrachteten Gründen in der Regel kaum die deutsche Sprache. Das<br />

Wissen um die geringen Chancen auf dem Arbeitsmarkt wirkt auf die Lernbereitschaft auch<br />

alles andere als motivierend. 219 Der Bedarf an staatlichen und kommunalen Hilfsangeboten<br />

bezüglich der Arbeitsuche ist dementsprechend groß. 220<br />

Der stark zur Stigmatisierung der Vietnamesen vor allem in Ostberlin beitragende illegale<br />

Handel mit unverzollten Zigaretten wurde anfangs vor allem von Banden ehemaliger<br />

Vertragsarbeiter betrieben, denen schließlich ein gesicherter Aufenthaltstitel den Weg in die<br />

Legalität ebnete. In letzter Zeit scheint diese Aktivität, die ohnehin nie, wie in den Medien oft<br />

behauptet, auf <strong>einem</strong> rein vietnamesischen Netzwerk basiert hat, sondern deren Strippenzieher<br />

häufig aus Deutschland, Polen oder den ehemaligen GUS-Staaten stammen, nur noch eine<br />

<strong>unter</strong>geordnete Rolle zu spielen. In erster Linie agieren nun perspektivlose Asylantragsteller<br />

und illegal hier verweilende Vietnamesen als Zigarettenverkäufer, die durch ihre Migration<br />

verschuldet sind, eine sehr geringe Chance auf ein Bleiberecht haben und deren Familien in<br />

Vietnam finanzielle Unterstützung erwarten. 221 Diese Umstände haben in letzter Zeit jedoch<br />

eher zu <strong>einem</strong> florierenden Drogenhandel und zur Zunahme von Prostitution und Diebstählen<br />

geführt. 222<br />

Die mit den politischen Ereignissen seit 1989 offenkundig eng verbundene Entwicklung des<br />

‚vietnamesischen Gewerbes’ führte im Laufe der Jahre zur Herausbildung einer relativ<br />

eigenständigen ökonomischen Infrastruktur in den neuen Bundesländern:<br />

217<br />

Vgl. Krebs 1999: 26.<br />

218<br />

Vgl. Liepe 1997: 44. In Rostock beispielsweise arbeiten noch einige Schweißer und Schiffsbauer in<br />

Betrieben, die aus der ehemaligen Neptun-Werft der DDR hervorgegangen sind. (Vgl. Interview 5).<br />

219<br />

Vgl. Müller 1996: 87.<br />

220<br />

Vgl. Krebs 1999: 26.<br />

221<br />

Vgl. Liepe 1997: 49. Zu den <strong>Aus</strong>maßen des illegalen Zigarettenhandels und der darauf zurückzuführenden<br />

Stigmatisierung der vietnamesischen Community siehe ebenda: 46-52.<br />

222<br />

Vgl. Interview 1.<br />

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