Berichte über Landwirtschaft - BMELV
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Strategiewechsel zur Förderung des ländlichen Raums:<br />
Notwendig, erprobt, aber politisch blockiert<br />
Von Günter Kroës und sebastian elbe, Münster<br />
Artikel basiert auf dem Vortrag zum Regionalkongress am 26. Juni 2007 in Cham zum<br />
Thema „Neue Ansätze ländlicher Entwicklung: Gute Beispiele“<br />
1 Hintergrund<br />
Die Zukunft ländlicher Räume ist kein neues Thema. Schon in den 1960er-Jahren wurden<br />
Themen wie aktive oder passive Sanierung heftig diskutiert. Im Raumordnungsgesetz wurden<br />
die „gleichwertigen Lebensbedingungen“ als politische Zielsetzung festgeschrieben,<br />
allerdings direkt von einigen Mitgliedern der Beratungskommission als perfekte Leerformel<br />
kritisiert. Nachdem sich zwischenzeitlich die heftige Diskussion um den ländlichen<br />
Raum wieder abschwächte, wurde diese in den 1980er-Jahren im Rahmen der Europäischen<br />
Kampagne für den ländlichen Raum und in dem Dokument des EU-Parlaments:<br />
„The Future of the Rural Society“ erneut auf die politische Agenda gesetzt. So ist diese<br />
Diskussion zwar nie ganz verstummt, in Zyklen aber immer wieder neu belebt worden.<br />
Heute sind es vor allem die Veränderungen in der EU (Agrar-)Förderpolitik und<br />
gesamtgesellschaftliche Herausforderungen wie Klimawandel, demografischer Wandel<br />
und Globalisierung, die die Politik herausfordern und zum Handeln zwingen. Zwar sind<br />
die typischen Probleme des ländlichen Raums mit all ihren Facetten immer wieder analysiert<br />
und diskutiert worden; <strong>über</strong> Einzelaspekte hinausgehende integrierte Lösungsstrategien<br />
sind für sich v. a. vom Wissenschaftlern entwickelt, jedoch von der Politik bestenfalls<br />
fragmentarisch und wenn, dann ausschließlich in Modellprojekten umgesetzt worden.<br />
Es wäre jedoch falsch, der Politik allein den „Schwarzen Peter“ zuzuschieben. Wissenschaftler<br />
neigen oft dazu, in ihren Analysen und Modellen reale Macht- und Entscheidungsstrukturen<br />
auszublenden und sind daher selten in der Lage, der Politik realisierbare,<br />
konsistente Lösungsstrategien anzubieten.<br />
Wir wollen uns hier auf die folgenden miteinander verzahnten grundlegenden Problem-<br />
zusammenhänge und Lösungsansätze beschränken und diese zur Diskussion stellen:<br />
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die Diskriminierung des ländlichen Raums durch den kommunalen Finanzausgleich,<br />
die Gefahr der politischen Fehlsteuerung durch eine immer verfeinerte Typisierung<br />
ländlicher Räume und<br />
einen gegensätzlichen Weg: Regionale Entwicklungsimpulse durch neuere Steuerungsansätze<br />
wie „Regionen Aktiv“ und „Leader“.<br />
1.1 Diskriminierung ländlicher Regionen durch den Finanzausgleich<br />
Da die Verteilung der öffentlichen Aufgaben auf die verschiedenen Gebietskörperschaften<br />
in Deutschland ebenso wie deren finanzielle Möglichkeiten zur Wahrnehmung dieser Aufgaben<br />
sehr ungleich verteilt sind, ist die Bundesrepublik mit einem äußerst komplizierten<br />
Netz von aktiven und passiven Finanzausgleichsmaßnahmen <strong>über</strong>zogen, das zu ständigen<br />
politischen Auseinandersetzungen bis vor die Verfassungsgerichte führt.