Berichte über Landwirtschaft - BMELV
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26 Holger Magel, Silke Franke<br />
Mit dem neuen Paradigma plädiert die OECD im Kern, den Fokus weg von der sektorspezifischen<br />
Betrachtung hin zu einer raumspezifischen Betrachtung zu legen. Als Voraussetzung<br />
dafür sieht sie eine integrierte ländliche Politik auf allen Verwaltungsebenen. Des<br />
Weiteren plädiert sie dafür, Maßnahmen eher an Chancen auszurichten, statt an Defiziten<br />
und entsprechend in bisher ungenutzte Potenziale zu investieren, statt alte Konzepte zu<br />
subventionieren. Eine weitere Forderung zielt auf noch mehr Dezentralisierung und die<br />
Stärkung lokaler Initiativen.<br />
In ihrem Prüfbericht zu Deutschland (OECD 2007) sehen die Autoren viele Anliegen<br />
im Wesentlichen bereits umgesetzt bzw. oder auf dem Weg (wenn auch manchmal nur<br />
rhetorisch!).<br />
Good Governance im ländlichen Raum erfordert leadership und Koordination<br />
Grundsätzliche Defizite sieht die OECD jedoch im Fehlen einer expliziten, integrierten<br />
Strategie für die Entwicklung ländlicher Räume sowie im Fehlen geeigneter Organisationsmechanismen<br />
auf Bundes-, Länder- und Gemeindeebene. Bis dato galt einfach der<br />
politische Grundsatz (oder besser die Illusion), dass die vorgeschriebene Kooperation oder<br />
zumindest die gesetzlich gebotene Abstimmung doch stattfinde. So stehe es doch auch in<br />
allen Programmen zur Landes- und zur Land- oder ländlichen Entwicklung! Die OECD<br />
mahnt nun jedoch eine bessere Koordination in horizontaler und vertikaler Richtung an:<br />
„Die Hauptfrage gilt dabei der Politikkoordinierung. Wie die meisten anderen Mitgliedstaaten<br />
hat auch Deutschland bei der ländlichen Entwicklung hauptsächlich auf<br />
sektorbezogene Maßnahmen vertraut. Dies führte dazu, dass spezifische Abteilungen Programme<br />
entwickeln, die häufig nur in bescheidenem Umfang horizontal koordiniert sind,<br />
selbst wenn sie sich auf lokaler Ebene stark <strong>über</strong>schneiden. Die Frage der vertikalen In-<br />
tegration ist in Deutschland deshalb besonders wichtig, weil sich Bund und Länder vielfach<br />
die Zuständigkeiten für bestimmte Politikbereiche teilen“ (OECD 2007, S. 124).<br />
Experten der ländlichen Entwicklung bzw. Akteure bei der Entwicklung des ländlichen<br />
Raumes – ob aus Wasserwirtschaft, Straßenbau, Städtebau, Tourismus, Handwerk und<br />
Gewerbe und sonstigen öffentlichen Infrastrukturbereichen stammend oder im engeren<br />
Sinne in Landentwicklung und im <strong>Landwirtschaft</strong>sressort tätig – werden hier nur schwer<br />
widersprechen wollen bzw. fühlen sich in ihrer ständigen, aber offiziell nie wirklich erhörten<br />
Klage 8) nun hochoffiziell und hochrangig bestätigt. Auch die Vorträge im Rahmen<br />
des vom <strong>BMELV</strong> veranstalteten Forums „Ländliche Entwicklung“ 2008 in Berlin haben<br />
die bestehende Diskrepanz zwischen Anspruch und Realität neuerlich aufgezeigt 9) .<br />
Nun, da die Koordinierungs- und Kooperationsdefizite nicht länger ignoriert werden<br />
können, zeigt das Bundesministerium für Ernährung, <strong>Landwirtschaft</strong> und Verbraucherschutz<br />
(<strong>BMELV</strong>) den Ehrgeiz, wenigstens auf nationaler Ebene für Koordinierung und<br />
Vernetzung sorgen zu wollen, ohne aber offiziell einen klaren Führungsanspruch oder<br />
Führungsauftrag für die Entwicklung der ländlichen Räume zu erheben bzw. zu konstruieren,<br />
wie ihn die OECD fordert (OECD 2007, S. 167 ff.). Bundesminister HoRst seeHoFeR<br />
(<strong>BMELV</strong> 2007) formuliert diese neue (begrüßenswerte) Rolle wie folgt: „Das <strong>BMELV</strong><br />
versteht sich neben seiner Zuständigkeit für Agrarpolitik und Verbraucherschutz auch als<br />
Interessenvertretung ländlicher Räume und sieht sich in der Pflicht, diesen neuen <strong>über</strong>greifenden<br />
Ansatz einer Politik für ländliche Räume voranzubringen“. Noch deutlicher<br />
wird sein Mitarbeiter WolFgang ReiMeR (2007): „Genauso wichtig wird es für unser Haus<br />
in Zukunft sein, als Anwalt der ländlichen Räume dort aufzutreten, wo andere Ressorts<br />
federführend sind“.<br />
In Bayern ist die von der OECD geforderte klare Zuständigkeit für den ländlichen<br />
Raum ebenso wenig gelöst, aber immerhin gibt es indirekt das Eingeständnis von Koordinierungsdefiziten<br />
im ländlichen Raum. Erst der neue Ministerpräsident Dr. günteR Beckstein<br />
machte es möglich, dass ein von seinem Kabinett neu eingerichteter „Staatssekre-