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Ein Winter in Spanien Zweiter Band - Friedrich Wilhelm Hackländer

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196 HACKLÄNDER: EIN WINTER IN SPANIEN<br />

haupt, denn nur e<strong>in</strong> großer Hofhund empf<strong>in</strong>g uns bellend, dann erschienen<br />

e<strong>in</strong>ige K<strong>in</strong>der, die e<strong>in</strong> paar Mägde herbeiriefen, und erst nach e<strong>in</strong>er<br />

Viertelstunde kam der Ventero und die Padrona, welche auf dem Felde<br />

beschäftigt gewesen waren.<br />

Die scharfe Gebirgsluft, verbunden mit der großen Sonnenhitze, hatte<br />

me<strong>in</strong> Gesicht dergestalt verbrannt, daß sich überall Blasen zeigten,<br />

welche mich tüchtig schmerzten. Das beste L<strong>in</strong>derungsmittel dafür s<strong>in</strong>d<br />

geschabte rohe Kartoffel, weßhalb ich <strong>in</strong> die Küche g<strong>in</strong>g, um mir e<strong>in</strong><br />

solches Mittel anzufertigen. Die Töchter des Hauses, sowie sämmtliche<br />

Mägde sahen me<strong>in</strong>em Beg<strong>in</strong>nen mit großem Erstaunen zu, bis ihnen die<br />

Wirth<strong>in</strong> erklärte, es sei eigenthümlich, daß die meisten Engländer rothe<br />

Haare und e<strong>in</strong>e fe<strong>in</strong>e weiße Haut hätten. Das habe sie schon oft erlebt,<br />

setzte sie h<strong>in</strong>zu. Ja, e<strong>in</strong>e fe<strong>in</strong>e weiße Haut, wiederholte e<strong>in</strong>s der Mädchen,<br />

aber e<strong>in</strong> schwarzes Herz. Ob sie <strong>in</strong> dem Punkte gleichfalls etwas<br />

erlebt hatte, kann ich nicht angeben, vermuthe es aber, da sich hier bei<br />

Santa Elena häufig Engländer aufhalten, um den Gehalt der umliegenden<br />

M<strong>in</strong>en zu untersuchen.<br />

Unser D<strong>in</strong>er war ländlich und bescheiden; nach demselben zeichnete<br />

Horschelt e<strong>in</strong>en hübschen Ochsenwagen und ich g<strong>in</strong>g zurück an den<br />

<strong>E<strong>in</strong></strong>gang des Dorfes, wo sich das Posthaus befand, der Ritt zu Esel hatte<br />

uns nämlich so wenig befriedigt, daß wir beschlossen, die Madrider<br />

Diligence nach Granada, welche heute Abend gegen acht Uhr durchkommen<br />

sollte, von hier bis Baylen zu benutzen, vorausgesetzt, daß wir<br />

zwei Plätze fänden. Der Postbeamte empf<strong>in</strong>g mich recht freundlich, und<br />

me<strong>in</strong>te gutmüthig, die Wagen seien <strong>in</strong> letzter Zeit nicht vollständig besetzt,<br />

wir möchten nur etwas vor acht Uhr kommen, er wolle schon für<br />

uns sorgen.<br />

Wir verfehlten denn auch nicht, uns schon um sieben Uhr e<strong>in</strong>zustellen.<br />

Drunten <strong>in</strong> der Venta war es ziemlich langweilig und <strong>in</strong> dem Dorfe<br />

hofften wir irgend jemand zu treffen, mit dem wir uns unterhalten<br />

könnten. Und so war es denn auch; der Postbeamte hatte e<strong>in</strong> paar se<strong>in</strong>er<br />

Freunde für uns geladen, von denen <strong>E<strong>in</strong></strong>er etwas Französisch sprach.<br />

Die Unterhaltung drehte sich anfänglich um ganz gewöhnliche D<strong>in</strong>ge:<br />

das Wetter, die Straßen, die Eilwagen, kam aber bald auf das Liebl<strong>in</strong>gsthema<br />

der Spanier, M<strong>in</strong>en und Erze. Jede Dorfschaft, <strong>in</strong> deren Nähe sich<br />

