22.12.2012 Aufrufe

Ein Winter in Spanien Zweiter Band - Friedrich Wilhelm Hackländer

Ein Winter in Spanien Zweiter Band - Friedrich Wilhelm Hackländer

Ein Winter in Spanien Zweiter Band - Friedrich Wilhelm Hackländer

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

382 HACKLÄNDER: EIN WINTER IN SPANIEN<br />

immerfort die Ofenthüren klirrten, und wenn diese geöffnet wurden,<br />

um neue Kohlen nachzuschieben, e<strong>in</strong>e rothe Gluth h<strong>in</strong>auf leuchtete, den<br />

Kapitän und se<strong>in</strong>en weißen Pudel scharf bestrahlend. Wir wurden aber<br />

auch auf höchst merkwürdige Art herumgeworfen, und es konnte e<strong>in</strong>em<br />

Seekundigen wohl die Befürchtung kommen, ob die kle<strong>in</strong>e Nußschale<br />

dem gewaltigen Anprallen der Wogen auf längere Zeit widerstehen<br />

würde. Vor uns hatten wir Cap Spartel, doch sahen wir nichts<br />

von den gewaltigen Bergen dieser äußersten Spitze Afrika’s, und Alles,<br />

was der Kapitän durch die dichte F<strong>in</strong>sterniß zu entdecken glaubte, war<br />

das unmerkliche Zittern e<strong>in</strong>es Lichtstrahls dort h<strong>in</strong>aus, vielleicht der<br />

Leuchtthurm von Tanger. Obgleich sich das Unwetter mit jeder Viertelstunde<br />

steigerte und der Don Manuel sich bald hoch aufbäumend jetzt<br />

die Spitzen der Wälle erstieg, um gleich darauf wieder tief h<strong>in</strong>abzus<strong>in</strong>ken,<br />

so schien der Kapitän doch Lust zu haben, se<strong>in</strong>e Fahrt nach Gibraltar<br />

nicht zu unterbrechen. Doch kaum hatten wir Cap Plata umschifft,<br />

als wir von e<strong>in</strong>em so furchtbaren W<strong>in</strong>d gefaßt wurden, der uns durch die<br />

Meerenge von Gibraltar entgegen kam, daß der kle<strong>in</strong>e brave Dampfer<br />

nur mühsam dagegen ankommen konnte. Der Kapitän, der dem Steuermann<br />

e<strong>in</strong>ige leise Befehle gab, sagte uns im Vorübergehen: Wenn ich’s<br />

auch erzw<strong>in</strong>gen will, <strong>in</strong> dieser schauderhaften Nacht durchzufahren, so<br />

riskire ich me<strong>in</strong> Schiff, und wenn uns wirklich ke<strong>in</strong> Unfall begegnete, so<br />

hätten wir doch gar nichts an der Zeit gewonnen, da ich bei dieser F<strong>in</strong>sterniß<br />

doch nicht wage, mit der ganzen Kraft der Masch<strong>in</strong>e vorwärts zu<br />

gehen. Ich werde suchen, den Hafen von Tarifa zu erreichen, um dort bis<br />

zu Tagesanbruch liegen zu bleiben.<br />

Er gab hiezu die nöthigen Befehle und that wohl daran, nicht die<br />

Fahrt durch die Meerenge zu versuchen. Wie e<strong>in</strong> Nachen tanzte das<br />

Schiffchen zwischen den daher stürmenden Wogen, sich bald rechts,<br />

bald l<strong>in</strong>ks neigend; dabei war es so f<strong>in</strong>ster, daß man buchstäblich nicht<br />

die Hand vor den Augen sehen konnte, und wenn wir vom H<strong>in</strong>terdeck<br />

aus etwas von Mast und Tauwerk bemerkten, so war das nur <strong>in</strong> solchen<br />

Augenblicken, wo unten die Ofenthüren aufflogen und die rothe Gluth<br />

h<strong>in</strong>ausdrang. Dabei traf es sich e<strong>in</strong> paar Mal, daß zu gleicher Zeit der<br />

