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Berichte über Landwirtschaft - BMELV

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14 Horst Seehofer<br />

Schwächen mit der Zeit in Stärken verwandeln können. Heutzutage suchen beispielsweise<br />

die Städter wieder die Natur und naturnahe Freizeit in ländlichen Gebieten.<br />

Auch sogenannte strukturschwache Räume müssen das nicht ein für alle mal bleiben.<br />

Hier können sich unbemerkt allmählich wachsende Chancen für eine andere Zukunft<br />

herausbilden, wie Beispiele zeigen. Der Status einer Region ist nicht ein für alle mal<br />

zementiert (wie man am Beispiel der bayerischen Entwicklung sehen kann). Wir sollten<br />

den Faktor möglicher Wandlungsprozesse nicht unterschlagen.<br />

Das ist der Grund, warum das normative Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse, wie es<br />

in unserem Grundgesetz in Artikel 72, Absatz 2 festgelegt ist, weiterhin seine Bedeutung<br />

behält. Jede Region muss <strong>über</strong> die Einrichtungen und die Infrastruktur verfügen, die den<br />

Menschen so weit wie möglich an der Entwicklung der Gesamtgesellschaft teilhaben lässt.<br />

Dafür spricht auch das ethische Gebot sozialer Gerechtigkeit, jedem die Möglichkeit<br />

selbst bestimmter Lebensführung aufgrund der Teilhabe an den Gütern und Ressourcen<br />

der Gesellschaft zu eröffnen. Dazu gehört auch ein Ausgleich bei Benachteiligung.<br />

Allerdings heißt Ausgleich nicht identische Angleichung in allen Lebensbereichen.<br />

Ebenso wenig ist Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse nicht mit unbedingter Gleichförmigkeit<br />

zu <strong>über</strong>setzen. Monotonie der Lösungen tut selten gut. Es geht daher auch<br />

um Anerkennung von Differenz, von gleichgestellter Verschiedenartigkeit. Das wird den<br />

Menschen, das wird einer Region besser gerecht.<br />

Ich halte am Ziel der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse ausdrücklich fest. Aber<br />

gerade deswegen müssen wir die Vielfältigkeit der Regionen mit ihren unterschiedlichen<br />

Wirtschaftsstrukturen, geografischen Gegebenheiten, Traditionen und Kulturen anerkennen.<br />

Das darf nicht bedeuten, wie mancherorts gefordert, sich angesichts knapper Finanzmittel<br />

oder wegen der demografischen Entwicklung aus sogenannten peripheren oder<br />

„zurückgebliebenen“ Regionen zurückzuziehen. Hier bleibt der Staat auf allen Ebenen<br />

gefordert – übrigens auch die Wirtschaft. Was nicht gleich bleiben muss, ist die Art der<br />

Lösung beispielsweise der Infrastrukturprobleme. Hier lassen sich doch regional angepasste<br />

innovative Möglichkeiten finden.<br />

Das Ziel bleibt, die Wege sind verschieden. Aber klar ist auch: Die Fortentwicklung<br />

ländlicher Räume braucht finanzielle Unterstützung. Es ist zu <strong>über</strong>legen, wie hier künftig<br />

finanzielle Mittel besser gebündelt, zielgenauer geführt und effektiver eingesetzt werden.<br />

Mir ist bewusst, dass für viele Kommunen die Haushaltslage stark angespannt ist und<br />

manche nicht mehr die europäischen, nationalen oder Landesmittel kofinanzieren können.<br />

Umso wichtiger ist der Kurs der Bundesregierung, die Haushaltskonsolidierung auch<br />

<strong>über</strong> die höhere Mehrwertsteuer konsequent zu verfolgen und zugleich in der Forschungs-,<br />

Wirtschafts- und Steuerpolitik die Wachstumskräfte der Wirtschaft zu fördern. Dies wird<br />

dann auch wieder die Finanzkraft in den ländlichen Räumen erhöhen.<br />

Ich bin auch erfreut dar<strong>über</strong>, dass die Europäische Union beabsichtigt, die Mittel für<br />

die Entwicklung ländlicher Räume im Zeitraum von 2007–2013 von 60 auf rund 70 Milliarden<br />

Euro zu erhöhen. Davon wird Deutschland profitieren, mit etwa 8,1 Milliarden<br />

Euro. Allerdings sage ich auch klar, dass die Gelder im Sinne der Zielsetzung ausgegeben<br />

werden müssen, wie sie der Gesetzgeber vorsieht, versehen mit klaren Auswahl- und Verfahrenskriterien.<br />

Der Europäische Rechnungshof hat hier zu Recht deutliche Kritik geübt.<br />

Ich habe kürzlich beim Informellen Agrarrat im finnischen Oulu mit der Agrarkommissarin<br />

Fischer Boel dar<strong>über</strong> gesprochen, und wir waren <strong>über</strong>einstimmend der Meinung, dass<br />

die Projekte zur Förderung des ländlichen Raumes stärker als jetzt auf die Wettbewerbsfähigkeit<br />

dieser Regionen gerichtet sein müssen.<br />

Fördergelder an sich bringen noch keinen Fortschritt. Zukunftsfähigkeit ländlicher<br />

Räume heißt nicht Konservierung alter Strukturen, sondern Investieren in zukunftsträchtige<br />

Wirtschaftszweige, moderne Infrastruktur und Innovation auf dem Land.

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