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Ein Winter in Spanien Zweiter Band - Friedrich Wilhelm Hackländer

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268 HACKLÄNDER: EIN WINTER IN SPANIEN<br />

Viele Herren großen Standes,<br />

Und Feldherren viele andere,<br />

Ferd<strong>in</strong>and, der König, führt sie.<br />

Fern am Horizonte bemerken wir e<strong>in</strong>en leichten Gebirgszug, von wo<br />

König Johann auf die Stadt niederblickte, wie die Romanze sagt, also zu<br />

ihr sprechend:<br />

O Granada, wenn Du wolltest,<br />

Würd’ ich mich mit Dir vermählen.<br />

Geben Dir zur Morgengabe<br />

Cordova und ganz Sevilla.<br />

worauf Granada antwortet:<br />

B<strong>in</strong> schon, Don Johann, vermählet,<br />

B<strong>in</strong> vermählet, ke<strong>in</strong>e Wittwe,<br />

Und der Maur, der mich besitzet,<br />

Jener Große sehr mich liebet.<br />

Daß trotz dieser stolzen Entgegnung das schöne Granada doch se<strong>in</strong>em<br />

maurischen Liebhaber die Treue brach und sich von den Christen<br />

e<strong>in</strong>nehmen ließ, ist nicht zu läugnen. Blicken wir nach jenem kle<strong>in</strong>en<br />

spitzen Hügel, die letzte Höhe e<strong>in</strong>es Ausläufers der Alpujarras, der sich<br />

auf der Bergkette so sichtbar abhebt, so haben wir den Ort vor uns, wo<br />

der wegziehende König Boabdil noch e<strong>in</strong>mal rastete, um e<strong>in</strong>en letzten<br />

traurigen Blick auf se<strong>in</strong> verlorenes Paradies zu werfen.<br />

Ach, bei diesem Anblick brachen<br />

Aus des Königs Brust die Seufzer,<br />

Thränen überströmten plötzlich<br />

Wie e<strong>in</strong> Sturzbach se<strong>in</strong>e Wangen.<br />

Düster von dem hohen Zelter<br />

Schaut herab des Königs Mutter,<br />

Schaut auf ihres Sohnes Jammer,<br />

Und sie schalt ihn stolz und bitter.<br />

KAPITEL 18. GRANADA. 269<br />

Boabdil el Chico, sprach sie,<br />

Wie e<strong>in</strong> Weib bewe<strong>in</strong>st du jetzo<br />

Jene Stadt, die du nicht wußtest<br />

Zu vertheid’gen, wie e<strong>in</strong> Mann.<br />

Heute noch heißt dieser Berg el sospiro del Moro, der Seufzer des<br />

Mohren.<br />

Mir war der Parador de la Sultana e<strong>in</strong> so lieber Ort, daß ich manche<br />

Stunde hier oben zubrachte. Der Gärtner, welcher den kle<strong>in</strong>en wunderbaren<br />

Platz <strong>in</strong> Ordnung hielt, gab mir mehrere Sämereien, hier gewachsen,<br />

die ich später zu Hause pflanzte und die auch recht gut aufg<strong>in</strong>gen.<br />

Wenn dieß aber auch nur ganz gewöhnliche Blumen waren, so<br />

freut mich doch noch heute ihr Nachwuchs, da der Same auf der göttlichen<br />

Alhambra gediehen. Am Tag vor unserer Abreise schwelgte ich<br />

noch e<strong>in</strong>ige Stunden hier oben im Anblick der herrlichen Stadt und ihrer<br />

prachtvollen Umgebungen, von der e<strong>in</strong> neuerer Dichter so wahr und<br />

treffend sagt:<br />

Regocijate tu, Granada bella,<br />

Ciudad hija del sol, huerta florida,<br />

Que entre nieves estériles descuella;<br />

Taza de nardos, de palomas nido,<br />

Diamante pura que su luz destella,<br />

Paraiso entre rocas escondido!<br />

Freue dich, du schönes Granada, Tochter der Sonne, die e<strong>in</strong> blühender<br />

Garten aus e<strong>in</strong>er Schneewüste hervorprangt. Du bist e<strong>in</strong>e Schale voll<br />

köstlicher Wohlgerüche, e<strong>in</strong> Taubennest, e<strong>in</strong> Diamant, der funkelndes<br />

Licht ausströmt, e<strong>in</strong> Paradies, <strong>in</strong> Felsgebirgen verstecket!<br />

Leider war die Jahreszeit noch nicht so weit vorgerückt, daß wir hätten<br />

das eigenthümliche, so schöne Leben genießen können, das sich hier<br />

an warmen Frühl<strong>in</strong>gs- und Sommerabenden auf dem Hauptspaziergange<br />

von Granada, dem Paseo, entwickelt; aber auch jetzt schon, beim ersten<br />

Knospen des Grüns, beim Anblick e<strong>in</strong>zelner Rosen, die sich schüchtern<br />

hervorwagen, ist dieser Spaziergang das Reizendste, was man sehen<br />

kann. Bei dem Platze del Lobo, wo unser Gasthof lag, <strong>in</strong> der Verlängerung<br />

der Carrera del Darro, beg<strong>in</strong>nt er und führt bis zur Brücke über

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