Ein Winter in Spanien Zweiter Band - Friedrich Wilhelm Hackländer
Ein Winter in Spanien Zweiter Band - Friedrich Wilhelm Hackländer
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262 HACKLÄNDER: EIN WINTER IN SPANIEN<br />
che den Berg der Xeneralife von dem der Alhambra trennt. Zwischen<br />
zwei starken Thürmen bef<strong>in</strong>det sich e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Pforte, welche früher<br />
mit e<strong>in</strong>er eisernen Thür verschlossen war, jetzt besteht aber ihr e<strong>in</strong>ziger<br />
Schutz aus wehenden Schl<strong>in</strong>gpflanzen, die vom Thorbogen herabhängen.<br />
H<strong>in</strong>ter dieser Pforte bef<strong>in</strong>den wir uns außerhalb der R<strong>in</strong>gmauern<br />
der Alhambra, die sich hier <strong>in</strong> gewaltiger Höhe und von viereckigen<br />
Thürmen unterbrochen, dort die Schlucht h<strong>in</strong>auf und hier abwärts<br />
zum Darro h<strong>in</strong>ziehen. Es gibt aber nicht leicht etwas Malerischeres, als<br />
hier diese alten Mauern und Thürme; <strong>in</strong> ihrer röthlichen Färbung mit<br />
den schlanken arabischen Z<strong>in</strong>nen blicken sie so angenehm und überraschend<br />
schön zwischen den grünen Bergwänden hervor; jeder Schritt,<br />
jede Biegung des Weges zeigt uns e<strong>in</strong> neues Bild, das der Maler, gerade<br />
so wie es da vor ihm steht, auf die Le<strong>in</strong>wand br<strong>in</strong>gen könnte. Von<br />
den Höfen und Gemächern der Alhambra gibt es unbeschreiblich viele<br />
Abbildungen und leider so wenige von diesen nächsten reizenden Umgebungen<br />
des alten Maurenschlosses. <strong>E<strong>in</strong></strong> schönes Bild hievon bef<strong>in</strong>det<br />
sich <strong>in</strong> der Gemäldesammlung des Königs von Württemberg, welches<br />
ich häufig mit großem Interesse betrachtet. Es stellt e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es reizendes<br />
Gemach im maurischen Style vor, welches sich im sogenannten Torre<br />
de la Cautiva bef<strong>in</strong>det. An der Brüstung des weiten und hohen Bogenfensters<br />
lehnt e<strong>in</strong> wunderliebliches Mädchen, den Kopf auf die Hand<br />
gestützt und blickt h<strong>in</strong>aus; vor dem Fenster aus der Tiefe steigen die<br />
hohen R<strong>in</strong>gmauern der Alhambra empor, h<strong>in</strong>ter ihnen erblickt man die<br />
üppig und wild verwachsene Schlucht und weith<strong>in</strong> am Horizonte ragen<br />
die schneebedeckten Häupter der Sierra Nevada.<br />
Da wir uns auf unserer Wanderung gerade am Fuße des Torre de la<br />
Cautiva befanden, so machte ich den Vorschlag, <strong>in</strong> demselben das kle<strong>in</strong>e<br />
maurische Gemach aufzusuchen, das gewiß sehenswerth sei. Nach langem<br />
Umherklettern überstiegen wir e<strong>in</strong>ige zerbrochene Treppenstufen,<br />
erreichten die <strong>E<strong>in</strong></strong>gangsthüre zum Thurme, die wir aber verschlossen<br />
fanden. Nach mehrmaligem Klopfen wurde sie uns von e<strong>in</strong>er alten Frau<br />
geöffnet, die uns freundlich e<strong>in</strong>treten hieß und auf e<strong>in</strong>er schmalen, <strong>in</strong><br />
den dicken Mauern ausgesparten Treppe wirklich <strong>in</strong> das kle<strong>in</strong>e reizende<br />
