Berichte über Landwirtschaft - BMELV
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Anpassungsstrategien zur Erhaltung von Lebensqualität und<br />
umfassender Grundversorgung im peripheren ländlichen<br />
Raum Mecklenburg-Vorpommerns<br />
Von Claudia Neu, Rostock<br />
Vortrag anlässlich des Zukunftsforums „Ländliche Entwicklung“ im Rahmen<br />
der Internationalen Grünen Woche (IGW) Berlin 2008<br />
Zu den dispersen demografischen Entwicklungen in Deutschland – dem Nebeneinander<br />
von wachsenden und schrumpfenden Regionen – muss kaum noch etwas gesagt werden.<br />
Hinlänglich bekannt ist, dass die Abwanderung junger Frauen und gut Ausgebildeter entlegene<br />
ländliche Regionen in Ost- und Westdeutschland besonders hart trifft. Die Konsequenzen<br />
dieser demografischen Veränderungen zeigen forciert durch die Finanznot der<br />
öffentlichen Kassen bereits ihre unschönen Seiten: Schulschließungen, Abbau des ÖPNV,<br />
steigende Wasser- und Abwasserkosten. Über die Herausforderungen – Erhalt einer<br />
Grundversorgung zu bezahlbaren Preisen – besteht zumindest Konsens. Wie diese Grundversorgung<br />
jedoch auszusehen hat und wie sie zu gewährleisten ist, dar<strong>über</strong> wird noch<br />
heftig debattiert. Über die politischen und sozialstrukturellen Folgen einer zunehmenden<br />
regionalen Differenzierung herrscht hingegen noch Ungewissheit. Erhöht Schrumpfung<br />
zwangsläufig soziale Ungleichheit? Werden die Ungleichheiten zwischen Stadt und Land<br />
wieder zunehmen, wie Demografen und Journalisten behaupten (4; 8)? Wie äußern sich<br />
diese Ungleichheiten, die sich in mehr oder weniger vorteilhaften Teilhabechancen an<br />
Ressourcen wie Bildung und Gesundheit niederschlagen, für die Bewohner entlegener<br />
Orte? Noch seltener wird in der wissenschaftlich-politischen Debatte danach gefragt, wie<br />
die Landbewohner den Wandel der Infrastrukturausstattung selbst wahrnehmen und wo<br />
sie (zukünftig) besondere „Problemzonen“ sehen. Interessanterweise kommen die Bürger<br />
erst wieder ins Spiel, wenn es darum geht, die Lücken, die durch den Rückzug des Staates<br />
aus der Daseinsvorsorge entstanden sind, zu stopfen. So ist in diesen Tagen häufig der Ruf<br />
nach dem aktiven Bürger, der mehr Eigenverantwortung <strong>über</strong>nimmt anstatt sich vom Staat<br />
rundum versorgen zu lassen, zu hören. Gleichwohl wissen wir kaum etwas dar<strong>über</strong>, ob die<br />
Bürger diesen Ruf auch hören, geschweige denn gewillt sind, ihm auch zu folgen.<br />
Um diesen Fragen näher auf den Grund zu gehen, untersuchten 19 Studentinnen und<br />
Studenten der Universität Rostock unter der Leitung von Prof. Dr. Peter A. Berger und<br />
Dr. ClAudiA Neu vom Institut für Soziologie und Demografie im September 2006 in der<br />
Gemeinde Galenbeck (Mecklenburg-Strelitz), welche (infrastrukturellen) Anpassungsstrategien<br />
zur Erhaltung einer umfassenden Grundversorgung und Erhaltung von Lebensqualität<br />
zukünftig in einer ländlichen Gemeinde notwendig werden (1)?<br />
I. Zum Beispiel Galenbeck<br />
Blicken wir nach Galenbeck, einer rund 1500 Einwohner zählenden Gemeinde im Nordosten<br />
des Landkreises Mecklenburg-Strelitz, einem strukturschwachen Gebiet, das bis<br />
heute stark agrarisch geprägt ist und ohne nennenswerte Industrieansiedlung auskommen<br />
muss. Die Arbeitslosigkeit liegt seit vielen Jahren bei ca. 25 %. Galenbeck weist<br />
auch im Vergleich zu anderen ländlichen Räumen in Mecklenburg-Vorpommern mit 16<br />
Einwohnern/km² eine sehr geringe Besiedlungsdichte auf und entspricht ganz dem Typ