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Ein Winter in Spanien Zweiter Band - Friedrich Wilhelm Hackländer

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306 HACKLÄNDER: EIN WINTER IN SPANIEN<br />

reisen. Obgleich wir nun e<strong>in</strong>en Kreditbrief auf Cordova hatten, so konnten<br />

wir, da es schon spät war, doch wahrsche<strong>in</strong>lich erst morgen Gelder<br />

erheben und hatten eben noch so viel übrig, um unsern getreuen Alonzo<br />

auszubezahlen.<br />

Durch stille, öde menschenleere Gassen, wo wir deutlich an vielen<br />

Häusern sahen, daß sie dem Verfall nahe und nicht bewohnt seien, ritten<br />

wir längere Zeit aufwärts und gelangten endlich <strong>in</strong> die Fonda de<br />

las Diligencias, e<strong>in</strong> altes, äußerlich unsche<strong>in</strong>bares, Haus, <strong>in</strong> enger Gasse<br />

gelegen, aber mit e<strong>in</strong>em reizenden Hofe, den e<strong>in</strong> Bogengang von kor<strong>in</strong>thischen<br />

Säulen umgab, dessen Fußboden mit Marmor und bunten<br />

Fayenceplatten ausgelegt war, und wo uns e<strong>in</strong> freundlich murmelnder<br />

Spr<strong>in</strong>gbrunnen willkommen hieß; da, wo die <strong>E<strong>in</strong></strong>fahrt <strong>in</strong> den Hof mündete,<br />

war, wie fast durchgängig <strong>in</strong> guten Häusern des Südens, e<strong>in</strong> Gitterthor<br />

von zierlich verschlungenen Schmiedeisenstäbchen angebracht,<br />

das den Blick <strong>in</strong> den Hof von der Straße aus erlaubt. Der Spr<strong>in</strong>gbrunnen<br />

war sehr kle<strong>in</strong> mit achteckigem Becken aus blau und weißen Fayenceplatten,<br />

und vier kle<strong>in</strong>e broncene Seepferde spieen die munteren Wasserstrahlen<br />

aus. Das Haus mußte sehr alt se<strong>in</strong>, denn bei genauer Durchsicht<br />

fanden wir später <strong>in</strong> den Zimmern sehr schöne, alle bunt bemalte<br />

Balkendecken mit Ornamenten, bei denen die arabische Überlieferung<br />

unverkennbar war; e<strong>in</strong>e allerliebste Azotea oder Terrasse zu oberst auf<br />

dem Hause wurde von uns häufig erstiegen der herrlichen Aussicht wegen.<br />

Obgleich uns der Wirth des Gasthofes aufs Freundlichste empf<strong>in</strong>g,<br />

so bedauerte er doch, uns für heute nur e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Stube <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em h<strong>in</strong>tern<br />

W<strong>in</strong>kel se<strong>in</strong>es Gasthofs geben zu können, da ausnahmsweise heute<br />

Morgen mehrere Fremden gekommen seien, und fast se<strong>in</strong> ganzes Haus<br />

durch den Pr<strong>in</strong>zen von Jo<strong>in</strong>ville, der mit Gemahl<strong>in</strong>, K<strong>in</strong>dern und Dienerschaft<br />

schon fast vierzehn Tage da sei, <strong>in</strong> Anspruch genommen war.<br />

Doch versprach er uns morgen e<strong>in</strong>e andere Wohnung, und zwar <strong>in</strong> dem<br />

reizenden Hofe selbst, wo wir abgestiegen. Unser vortrefflicher Hombre<br />

valiente wollte heute Abend Cordova noch verlassen, um <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em benachbarten<br />

Meierhofe, wo er bekannt war, die Nacht zuzubr<strong>in</strong>gen. Auf<br />

se<strong>in</strong> Verlangen stellten wir ihm e<strong>in</strong> vortreffliches Zeugniß, und zwar <strong>in</strong><br />

spanischer, deutscher und französischer Sprache aus, wor<strong>in</strong> er uns be-<br />