Gemach führte. Da die armen Leute, welche es bewohnen, e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>en<br />
Erwerb daraus machen, es den Fremden zu zeigen, so ist es glück-<br />
KAPITEL 18. GRANADA. 263<br />
licherweise, die vom Rauch geschwärzte Farbe abgerechnet, noch recht<br />
gut erhalten; von den Azulejos, welche die Lambris bilden und die hier<br />
von wunderbar verschlungener Zeichnung waren, fehlten sehr wenige,<br />
auch prangten die Wände noch da und dort <strong>in</strong> ihren alten Farben.<br />
Das große, weite Bogenfenster fehlte ebenfalls nicht und um das ganze<br />
Bild vollständig zu machen, saß e<strong>in</strong> junges Mädchen von prächtiger<br />
Gestalt und reizendem Kopfe <strong>in</strong> dem Erker, den die tiefe Mauer hier<br />
bildete. Sie gab uns freundlich e<strong>in</strong>en frischen Trunk Wasser und e<strong>in</strong>en<br />
großen Strauß herrlich duftender Veilchen, die sie am Fuß der Mauern<br />
gepflückt. Wer diesen Thurm mit se<strong>in</strong>em Gemache und se<strong>in</strong>er Aussicht<br />
zu uns verpflanzen könnte!<br />
Aus der Schlucht am Fuß der Mauern führt e<strong>in</strong> steiler Pfad zur Xeneralife<br />
empor, dessen zierlicher Anblick uns schon gestern den ganzen<br />
Tag gereizt, dessen Schönheiten so oft besungen wurden, und über<br />
welche jeder Reisende <strong>in</strong> Entzücken gerathen muß. Die Xeneralife, zunächst<br />
der Spitze des Elenaberges gelegen, war e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es Sommerschloß<br />
der maurischen Könige, e<strong>in</strong> Zaubersitz, der Alles bot, was die<br />
üppigste Phantasie nur verlangen kann. Auf allen Seiten die wunderherrlichste<br />
Aussicht, e<strong>in</strong>e üppige Vegetation, getränkt durch e<strong>in</strong>e reiche<br />
Quelle des besten eiskalten Wassers, la fuente de las azucenas, die Lilienquelle,<br />
welche oberhalb des Gartens der Xeneralife entspr<strong>in</strong>gt, und reich<br />
fluthend den kle<strong>in</strong>en Park derselben durchströmt. Der kle<strong>in</strong>e Palast bildet<br />
e<strong>in</strong> längliches Viereck von zwei geräumigen Zimmern an beiden Enden<br />
und e<strong>in</strong>em Mittelsalon, vor dem e<strong>in</strong>e Bogenhalle mit Marmorsäulen<br />
liegt; er ist zweistöckig und zu oberst gekrönt durch e<strong>in</strong> luftiges Belvedere,<br />
das von zierlichen Säulen umgeben zum Genuß der unvergleichlichen<br />
Aussicht e<strong>in</strong>ladet. <strong>E<strong>in</strong></strong> ähnlicher kle<strong>in</strong>erer Pavillon liegt dem ebenbeschriebenen<br />
auf der Seite des <strong>E<strong>in</strong></strong>gangs gegenüber mit e<strong>in</strong>er fast gleichen<br />
Bogenhalle. Zwischen beiden bef<strong>in</strong>det sich langgestreckt der Garten,<br />
nahezu wie im Hofe der Alberca. Beide Pavillons s<strong>in</strong>d auf der dem<br />
Thal zugekehrten Langseite des Gartens durch e<strong>in</strong>e beiderseits offene<br />
Gallerie von Arcaden auf viereckigen Ste<strong>in</strong>pfeilern ruhend und von e<strong>in</strong>er<br />
hohen Terrassenmauer getragen, mit e<strong>in</strong>ander verbunden und bildet<br />
diese Gallerie am Rand des steilen Abhangs gelegen, den entzückendsten<br />
Spaziergang, welcher nur denkbar ist. Alles ist hier vollkommen