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Ein Winter in Spanien Zweiter Band - Friedrich Wilhelm Hackländer

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188 HACKLÄNDER: EIN WINTER IN SPANIEN<br />

sie also <strong>in</strong> Baylen liegen bleiben müßten, wenn sie nicht mit dem heutigen<br />

Wagen ihre Reise fortsetzten. Auch der treulose Le<strong>in</strong>s hatte darauf<br />

h<strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Platz bis Baylen gekauft, was wir ihm im Grunde nicht übel<br />

nehmen konnten, denn wie wir jetzt erfuhren, hatten weder er noch die<br />

andern geglaubt, uns <strong>in</strong> Val de Penas so bald und heil und gesund anzutreffen.<br />

Das alles verstimmte mich so, daß ich mich ziemlich erbost <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em<br />

Bette herumwarf und den Drei e<strong>in</strong>e glückliche Reise, aber auch<br />

sonst noch allerlei wünschte, was ich hier nicht wiederholen mag. Was<br />

sie uns unter bewandten Umständen Gutes thun konnten, das geschah<br />

<strong>in</strong> höchster Eile; Horschelt ließ unsere sehr zusammengeschwundene<br />

Reisekasse auffrischen und nahm von Herrn St. e<strong>in</strong> Paket guter Cigarren,<br />

welche dieser für uns zurückließ. Drunten fluchte unterdessen der<br />

Mayoral im Vere<strong>in</strong> mit Zagal und Delantero; die Maulthiere schüttelten<br />

sich und stampften mit den Füßen, und das Schicksal, roh und kalt, ließ<br />

uns alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> Santa Cruz zurück, frierend auf ärmlichem Lager, während<br />

unsere Bekannten wenige Augenblicke nachher im vollen Galopp von<br />

zwölf Maulthieren dem Gebirge entgegen fuhren. Horschelt, der noch<br />

an’s Fenster sprang, sah ihnen kopfschüttelnd nach, dann kroch er auch<br />

wieder unter se<strong>in</strong>e Manta, worauf wir uns bis zum heranbrechenden<br />

Morgen allerlei tröstlichen Gesprächen h<strong>in</strong>gaben.<br />

Glücklicherweise hatten wir Beide vortrefflich geschlafen, auch war<br />

die Sonne so freundlich, sich sehen zu lassen und uns e<strong>in</strong>en Strahl ihres<br />

lieben Lichtes zu spenden. Waren wir doch glücklich bis hieher gekommen<br />

und hofften auch, die Sierra Morena ebenso zu überschreiten. Wir<br />

kleideten uns an, g<strong>in</strong>gen <strong>in</strong> die allgeme<strong>in</strong>e Halle h<strong>in</strong>ab, wo uns das prasselnde<br />

Feuer recht wohl that, nahmen unsere Chokolade und hielten<br />

mit Don Alonso e<strong>in</strong>en Kriegsrath über unsere Weiterreise. Nach se<strong>in</strong>er<br />

Aussage waren die guten Pferde, von denen uns Herr St. gesprochen,<br />

<strong>in</strong> Santa Cruz gar nicht vorhanden. – In Gottes Namen, wenn wir auch<br />

weniger gute bekommen. Auch diese fehlen, wie uns der Ventero versicherte.<br />

Aber e<strong>in</strong> vortreffliches Maulthier? fragten wir. – Abermaliges<br />

Kopfschütteln. Nun denn e<strong>in</strong> Maulthier wie es gerade ist. Auch e<strong>in</strong> solches<br />

war nicht zu bekommen, und nach langem H<strong>in</strong>- und Herreden sahen<br />

wir denn zu unserer unangenehmen Überraschung e<strong>in</strong>, daß es nur<br />

KAPITEL 16. EIN RITT NACH ANDALUSIEN. 189<br />

zwei Arten des Fortkommens für uns gäbe: per pedes ap0st0lorum oder<br />

zu Esel, – zu sehr kle<strong>in</strong>em Esel, zu Esel, wie sie bei uns die Säcke aus<br />

der Mühle tragen. Wir sahen uns e<strong>in</strong>en Augenblick an, hatten aber, Gott<br />

sei Dank, Humor genug, laut h<strong>in</strong>auszulachen. Wir wollten nach Santa<br />

Elena, auf die Höhe des Gebirges, und glücklicher Weise fand sich e<strong>in</strong>e<br />

Familie von dort, die mit vier leeren Eseln zurückg<strong>in</strong>g. Um e<strong>in</strong>en recht<br />

mäßigen Preis mietheten wir dieselben, zwei wurden für unser Gepäck<br />

bestimmt, die andern zur Ehre, uns zu tragen.<br />

Wir zahlten unsere Zeche und nahmen Abschied von Don Alonso,<br />

der uns noch die gute Lehre: man muß <strong>in</strong> der Welt immer zufrieden<br />

se<strong>in</strong>, mit auf den Weg gab und durch e<strong>in</strong> vortreffliches Beispiel vor Augen<br />

führte. Als wir nämlich aufsitzen wollten, kam e<strong>in</strong> Reiter auf gutem<br />

Maulthier bei der Venta vorüber. Wenn wir nur solche Thiere bekommen<br />

könnten! sagte ich seufzend, hatte aber kaum ausgesprochen, als<br />

das Maulthier über e<strong>in</strong>en Ste<strong>in</strong> stolperte, auf die Knie fiel und se<strong>in</strong>en<br />

Reiter unsanft von sich abwarf.<br />

Unsere Esel hatten weder Zaum noch Halfterstrick, weder Steigbügel<br />

noch Sattel. Die Stelle des letzteren vertrat e<strong>in</strong> breites hölzernes Gestell<br />

mit aufgeschnalltem Strohkissen, das aber zu breit war, um sich rittl<strong>in</strong>gs<br />

darauf setzen zu können, wir mußten es deßhalb so besteigen, daß wir<br />

beide Füße nach e<strong>in</strong>er Seite herunterhängen ließen und nun streben, das<br />

Gleichgewicht so gut wie möglich zu behalten. Als alles aufgepackt war<br />

und wir ebenfalls, stachelte unser Führer die Esel nach der Reihe mit e<strong>in</strong>em<br />

spitzigen Stocke an e<strong>in</strong>en unnennbaren Theil ihrer Körper, und fort<br />

liefen die kle<strong>in</strong>en Thiere, so fl<strong>in</strong>k und behende, dabei aber mit so komischem<br />

Kopfnicken, daß ich, der noch obendre<strong>in</strong> den Maler mit se<strong>in</strong>en<br />

langen Be<strong>in</strong>en, die fast den Boden berührten, vor mir hatte, <strong>in</strong> e<strong>in</strong> lautes<br />

Gelächter ausbrechen mußte.<br />

Wenn man bei dieser Art zu reiten e<strong>in</strong>mal die Befürchtung überwunden<br />

hat, daß man rückwärts vom Esel fallen könne und sich auf dem<br />

Sitz etwas heimisch fühlt, so f<strong>in</strong>det man die Bewegung der Thiere gar<br />

nicht unangenehm; man spürt kaum ihren sanften Trab und kommt dabei<br />

mit e<strong>in</strong>er fast unbegreiflichen Schnelligkeit von der Stelle. Die Thiere<br />

machen kle<strong>in</strong>e gleichförmige Schritte, aber unermüdlich, unaufhörlich.<br />

Betrachtet man e<strong>in</strong>en Gegenstand an der Straße, so glaubt man natürli-

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