KAPITEL 16. EIN RITT NACH ANDALUSIEN. 197<br />

e<strong>in</strong>e alte Galmeigrube f<strong>in</strong>det, träumt von großartigen Bergwerksschätzen,<br />

und die vielen Fremden, namentlich Engländer, welche im gegenwärtigen<br />

Augenblicke das Land bereisen, um die Schachte der Berge<br />

und die Geldbeutel der Actionäre zu untersuchen, haben das Volk ganz<br />

schw<strong>in</strong>dlig gemacht. Auch uns hielten sie für reisende Geognosten, was<br />

ich aber feierlich von mir ablehnte, wogegen Horschelt die Unvorsichtigkeit<br />

hatte, e<strong>in</strong>en schlechten Witz zu machen und den guten Spaniern<br />

zu sagen, ich sei e<strong>in</strong> deutscher Bergmeister. Da ich die Ehre habe, e<strong>in</strong>er<br />

Künstlergesellschaft das Bergwerk unter dem Namen Bergmeister<br />

zu präsidiren, so sprach er allerd<strong>in</strong>gs ke<strong>in</strong>e Unwahrheit; doch protestirte<br />

ich vergeblich gegen diesen Titel im andern S<strong>in</strong>ne: man schleppte augenblicklich<br />

e<strong>in</strong> paar große Körbe voll Erz herbei, und da saß ich nun<br />

und sollte me<strong>in</strong> Urtheil abgeben. Glücklicher Weise verstand nur e<strong>in</strong>er<br />

me<strong>in</strong>er Zuhörer Französisch und auch dieser nicht genug, um me<strong>in</strong>em<br />

ungelehrten Vortrag folgen zu können; auch mochte er sich ke<strong>in</strong>e Blöße<br />

geben, that, als verstehe er mich vollkommen und übersetzte demgemäß<br />

den Andern me<strong>in</strong>e Reden aufs Allerbefriedigendste. Dabei war ich<br />

ehrlich genug, ihnen Aussicht auf viel Blei und wenig Silber zu geben.<br />

Recht froh war ich <strong>in</strong>dessen, als der heranrasselnde Eilwagen me<strong>in</strong> Examen<br />

unterbrach; doch hatte der Titel Bergmeister so viel genützt, daß<br />

e<strong>in</strong> junger Spanier, der vorn <strong>in</strong> der Berl<strong>in</strong>e saß, auf die Imperiale befördert<br />

wurde, vielleicht wider alles Recht, denn er sträubte sich anfangs,<br />

wogegen ich von dem Postmeister auf die höflichste Art ersucht wurde,<br />

dessen Platz e<strong>in</strong>zunehmen. Horschelt bekam e<strong>in</strong>en Eckplatz im Innern,<br />

und so rollten wir wohlgemuth <strong>in</strong> die Nacht h<strong>in</strong>aus, abwärts dem schönen<br />

Andalusien zu.<br />

Gegen zehn Uhr kamen wir nach la Carol<strong>in</strong>a, dem Hauptort der Colonien,<br />

von denen ich oben gesprochen. Leider war es zu dunkel, um e<strong>in</strong>e<br />

Ansicht dieses Ortes, der fast ganz von Deutschen gegründet wurde,<br />

zu gew<strong>in</strong>nen. Daß er aber durchaus ke<strong>in</strong>en spanischen Charakter hat,<br />

bemerkte ich schon beim Here<strong>in</strong>fahren, denn die breite Straße war vortrefflich<br />

unterhalten. Hauptsächlich waren es Schwaben, die la Carolma<br />

bevölkerten; doch ist im Laufe der Zeit die deutsche Sprache gänzlich<br />

verloren gegangen. Rochau erzählt, als er la Carolma im Jahre 1845 besuchte,<br />

– er kam am Tage durch die Stadt und hatte Zeit, sich umzu-

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