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Ein Winter in Spanien Zweiter Band - Friedrich Wilhelm Hackländer

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272 HACKLÄNDER: EIN WINTER IN SPANIEN<br />

großen Wasserbass<strong>in</strong>s, die aber leer waren und ebenfalls halb zertrümmert.<br />

Bei e<strong>in</strong>er Biegung um das Gehölz aber hielten wir mit e<strong>in</strong>em Ausruf<br />

der Überraschung an, denn vor uns zeigte sich e<strong>in</strong> breiter Weg, der<br />

von e<strong>in</strong>er kolossalen Lorbeerlaube überwölbt war, an beiden Seiten mit<br />

fortlaufenden Ste<strong>in</strong>bänken besetzt und gerade auf e<strong>in</strong> Gebäude führte,<br />

das an Zierlichkeit und Reichthum mit dem schönsten auf der Alhambra<br />

wetteifern kann. Es war e<strong>in</strong> maurischer Pavillon mit e<strong>in</strong>er gewölbten<br />

Vorhalle, die auf vier schlanken Säulen ruhte und e<strong>in</strong>e Loggia mit<br />

Bogen darüber. H<strong>in</strong>ter der Halle befand sich e<strong>in</strong> großer Salon mit e<strong>in</strong>em<br />

Mittelfenster als Ajimez und zwei kle<strong>in</strong>en zu beiden Seiten von derselben<br />

reichen und zierlichen Construktion, wie die im Saale des Komares.<br />

Die hufeisenförmige <strong>E<strong>in</strong></strong>gangsthüre war reich mit Inschriften versehen<br />

und prachtvolle Azulejos bedeckten den untern Theil der Wände, und<br />

die übrigen obern Felder waren wie die schönen Gemächer der Alhambra,<br />

mit reichen Basreliefarabesken verziert. Dieß kle<strong>in</strong>e Haus, sowie der<br />

wahrhaft poetische Garten, sehr an die Gesammtanlage der Xeneralife<br />

er<strong>in</strong>nernd, wäre mit wenig Kosten zu restauriren und gäbe e<strong>in</strong>e köstliche<br />

Wohnung. Ich habe die Casa de Boabdil nur <strong>in</strong> Griault de Prangey’s<br />

Werke erwähnt gefunden; Baumeister Le<strong>in</strong>s, der von der Form<br />

und Ausführung entzückt war, zeichnete das Ganze und e<strong>in</strong>ige Details,<br />

wobei ich ihm so gut als möglich half, <strong>in</strong>dem ich Pflanzenpapier auf<br />

die Wände heftete und dann mit dem Bleistifte den unbeschreiblich verschlungenen<br />

und <strong>in</strong> unglaublich kle<strong>in</strong>em Maßstab ausgeführten Zeichnungen<br />

der Fayenceplatten folgte. Auch s<strong>in</strong>d das uns heute noch liebe<br />

Andenken, man kann aber auch nichts Zierlicheres und dabei <strong>in</strong> der<br />

Form Strengeres sehen.<br />

Wir hatten <strong>in</strong> Granada nicht das Glück, öffentliche Feste, wie Stiergefechte<br />

oder stark besuchte Theatervorstellungen zu sehen, denn zu den<br />

ersteren war die Saison noch nicht angebrochen und letztere meistens<br />

leer, da die Oper schlecht und das Ballet ziemlich mittelmäßig war. <strong>E<strong>in</strong></strong>e<br />

wohlbeleibte Tänzer<strong>in</strong>, Sennora Vargas, arbeitete mit wenig Grazie, aber<br />

außerordentlicher Körperkraft. Sie warf die Füße und Arme von sich, als<br />

hätte sie sich derselben entledigen wollen, und ließ uns Blicke <strong>in</strong> ihr spanisches<br />

Innere thun, welche alles bisher Gesehene <strong>in</strong> jeder H<strong>in</strong>sicht weit<br />

übertrafen. Pepita de Oliva, die hie und da bei uns durch ihren Tanz e<strong>in</strong>i-<br />

KAPITEL 18. GRANADA. 273<br />

gen Anstoß erregte, hätte dagegen für e<strong>in</strong>e wahre Vestal<strong>in</strong> gegolten. Obgleich<br />

Sennora Vargas, – dieser Name ist übersetzbar und bedeutet im<br />

Spanischen e<strong>in</strong>en Zerschläger, e<strong>in</strong>e Bezeichnung, welche für diese Dame<br />

recht passend war – bei den männlichen Zuschauern e<strong>in</strong>e große Partei<br />

hatte, welche sie auch mit Kränzen und Blumen bediente, so waren<br />

doch die Damen nie stark vertreten, weßhalb wir hier nicht das Glück<br />

hatten, e<strong>in</strong>en gewählten Kreis der schönen Andalusier<strong>in</strong>nen zu sehen.<br />

Wir wurden aber dafür bei dem Feste entschädigt, welches zu Ehren der<br />

heiligen Cäcilie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Wallfahrt nach der Kirche des Sacro Monte bestand,<br />

und der wir uns, wie viele Hunderte anderer Spaziergänger anschlossen.<br />

Der Weg führte uns aufwärts durch die Darroschlucht zum<br />

Albayc<strong>in</strong>, wo sich noch e<strong>in</strong>ige sehr schön und vollkommen erhaltene<br />

maurische Wohnhäuser mit reizenden Höfen versehen bef<strong>in</strong>den; worunter<br />

das Haus Chapie besondere Erwähnung verdient; im Übrigen ist<br />

diese ehemalige Rittervorstadt, namentlich der Theil, der der Alhambra<br />

zugekehrt liegt, e<strong>in</strong> trauriger Schutthaufen, und nur malerisch und<br />

<strong>in</strong>teressant durch die vielen seltsamen Wohnungen der hier hausenden<br />

Zigeuner. Die meisten leben <strong>in</strong> Erd- und Felsenhöhlen am Abhange des<br />

Berges, wo sie vor dem <strong>E<strong>in</strong></strong>gang e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Mauer von Ste<strong>in</strong>en aufgeführt<br />

haben mit e<strong>in</strong>er Hausthür und e<strong>in</strong>em Vordach aus alten Brettern,<br />

Ste<strong>in</strong>en und Rasenstücken bestehend; andere haben sich auf die kunstloseste<br />

Art Lehmhütten gebaut, bei denen die Fenster als verschwenderisch<br />

vermieden s<strong>in</strong>d und der Rauch zum Dach oder zur Thüre h<strong>in</strong>aus<br />

dr<strong>in</strong>gt, die freundliche Vegetation aber, welche ganz Granada schmückt,<br />

hat sich auch der Zigeunervorstadt freundlich angenommen und Armuth,<br />

Schmutz und Elend mit freundlichem Grün zugedeckt. Lorbeeren<br />

und Granaten nicken überall zwischen den Ste<strong>in</strong>en und Erdhütten<br />

herab, riesenhafte Aloen mit hohem Blüthenstengel bilden die Verzierungen<br />

und mannshohe Cactushecken, mit den hellgrünen stachelichten<br />

Blättern gewähren undurchdr<strong>in</strong>gliche Mauern.<br />

Der Himmel blickt klar und heiter auf das Fest der Wallfahrt herab.<br />

Durch den Albayc<strong>in</strong> erreichten wir wieder das steile Ufer des Darro,<br />

der tief unten <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Schlucht dah<strong>in</strong> brauste, und gegenüber erhob<br />

sich der grün bewachsene Bergabhang, auf dem Alhambra und Xeneralife<br />

liegen, e<strong>in</strong> Anblick, wie von überall, so auch von dieser Seite ent-

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