Ein Winter in Spanien Zweiter Band - Friedrich Wilhelm Hackländer
Ein Winter in Spanien Zweiter Band - Friedrich Wilhelm Hackländer
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298 HACKLÄNDER: EIN WINTER IN SPANIEN<br />
Gesellen, me<strong>in</strong>te er, scheu rückwärts blickend, aber sie haben mich erkannt<br />
und wußten wohl, daß ich sie ebenfalls kenne. – Und haben sie<br />
sich vielleicht vor Euch, dem Hombre tigre, gefürchtet? fragte ich lachend,<br />
worauf er den Hut fast ganz <strong>in</strong>s rechte Auge h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> drückte, e<strong>in</strong>e<br />
martialische Haltung annahm, sich auf dieBrust klopfte und ausrief: Per<br />
Dios! Soy hombre valiente, soy hombre tigre, hombre di corazon! und das wiederholte<br />
er unzählige Male, bald sprechend, bald s<strong>in</strong>gend, und hörte<br />
nicht eher auf, se<strong>in</strong>en eigenen Ruhm zu verkünden, bis es ihm e<strong>in</strong>fiel,<br />
nach der Bota zu langen, sie hoch <strong>in</strong> die Höhe zu halten, worauf er dann<br />
e<strong>in</strong>en Strahl des rothen We<strong>in</strong>s lange <strong>in</strong> den geöffneten Mund herabfließen<br />
ließ.<br />
Unser Weg führte doch nicht anhaltend abwärts, obgleich es von der<br />
Höhe h<strong>in</strong>ter uns so aussah. Nach e<strong>in</strong>er Stunde erreichten wir e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es<br />
Thal, das von e<strong>in</strong>em angenehmen Wasser durchflossen war, welches an<br />
beiden Seiten die frischesten Wiesen hervorgebracht hatte. <strong>E<strong>in</strong></strong> ziemlich<br />
breiter, weicher Weg schlängelt sich h<strong>in</strong>durch, und die Blumen, die aus<br />
dem tiefen Grün hervorsproßten, drängten sich fast unter die Hufe me<strong>in</strong>es<br />
Pferdes; während bei uns daheim noch Schnee und Eis die Fluren<br />
bedeckte, war hier <strong>in</strong> diesen glücklichen Ländern schon Frühl<strong>in</strong>gsanfang<br />
und e<strong>in</strong>e warme, würzige Luft floß mir entgegen. Das frische, grüne<br />
Thal war ausgefüllt mit lachenden Sonnenstrahlen, die schräg vom<br />
Horizont herüberschossen, die umliegenden Höhen vergoldeten, dem<br />
Gras e<strong>in</strong>en eigenthümlichen Schimmer gaben und so unaussprechlich<br />
schön auf den Wellen des dah<strong>in</strong>rieselnden Baches glänzten. Ich fühlte<br />
mich so angenehm und heiter erregt, auch me<strong>in</strong> Pferd schien se<strong>in</strong>e Müdigkeit<br />
vergessen zu haben und sich der kühlen Abendluft und des weichen<br />
Weges zu freuen. Es war überhaupt e<strong>in</strong> gutes und kräftiges Thier;<br />
jetzt brauchte ich nur e<strong>in</strong>es leichten Zungenschlags, um es <strong>in</strong> gestreckten<br />
Trab zu br<strong>in</strong>gen, der mich bald den Andern weit voraus führte. O, es war<br />
so angenehm, dah<strong>in</strong> zu fliegen durch das frische Grün unter herabhängenden<br />
Mandelbaumzweigen, die voll rosiger Blüthen prangten, und<br />
nach dem heißen Tage e<strong>in</strong>zuathmen die frische, kühle Abendluft. Doch<br />
blieben auch Horschelt und Le<strong>in</strong>s nicht lange zurück, als sie mich davon<br />
eilen sahen, und erreichten mich nach ewiger Zeit aber erst als der Weg<br />
vermittelst e<strong>in</strong>er Furt durch jenes Flüßchen g<strong>in</strong>g, an dessen Ufer ich e<strong>in</strong>e<br />
KAPITEL 19. NACH CORDOVA 299<br />
Zeitlang geritten war. Beim Übergang hielt mich e<strong>in</strong>e Gesellschaft von<br />
Eseln auf, die dort mit ihren Reitern <strong>E<strong>in</strong></strong>er nach dem Andern durch das<br />
Wasser wateten. Es waren e<strong>in</strong> Paar ausgediente und entlassene Soldaten<br />
darunter, mit denen wir nun unsern Weg geme<strong>in</strong>schaftlich fortsetzten,<br />
da sie ebenfalls nach Castro del rio wollten.<br />
Dieß, unser Nachtquartier, neckte uns aber ganz gewaltig; von jedem<br />
Hügel, den wir erstiegen, sahen wir es vor uns liegen, immer <strong>in</strong> den gleichen<br />
malerischen Umrissen, aber wir konnten ihm sche<strong>in</strong>bar um ke<strong>in</strong>en<br />
Schritt näher kommen. Dazu trug auch wohl die Dämmerung, die nun<br />
e<strong>in</strong>trat, das Ihrige bei, <strong>in</strong>dem sie uns den Anblick der kle<strong>in</strong>en Stadt mit<br />
jeder M<strong>in</strong>ute undeutlicher machte. Endlich wurde es ganz dunkel; doch<br />
war glücklicherweise nicht nur Mondsche<strong>in</strong> im Kalender angemerkt,<br />
sondern der treue Freund der Reisenden, der Liebenden und Spitzbuben<br />
tauchte bald am Horizont hervor und zwar mit voller, glänzender<br />
Kugel, unsern Weg sanft und angenehm erleuchtend. Endlich erblickten<br />
wir abermals Castro del rio, und zwar zu unserer Rechten liegend,<br />
während wir geradeaus geritten. <strong>E<strong>in</strong></strong> weites, sumpfiges Terra<strong>in</strong> am Fuße<br />
der Stadt h<strong>in</strong>dert die direkte Annäherung, weßhalb wir e<strong>in</strong>en großen<br />
Bogen beschrieben, ehe wir e<strong>in</strong>e breite Straße erreichten, die mit doppelten<br />
Baumreihen bepflanzt war und e<strong>in</strong>e Art Paseo bildete, der uns nun<br />
<strong>in</strong> gerader L<strong>in</strong>ie zu der alterthümlichen hochgewölbten Brücke führte,<br />
h<strong>in</strong>ter welcher die Hufe unserer Pferde nun zum erstenmal auf diesem<br />
städtischen Pflaster klapperten. Es ist dieß nach langem Ritt e<strong>in</strong> angenehmer<br />
Ton und Freiligrath hat Recht, wenn er sagt:<br />
– – – – dann ist Poesie<br />
Der erste Ton des Eisens auf den Ste<strong>in</strong>en.<br />
Wir ritten aufwärts durch e<strong>in</strong>e enge Gasse, die mit recht armseligen<br />
Häusern besetzt war und wodurch unsere Erwartung auf e<strong>in</strong>e gute<br />
Nachtherberge ziemlich herabgestimmt wurde. Vor e<strong>in</strong>er recht schlechten<br />
Fonda hielten wir e<strong>in</strong>en Augenblick an und nachdem unser Hombre<br />
valiente etwas mit dem Wirth gekauderwelscht hatte, von dem wir ke<strong>in</strong><br />
Wort verstanden, zogen wir weiter. Es schien <strong>in</strong> diesem Hôtel ke<strong>in</strong> Platz<br />
für uns zu se<strong>in</strong>. Weiter oben im Orte, auf der Höhe der Stadt, kamen