Ein Winter in Spanien Zweiter Band - Friedrich Wilhelm Hackländer
Ein Winter in Spanien Zweiter Band - Friedrich Wilhelm Hackländer
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278 HACKLÄNDER: EIN WINTER IN SPANIEN<br />
uns <strong>in</strong> das frische Gras im warmen entzückenden Sonnensche<strong>in</strong>, über<br />
uns der tiefblaue andalusische Himmel, r<strong>in</strong>gs um uns her Geplauder,<br />
Gelächter, der Klang der Guitarren und das Klappern der Castagnetten.<br />
Und welch herrliche Aussicht hatten wir hier oben, abgesehen von den<br />
schönen Andalusier<strong>in</strong>nen, die <strong>in</strong> allen Lagen und den vielgestaltigsten<br />
Gruppen überall den grünen Rasen e<strong>in</strong>nahmen und deren Augen und<br />
Fächer um die Wette glänzten und blitzten; vor uns tief im Thale sahen<br />
wir über Granada weit <strong>in</strong> die Vega h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> bis zu den grauen Gebirgen<br />
der Sierra Elvira, neben uns auf hoher Bergwand die Alhambra und Xeneralife,<br />
welche beide auf so verschiedene und eigenthümliche Art den<br />
letzten Kuß der Sonne empf<strong>in</strong>gen. Während die gewaltigen Thürme der<br />
ersteren rothglühend majestätisch und trotzig aus dem Grün hervorragten,<br />
sah der weiße luftige Bau der Xeneralife aus wie mit Silber übergossen<br />
und erschien <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Walde von Cypressen und Lorbeeren wie<br />
e<strong>in</strong> Bouquet weißer, duftiger Maiblumen zwischen ihren grünen glänzenden<br />
Blättern.<br />
O, wie wahr ist das spanische Sprüchwort:<br />
El que no ha viste Granada,<br />
no ha visto nada.<br />
Wer Granada nicht sah, hat nichts gesehen. Ja, hier möchte ich me<strong>in</strong><br />
Zelt aufschlagen und me<strong>in</strong> Leben beschließen!<br />
Kapitel 19<br />
Nach Cordova<br />
Abschied von Granada. Der Hombre valiente. Räuber und Räuberleben. Die Sierra<br />
Elvira. Alcalà la real. Der Liebl<strong>in</strong>gsplatz des Räubers Jose Maria. Baena. Castro del rio.<br />
Anblick von Cordova. Wanderung durch die Straßen. Phantasieen. Die große Moschee.<br />
Der Alcazar. <strong>E<strong>in</strong></strong>e Tertulla <strong>in</strong> Cordova.<br />
Die letzte Nacht, die ich und wohl für immer <strong>in</strong> Granada zubr<strong>in</strong>gen<br />
sollte, ließ mich vielleicht gerade deßhalb zu ke<strong>in</strong>em Ruhen und<br />
erquicklichen Schlummer kommen. Häufig zündete ich Licht an, um zu<br />
sehen, wie weit die Zeit vorgerückt sei, und als die Zeiger me<strong>in</strong>er Uhr<br />
endlich auf vier wiesen, stand ich auf und kleidete mich an; Horschelt<br />
folgte me<strong>in</strong>em Beispiele und bald war auch unser Baumeister munter.<br />
Um fünf Uhr sollten die Pferde kommen, und es war besser, daß wir auf<br />
sie warteten, als sie auf uns. Ich trat auf den Balkon vor dem Fenster,<br />
ganz Granada schien noch zu schlafen, <strong>in</strong> den benachbarten Straßen, sowie<br />
auf der Carrera herrschte tiefe Stille, die nur gleichförmig unterbrochen<br />
wurde durch das Plätschern der Spr<strong>in</strong>gbrunnen und den Ruf e<strong>in</strong>es<br />
Sereno, Nachtwächters, der schlaftrunken an e<strong>in</strong>em Baume lehnte und<br />
die Witterung verkündigte. Glücklicherweise für uns konnte der Wächter<br />
se<strong>in</strong> Sereno, schönes Wetter, wovon er auch se<strong>in</strong>en Be<strong>in</strong>amen hat, mit<br />
vollem Recht erschallen lassen, denn der Himmel war klar und sternhell<br />
und versprach e<strong>in</strong>en prächtigen Morgen. Von der Sierra Nevada her, deren<br />
schneebedeckte Spitzen blendend zu uns herüber blickten, vielleicht<br />
schon vom Lichte der für uns noch unsichtbaren Sonne beglänzt, wehte<br />
e<strong>in</strong> kalter Morgenw<strong>in</strong>d; da wir aber im Februar waren, so konnten wir<br />
e<strong>in</strong>e warme duftige Nacht nicht verlangen; doch war die Temperatur<br />
so angenehm, daß wir bei den offenen Balkonthüren unsern Anzug be-