KAPITEL 19. NACH CORDOVA 307<br />

sonders bat, se<strong>in</strong>e Zuverlässigkeit und se<strong>in</strong>en Muth nicht unerwähnt zu<br />

lassen. Bis ans Thor des Gasthofs gaben wir ihm auch das Geleite, und<br />

als er mit se<strong>in</strong>en vier Thieren die enge Straße h<strong>in</strong>abkletterte, überschlich<br />

mich, ich möchte fast sagen, e<strong>in</strong> wehmüthiges Gefühl. Voraussichtlich<br />

war die Reise von Granada hieher die letzte Reittour, die wir <strong>in</strong> <strong>Spanien</strong><br />

machen würden, hatten wir doch sowohl <strong>in</strong> der Mancha als auch<br />

<strong>in</strong> Andalusien hoch zu Roß sitzend mit unsere angenehmsten Reisetage<br />

erlebt.<br />

Am andern Morgen verließen wir zeitig unsern Gasthof, um e<strong>in</strong>e<br />

Wanderung durch die Straßen Cordovas zu machen. Dieselbe Ruhe und<br />

Stille, die über dem weiten Weichbilde der Stadt liegt, das Ru<strong>in</strong>enhafte<br />

und Verlassene, das uns dort überall entgegentrat, fanden wir auch hier<br />

<strong>in</strong> den engen Gassen wieder. Cordova er<strong>in</strong>nert mehr noch als Granada<br />

an se<strong>in</strong>e arabischen Erbauer. Hier ist Alles maurisch, die Straßen s<strong>in</strong>d<br />

eng und gewunden, um die heißen Sonnenstrahlen abzuhalten; an den<br />

Häusern erblickt man fast überall arabische, reich verzierte Portale und<br />

Friese und Bögen, die zu ihnen passen; uralte Marmorsäulen <strong>in</strong> Masse<br />

s<strong>in</strong>d überall h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> verbaut, bald hoch oben luftige Bogengänge bildend,<br />

bald unten an dem Hause zu arabischen Vorhallen zusammengereiht,<br />

oder Arcaden unterstützend, die im Innern der Gebäude um die stillen<br />

schattigen Patios herumlaufen. Aber wenigstens drei Viertheile jener<br />

ehemaligen Pracht ist verfallen. In vielen Straßen wuchert das Gras<br />

auf dem Pflaster und nicken üppige Schl<strong>in</strong>gpflanzen freundlich von den<br />

moosbedeckten Dächern herab. An Thorwegen fehlen die Thürflügel, an<br />

ehemals reichen Balcons die zierlichen Geländer; zerborstene Treppenstufen<br />

erschweren hie und da den <strong>E<strong>in</strong></strong>gang <strong>in</strong> das Innere von Gebäuden,<br />

deren Fundamente gewichen s<strong>in</strong>d und die den <strong>E<strong>in</strong></strong>sturz drohen. Freilich<br />

gibt es auch Straßen, deren Häuser besser erhalten s<strong>in</strong>d; so die, <strong>in</strong> welcher<br />

unser Gasthof lag, doch geben auch hier unzählige verschlossene<br />

Fensterladen und die tiefe Stille, die über Alles brütet, dem Anblick der<br />

Stadt etwas Gespensterhaftes. Am traurigsten und verlassensten ist die<br />

ehemals wirklich prachtvolle Plaza major, jetzt Plaza de la Constitucion.<br />

Es ist dieß der Hauptplatz der Stadt, den <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em regelmäßigen Viereck<br />

große stattliche Häuser umgeben, die unten mit Arcaden versehen<br />

s<strong>in</strong>d. <strong>E<strong>in</strong></strong>stens waren diese bestimmt, reiche Waarenlager aufzunehmen,

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