Röhre neben dem Schornste<strong>in</strong>e weißer, überflüssiger Dampf entfuhr, der<br />

dann röthlich angestrahlt wie e<strong>in</strong> Blitz auf Augenblicke <strong>in</strong> der dunkeln<br />

Nacht sichtbar ward.<br />

KAPITEL 21. NACH GIBRALTAR. 383<br />

Endlich sahen wir die Leuchtthürme von Tarifa vor uns und Don Manuel<br />

machte mühsam e<strong>in</strong>e Wendung, um richtig <strong>in</strong> die <strong>E<strong>in</strong></strong>fahrt zu kommen.<br />

Ziemlich unheimlich war es hier, durch das dumpfe Rollen der<br />

Wogen das Donnern der Brandung zu hören, als wir uns dem felsigen<br />

Ufer näherten. Wie leicht konnte e<strong>in</strong> heftigerer W<strong>in</strong>dstoß uns aus dem<br />

richtigen Kurse drängen und dann – hatte der alte Engländer vollkommen<br />

Recht mit se<strong>in</strong>em: cette bâteau est trop petite.<br />

Glücklicherweise thaten Kapitän und Schiff ihre Schuldigkeit, und e<strong>in</strong>e<br />

halbe Stunde später fühlten wir, wie die Bewegung des Schiffes angenehmer<br />

und langsamer wurde, es war gegen das frühere Auf- und Abtanzen<br />

nur noch e<strong>in</strong> gel<strong>in</strong>des Schaukeln. Gleich darauf rasselte der Anker<br />

<strong>in</strong> die Tiefe. Mehrere der Passagiere waren allerd<strong>in</strong>gs der Me<strong>in</strong>ung,<br />

wir seien bereits vor Gibraltar angelangt, und vernahmen nun seufzend,<br />

daß wir e<strong>in</strong> Unterkommen im Hafen von Tarifa gefunden. Den Meisten<br />

der unglücklichen Seeleidenden war die e<strong>in</strong>getretene Ruhe <strong>in</strong>dessen erwünscht<br />

und viele stiegen aufs Verdeck herauf, um sich umzuschauen<br />

und e<strong>in</strong> bischen frische Luft zu schöpfen. Von e<strong>in</strong>er Aussicht war freilich<br />

so gut wie gar ke<strong>in</strong>e Rede, nur e<strong>in</strong>ige Lichtpunkte zeigten an, wo Tarifa<br />

mit se<strong>in</strong>en alten Mauern und Thürmen lag. Gerne hätte ich die berühmte<br />

Veste deutlicher gesehen; denn es ist e<strong>in</strong>er von den Punkten, welche<br />

so beredt von altspanischer Tapferkeit erzählen. Hier war es, wo Don<br />

Alonzo Perez Guzman Stadt und Burg gegen die Mauren hielt, welche<br />

e<strong>in</strong>es Tages den Sohn des Helden bei e<strong>in</strong>em Ausfalle gefangen nahmen,<br />

ihn vor die Wälle führten und dem Vater die Wahl ließen, entweder Tarifa<br />

zu übergeben oder den Sohn vor se<strong>in</strong>en Augen enthaupten zu sehen.<br />

Der alte spanische Held warf ihnen statt aller Antwort se<strong>in</strong> eigenes<br />

Schwert herab und sagte, man solle damit se<strong>in</strong>es Sohnes Haupt abschlagen,<br />

worauf die Mauren die Belagerung aufhoben und Don Alonzo Guzman<br />

von se<strong>in</strong>em König Ferd<strong>in</strong>and III. den Be<strong>in</strong>amen: el bueno erhielt.<br />

Für die Araber ist diese Stelle <strong>Spanien</strong>s überhaupt e<strong>in</strong>e unheilvolle gewesen,<br />

denn zwischen Tarifa und Algesiras am Rio Salado war es, wo<br />

Alonzo XI. die Mauren <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er ungeheuren Schlacht schlug. Unter den<br />

christlichen Schwertern fielen hier Hunderttausende, die es vorzogen,<br />

auf dem Boden zu sterben, der, von ihren Vätern erobert, ihnen nun für<br />

immer entrissen wurde.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!