Berichte über Landwirtschaft - BMELV
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70 Hans-Peter Gatzweiler und Thomas Pütz<br />
2 Bedeutung des „Zentrale-Orte-Systems“ für die Grundversorgung<br />
Jeder zentrale Ort weist im Allgemeinen eine seiner Einstufung entsprechende Breite<br />
an Infrastruktureinrichtungen auf und eine der Auslastung dieser Einrichtungen entsprechende<br />
Bevölkerungszahl in seinem Versorgungsbereich. Zentrale Orte höheren Ranges<br />
nehmen dabei zugleich Funktionen zentraler Orte niedrigeren Ranges wahr. Dies führt<br />
jedoch häufig zu Überschneidungen zwischen den zentralörtlichen Hierarchiestufen: Zentrale<br />
Orte niedrigen Ranges erfüllen Teilfunktionen eines höherrangigen zentralen Ortes,<br />
z. B. hinsichtlich der Ausstattung oder der Einwohnerzahl im Verflechtungsbereich.<br />
Umgekehrt erfüllen höherrangige zentrale Orte teilweise die an ihre Einstufung gestellten<br />
Mindestanforderungen nicht in vollem Umfang 3) .<br />
Die zentralörtliche Einstufung eines Ortes hängt dabei nicht nur von der aktuellen<br />
Ausstattung mit Infrastruktureinrichtungen von <strong>über</strong>örtlicher Bedeutung ab. Aus dem<br />
Abgleich vorhandener Infrastruktureinrichtungen mit den normativen Ausstattungskatalogen<br />
allein lassen sich keine neuen zentralörtlichen Festlegungen ableiten. Über die<br />
Ausstattung hinaus sind weitere Kriterien des Bedeutungs<strong>über</strong>schusses, zum Beispiel die<br />
Größe des Versorgungsbereichs und die Arbeitsplatzzentralität, relevant. Mit Ausstattungskennziffern<br />
lässt sich dennoch der Grad der aktuellen Aufgabenerfüllung bewerten.<br />
Ausstattungskataloge mit den für die jeweilige zentralörtliche Hierarchiestufe<br />
typischen Einrichtungen sind von der Ministerkonferenz für Raumordnung (MKRO) bereits<br />
in ihrer Entschließung vom 08.02.1968 aufgestellt worden. Weitere Entschließungen<br />
aus den Jahren 1972 und 1983 differenzieren und ergänzen die Ausstattungskataloge. Die<br />
Raumordnungspläne der Länder enthalten ganz <strong>über</strong>wiegend eigene Vorstellungen, meist<br />
prinzipielle Mindestanforderungen, die sich an den MKRO-Ausstattungskatalogen orientieren.<br />
Eine Synopse der verschiedenen Ausstattungskataloge zeigt die Einrichtungen,<br />
die für wichtig zur Deckung des gehobenen Bedarfs gehalten werden. Neben einem breiten<br />
Angebot im Bildungsbereich, Einrichtungen in den Bereichen Sport, Kultur und So-<br />
ziales, zählen insbesondere Einrichtungen im Gesundheitsbereich sowie ein relatives<br />
großes Spektrum an Verwaltungseinrichtungen und Behörden dazu (siehe Tab. 1).<br />
Die Bestandsaufnahme der Infrastruktureinrichtungen ermöglicht eine Gegen<strong>über</strong>stellung<br />
der nach den Ausstattungskatalogen angestrebten und der tatsächlichen Ausstattung<br />
von Mittel- bzw. Oberzentren. Andererseits kann auch der Zusammenhang zwischen dem<br />
Status einer Gemeinde als Mittel- bzw. Oberzentrum und dem Vorhandensein bestimmter<br />
Infrastruktureinrichtungen analysiert werden, um die Relevanz bzw. aktuelle Bedeutung<br />
der Ausstattungskataloge für die Infrastrukturplanung zu hinterfragen. Die Eigenschaft<br />
einer Gemeinde Mittel- oder Oberzentrum zu sein oder nicht, korreliert dabei am stärksten<br />
mit den Standorten von Verwaltungsbehörden und Gerichten unterer Stufe (siehe Tab. 1).<br />
In ähnlich hohem Maße bestätigt sich aber auch ein Zusammenhang mit den Standorten<br />
der Krankenhäuser der Grundversorgung und den weiterführenden Schulen (Gymnasien,<br />
Berufsbildende Schulen).<br />
Ist die Ausstattung der Mittelzentren, gemessen am Anspruch der Ausstattungskataloge,<br />
lückenhaft und steht vor dem Hintergrund der knapper werdenden öffentlichen Mittel eine<br />
Verbesserung der Ausstattung <strong>über</strong>haupt in Aussicht? Erste Ergebnisse einer bundesweiten<br />
Bestandsaufnahme wichtiger Infrastrukturbereiche und -einrichtungen der Grundversorgung<br />
bzw. des gehobenen, mittelzentralen Bedarfs durch das BBR zeigen bereits im<br />
Überblick, dass die einzelnen Standortnetze sehr unterschiedliche Dichten bzw. Versorgungsquoten<br />
aufweisen: Bei Einrichtungen, die eher der Nahversorgung zuzurechnen sind<br />
und daher <strong>über</strong> einen räumlich sehr engen Versorgungsbereich verfügen, beträgt die Einwohnerrelation<br />
im Bundesdurchschnitt 15 bis 45 Einrichtungen je 100 000 Einwohner, für<br />
Einrichtungen des gehobenen Bedarfs, die in aller Regel zur mittelzentralen Versorgung<br />
gezählt werden, beträgt dieses Verhältnis 0,5 bis 6 Einrichtungen je 100 000 Einwohner.