Lehr- Lernprozesse im Informatik-Anfangsunterricht
Lehr- Lernprozesse im Informatik-Anfangsunterricht
Lehr- Lernprozesse im Informatik-Anfangsunterricht
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Interpretation der Ergebnisse<br />
grammieren, statt zu modellieren, und meinten, dass sie die Fähigkeit zu programmieren in Zukunft<br />
eher gebrauchen können, als zu modellieren.“ (Brinda und Ortmann 2002, S. 20)<br />
Die nach dem life3-Unterrichtskonzept unterrichteten Schülerinnen und Schüler nutzen die erlernten<br />
Modellierungstechniken und -notationen auch in der eigenständigen Projektphase.<br />
Hier zeigt sich der Vorteil situierten Lernens: Das Modellieren wurde nicht als eigenständige<br />
(bzw. isolierte, theoretisch-abstrakte) Tätigkeit vermittelt, sondern integriert mit der Einführung<br />
von Konzepten der Objektorientierung und deren Anwendung in der<br />
Softwareentwicklung <strong>im</strong> Unterricht behandelt, anders ausgedrückt: Modellieren wurde nicht<br />
als träges Wissen vermittelt, es gibt keinen (oder zumindest einen geringeren) Unterschied<br />
zwischen Verstehen und Anwenden (vgl. Abschnitt 6.1.3: Situierung und authentischer Kontext,<br />
ab S. 65).<br />
Das hat Auswirkungen auf die Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler über Softwareentwicklung.<br />
Diese wurden in den Einzelinterviews (vor dem Beginn des Unterrichts und nach<br />
dem Halbjahresende) abgefragt. Nun werden <strong>im</strong> zweiten Auswertungsschritt diese Kategorien<br />
wiederum den einzelnen Schülerinnen und Schülern zugeordnet und anschließend die Häufigkeit<br />
des Auftretens sowohl für das Interview <strong>im</strong> Vortest als auch <strong>im</strong> Nachtest miteinander<br />
verglichen. Dazu wird der McNemar-Test benutzt, der dichotome Variablen vergleicht (vgl.<br />
Zöfel 2001, S.166f). Es gibt signifikante Unterschiede zwischen Vortest und Zwischen-Interview.<br />
Tabelle 90 zeigt die Ergebnisse für die einzelnen Kategorien:<br />
McNemar, Signifikanz<br />
Realisierung Nach - Realisierung 0,003<br />
Auftraggeber Nach - Auftraggeber 0,039<br />
Modellierung Nach - Modellierung 0,002<br />
Planung Nach - Planung 0,006<br />
Arbeitsteilung Nach - Arbeitsteilung 0,022<br />
Testen Nach - Testen 0,453<br />
Evolution Nach - Evolution 1,000<br />
Präsentation Nach - Präsentation 1,000<br />
Tabelle 90 Vergleich der Nennungen der einzelnen Kategorien, in denen die Schülerinnen und Schüler<br />
Softwareentwicklung beschreiben. McNemar-Text auf signifikante Unterschiede dichotomer Variablenpaare .<br />
Die ersten sechs Variablenpaare unterscheiden sich signifikant bzw. sehr signifikant, die letzten drei nicht.<br />
In den Zwischeninterviews werden die Kategorien Auftraggeber, Planung, Arbeitsteilung und<br />
Realisierung signifikant häufiger als in den Eingangsinterviews genannt. In den Kategorien<br />
Testen, Evolution und Präsentation gibt es keine signifikanten Änderungen. Neu genannt in<br />
der Zwischenbefragung wird die Kategorie Modellieren. Die Unterschiede zwischen den beiden<br />
Schulen sind nicht signifikant.<br />
Das Verständnis des Softwareentwicklungsprozesses hat sich in Richtung soziotechnischer<br />
Sichtweisen geöffnet. Die Schülerinnen und Schüler beziehen nach der Reihe verstärkt iterative<br />
und inkrementelle Herangehensweisen (Planung und Modellierung) sowie die Absprachen<br />
mit Auftraggebern und Arbeitsteilung ein. Sie gewichten damit auch die Implementierungsphase<br />
geringer.<br />
Aus der Sicht des systemorientierten Ansatzes könnte vermutlich ein tieferes Verständnis des<br />
Konzepts der soziotechischen Systeme <strong>im</strong> Unterricht angestrebt und erreicht werden. Verschiedene<br />
Ansatzpunkte sind bereits <strong>im</strong> Unterrichtsverlauf angelegt und sollten den<br />
Schülerinnen und Schülern stärker bewusst gemacht werden. Reinsch (2003), der die erste<br />
167