Lehr- Lernprozesse im Informatik-Anfangsunterricht
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<strong>Lehr</strong>- und lerntheoretischer Hintergrund<br />
Lernsituationen getrennt werden: Wenn Schüler Unterricht als permanente Leistungsüberprüfung<br />
wahrnehmen, wollen sie eher Misserfolge vermeiden und von Wissenslücken und<br />
Problemen ablenken, anstatt Probleme verstehen zu wollen und Wissenslücken zu schließen.<br />
Zusammenfassend bemerkt Mietzel (2001, S. 219):<br />
„Eine Lernphase ist somit als effektiv zu bezeichnen, wenn der Lernende motiviert ist, dem (möglichst<br />
gut geordneten) Unterrichtsmaterial und seiner Verarbeitung hohe Aufmerksamkeit<br />
entgegenzubringen. Dazu soll er ausreichend Zeit zur Verfügung haben und auch nutzen können,<br />
damit eine aktive (übende) Auseinandersetzung mit dem Lernmaterial stattfinden kann.“<br />
Auch wenn die letzten Passagen auf den ersten Blick nicht so wirken, so sind die einzelnen<br />
Aspekte doch <strong>im</strong>mer <strong>im</strong> konstruktivistischen Bild von <strong>Lehr</strong>en und Lernen eingeordnet. Aber<br />
möglicherweise reichen solche eher allgemeinen Angaben nicht aus, um ein Unterrichtskonzept<br />
auf der Basis konstruktivistischer Annahmen praktisch wirksam werden zu lassen.<br />
Dies hängt auch mit der Unterrichtstradition zusammen, die <strong>im</strong> <strong>Informatik</strong>unterricht vorherrscht.<br />
Leider gibt es dazu keine empirischen Untersuchungen 37 , aber dennoch Hinweise<br />
aus der empirischen Forschung in den 'benachbarten' Fächern Mathematik und Naturwissenschaften.<br />
Auch <strong>im</strong> Allgemeinen, also unabhängig von Unterrichtsfächern, folgt der<br />
überwiegende Teil des Unterrichts dem Schema der direkten Instruktion (vgl. Terhardt 1997,<br />
S.98ff; Mietzel 2001 S.23ff). Lernen wird dabei als eher passives Aufnehmen von Wissen<br />
konzipiert, das vom <strong>Lehr</strong>er dargeboten wird.<br />
Im folgenden Abschnitt werden Untersuchungen aus dem mathematisch-naturwissenschaftlichen<br />
Bereich rekapituliert, um so weitere Hinweise für die Ausgestaltung des life 3 -<br />
Unterrichtskonzepts zu finden.<br />
6.2 Mathematisch-naturwissenschaftlicher Unterricht<br />
Unter der Annahme, dass tatsächlich eine 'Nachbarschaft' des naturwissenschaftlichen Unterrichts<br />
zum <strong>Informatik</strong>unterricht besteht, so wie sie in der Zuordnung von schulischen<br />
Aufgabenfeldern beispielsweise in NRW ausgedrückt wird – dort zählt die <strong>Informatik</strong> zum<br />
naturwissenschaftlich-mathematischen Aufgabenfeld –, sollen nun einige relevante empirische<br />
Untersuchungen über den mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterricht analysiert<br />
werden. Dies kann ggf. zu einer best<strong>im</strong>mten Schwerpunktsetzung des Konzepts führen oder<br />
beitragen. In jedem Fall sollten sich unterrichtsbezogene Hinweise für die Entwicklung des<br />
life 3 -Unterrichtskonzepts ableiten lassen.<br />
Nach Berger ist die <strong>Informatik</strong> „ein Fach von Mathematiklehrern“ (Berger 2001, S. 199f.).<br />
Die Mathematik stellt die Folie dar, vor der ein Bild der <strong>Informatik</strong> entwickelt wird, allerdings<br />
„geschieht dies keineswegs in der Weise, dass die wissenschaftlichen oder<br />
pädagogischen Kategorien der Mathematik etwa auf das neue Fach projiziert würden“ (aaO.,<br />
S.289). Nach Berger werden den beiden Fächern unterschiedliche <strong>Lehr</strong>-Lernstile zugeordnet:<br />
Mathematik = „frontal, lehrerzentriert, dogmatisch, eng, penibel“, <strong>Informatik</strong> = „aktiv, teamorientiert,<br />
kreativ, kooperativ, mitbest<strong>im</strong>mt, offen, großzügig“ (aaO., S.293): Die<br />
Übertragbarkeit empirischer Ergebnisse aus dem mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich<br />
auf die Praxis des <strong>Informatik</strong>unterrichts kann aus dieser Perspektive angezweifelt<br />
werden. Allerdings beruhen die Aussagen auf Selbstaussagen von (28) <strong>Informatik</strong>lehrern und<br />
37 Das liegt am jungen Fach <strong>Informatik</strong> (man konzentriert sich in der Fachdidaktik auf allgemein bildende Begründungen<br />
des Unterrichts) und den dünnen informatikdidaktischen Forschungskapazitäten. Dennoch wären<br />
über Unterrichtsmuster hinausgehend Untersuchungen auch zum Bild der <strong>Informatik</strong> und des <strong>Informatik</strong>unterrichts,<br />
das die <strong>Lehr</strong>er haben, sinnvoll – siehe die eingangs gesammelten Beispiele zum Thema Objektorientierung,<br />
die allesamt einem einheitlichen Bild verpflichtet scheinen.<br />
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