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Lehr- Lernprozesse im Informatik-Anfangsunterricht

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Interpretation der Ergebnisse<br />

können. Ein Teil der Schwierigkeiten war darauf zurückzuführen, dass die vorangehende Phase etwas<br />

knapp ausgefallen war.“ (Moll 2002, S. 52)<br />

Eine ähnliche Folgerung hatte die life 3 -Projektgruppe zunächst ebenfalls aus den Unterrichtserfahrungen<br />

gezogen: Weil an einzelnen Stellen Schwierigkeiten auftraten, sollten (zumindest<br />

für diese Inhalte) verstärkt Übungen am Ende von Phase 1 oder zwischen Phase 1 und 2 eingesetzt<br />

werden. Diese Folgerung entspricht zwar den herkömmlichen Unterrichtsskripts (3.8<br />

ab S. 30), nach denen zunächst einzeln Grundlagen gelegt und darauf aufbauend durch Anwenden<br />

und Kombination der Grundlagen 'zusammenhängende Projekte' verwirklicht werden<br />

können – sie widerspricht jedoch den lehr-lerntheoretischen Grundlagen des life 3 -Unterrichtskonzepts<br />

und den Evaluationsergebnissen, denn die Schülerinnen und Schüler konnten ohne<br />

die von Moll beschriebene Vorbereitungsphase objektorientierte Modelle entwerfen und <strong>im</strong>plementieren.<br />

Gestützt wird dieses empirische Ergebnis durch theoretische Überlegungen von Ben-Ari<br />

(2001). Nach Ben-Ari bedeutet konstruktivistisches Lernen von Objektorientierung, dass Lernende<br />

angemessene Vorstellungen über den Lerngegenstand erwerben müssen.<br />

Objektorientierung aber abstrahiere von den Details der Hardware, sodass Lernende Schwierigkeiten<br />

bekommen, die Ausführung eines objektorientierten Programms zu verstehen. Ben-<br />

Ari folgert daraus, dass explizit ein mentales Modell des Computers gelehrt werden müsse,<br />

bevor die Lernenden das Programmieren lernen, da ansonsten sozusagen 'zufällige' und mit<br />

großer Wahrscheinlichkeit unvollständige, fehlerhafte oder vollständig falsche Vorstellungen<br />

über die Ausführungsweise objektorientierte Programme erlernt werden, die zu Schwierigkeiten<br />

be<strong>im</strong> Modellieren und Implementieren führen.<br />

Ben-Ari (2001, S. 11) wirft die Frage auf, wie detailliert ein solches Modell sein müsse und<br />

deutet an, dass diese Frage nur empirisch zu beantworten sei 96 . Da Objektorientierung vor allem<br />

Abstraktion vom unterliegenden Maschinenmodell bedeute, sei es problematisch, in<br />

einem Anfängerkurs mit der Objektorientierung zu beginnen, da Anfänger ja noch kein mentales<br />

Modell von der Arbeitsweise des Computers bzw. der Ausführung eines<br />

objektorientierten Programms besäßen.<br />

Modrow (2002, S. 62) behauptet, diese Argumentation sei „kein Einwand gegen OOP-Sprachen“,<br />

denn Ben-Ari sage nichts aus über „die Art des zugrundeliegenden Computermodells“<br />

und übersehe, dass „die Modelle der Lernenden aus konstruktivistischer Sicht nicht vollständig,<br />

sondern nur gültig sein müssen, und zwar gültig für die Abstraktionsebene, auf der<br />

gearbeitet wird“ (Modrow 2002, S.62). Tatsächlich wirft Ben-Ari selbst (s.o.) die Frage auf,<br />

wie detailliert ein solches Verständnis des Computers sein müsse.<br />

Modrow widerspricht Ben-Ari (und damit meiner Meinung nach konstruktivistischen Grundpositionen<br />

des <strong>Lehr</strong>ens und Lernens) in einem weiteren Punkt: „Je nach Arbeitsrichtung<br />

werden die vorhandenen, meist überwiegend ungültigen Modellvostellungen [der Lernenden,<br />

C.S.] in unterschiedlicher Hinsicht verschärft“ (Modrow 2002, S.62). Und:<br />

„Wie auf anderen Gebieten auch wird ausgehend von von einem 'Urmodell', das eher intuitiv aus<br />

der Erfahrungswelt der Lernenden entstanden ist, zu mehr und mehr gültigen Modellen gewechselt<br />

[Hervorhebung von mir, C.S.] werden müssen“ (Modrow 2002, S.62).<br />

In der pädagogischen Psychologie dagegen wird die Rolle des Vorwissens stark betont (siehe<br />

Kapitel 6, insbesondere Abschnitt 6.1.1: „Die Rolle des Vorwissens.“, S. 63); in der naturwissenschaftlichen<br />

Didaktik werden unter dem Stichwort Konzeptwechsel die Problematik des<br />

96 „The extent and fidelity of the model that must be taught to the students can only be discovered from the experience<br />

of teachers of the subject.“ (Ben-Ari, 2001, S.11)<br />

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