Ein Winter in Spanien Zweiter Band - Friedrich Wilhelm Hackländer
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232 HACKLÄNDER: EIN WINTER IN SPANIEN<br />
und wenn sich auch vielleicht der Berichterstatter Ausschmückungen<br />
erlaubt, so lernt man doch die damalige glänzende Zeit, sowie die Parteispaltungen<br />
<strong>in</strong> der maurischen Königsstadt kennen, welche hauptsächlich<br />
Schuld an ihrem schnellen Untergange waren.<br />
Im Monat September, so erzählt der Araber, nach dem Ramadan, als<br />
die Fastenzeit geendigt war, befahl der König, aus dem Gebirge von<br />
Ronda vierundzwanzig auserlesene Stiere zu holen. Der Platz von Vivarrambla<br />
war zubereitet für die Feierlichkeit, und der König, begleitet<br />
von vielen Rittern besetzte den königlichen Erker, der zu diesem<br />
Zwecke ausersehen worden. Die König<strong>in</strong> mit ihrem Damengefolge nahm<br />
ihren Sitz auf e<strong>in</strong>em andern Erker von eben der <strong>E<strong>in</strong></strong>richtung wie des Königs.<br />
Alle Fenster am Vivarrambla waren voll schöner Damen; und aus<br />
dem Reiche kamen so viele Leute, daß sich nicht Gerüste und Fenster<br />
genug für sie fanden. Solche Menge Volks war nie gesehen worden bei<br />
e<strong>in</strong>em Feste <strong>in</strong> Granada. Auch von Sevilla und Toledo kamen dazu viele<br />
angesehene maurische Ritter. Bei diesem Feste beschlossen die Zegri,<br />
um ihre Fe<strong>in</strong>de, die Abencerragen, zu reizen, e<strong>in</strong> altes Kennzeichen derselben,<br />
blaue Federbüsche, auf ihre Helme zu nehmen. Fühlen sie sich<br />
verletzt, wie ich hoffe, sagte e<strong>in</strong>er ihrer tapfersten Ritter, Mahomad, so<br />
werden sie schon e<strong>in</strong>en Streit mit uns beg<strong>in</strong>nen; dann werfen wir im<br />
zweiten Gange statt der Rohre spitze Lanzen, und da wäre es e<strong>in</strong> besonderes<br />
Unglück, wenn nicht e<strong>in</strong> Abencerrage fiele.<br />
Des Morgens begannen die Stiergefechte, wobei die Abencerragen<br />
durch ihre Schnelligkeit und Geschicklichkeit Verwunderung erregten.<br />
In allen Fenstern und Altanen war nicht <strong>E<strong>in</strong></strong>e Dame, die ihnen nicht<br />
zärtlich zugethan gewesen wäre. Es ward für ausgemacht gehalten, daß<br />
es im ganzen Reiche nicht e<strong>in</strong>en Abencerragen gäbe, der nicht begünstigt<br />
würde von Damen, und zwar von den angesehensten. Dieß war<br />
der Hauptgrund des tödtlichen Hasses und Neides der Zegri, Gomelen<br />
und Maza. Wahr ists, jede rechnete sich zur Ehre, zum Liebhaber e<strong>in</strong>en<br />
Abencerragen zu haben, und diejenige hielt sich für unglücklich und<br />
ger<strong>in</strong>ger, die ke<strong>in</strong>en hatte; mit großem Rechte: denn nie sah man e<strong>in</strong>en<br />
Abencerragen von üblem Wuchse oder Anstande, nie e<strong>in</strong>en feigen oder<br />
unentschlossenen; alle waren sie leutselig und Freunde des Volkes; niemals<br />
g<strong>in</strong>g der Bedrängte, mochte er se<strong>in</strong>, wer er wollte, ohne Hülfe von<br />
KAPITEL 18. GRANADA. 233<br />
ihnen; selbst den Christen waren sie hold; <strong>in</strong> Person stiegen sie h<strong>in</strong>ab <strong>in</strong><br />
die unterirdischen Kerker, besuchten die christlichen Gefangenen, thaten<br />
ihnen Gutes und schickten ihnen Speisen. Dabei waren sie vor allen<br />
tapfer und gute Reiter. Diese Eigenschaften zusammen machten sie geschätzt<br />
und geliebt im ganzen Reiche. Niemals zeigten sie Furcht, selbst<br />
bei dem Anblicke großer Gefahr. Sie verursachten viel Vergnügen durch<br />
ihren Anblick, da sie auf dem Platze umherritten; Aller, besonders der<br />
Damen Augen waren ihnen zugewandt. Nicht ger<strong>in</strong>ger als sie erschienen<br />
an diesem Tage die Alabezen, die ebenfalls edle Ritter waren. Auch<br />
die Zegri zeigten sich sehr preiswürdig. Geschickt trafen sie den Tag<br />
acht Stiere mit der Lanze, ohne daß <strong>E<strong>in</strong></strong>er von ihnen auch nur etwas aus<br />
dem Sattel gerückt wäre, und die wüthenden Stiere wurden so verwundet,<br />
daß es nicht nöthig ward, ihnen die Kniekehlen zu zerschneiden.<br />
Es mochte e<strong>in</strong> Uhr se<strong>in</strong>, nachdem zwölf Stiere gehetzt waren; da ließ<br />
der König die Hörner und Trompeten erschallen, welches e<strong>in</strong> Zeichen<br />
war, daß sich alle Ritter des Festes auf se<strong>in</strong>em Balkon versammeln sollten.<br />
Sie kamen, und der König, sehr zufrieden mit ihnen, gab e<strong>in</strong>e prächtige<br />
Mahlzeit, dasselbe that die König<strong>in</strong> ihren Damen, die an dem Tage<br />
reich geschmückt und von bewundernswürdiger Schönheit waren. Alle<br />
erschienen prächtig gekleidet, die König<strong>in</strong> mit e<strong>in</strong>em brokatenen Mantel<br />
von unschätzbarem Werthe wegen der vielen e<strong>in</strong>gestickten Edelste<strong>in</strong>e.<br />
Sie hatte e<strong>in</strong>en außerordentlich schönen Kopfschmuck, und vor der Stirne<br />
e<strong>in</strong>e wunderbar künstlich gemachte Rose, <strong>in</strong> deren Mitte e<strong>in</strong> Rub<strong>in</strong><br />
gefaßt, der e<strong>in</strong>e Stadt werth war. Woh<strong>in</strong> sie den Kopf wandte, wurden<br />
die Augen geblendet von dem Glanze des Ste<strong>in</strong>es. Die schöne Darache<br />
war ganz blau gekleidet, ihr Mantel vom fe<strong>in</strong>sten Damast, mit Silberstoff<br />
gefüttert und durchwirkt mit Goldstreifen. An ihrem reichen Kopfputze<br />
hafteten zwei kurze Federn, e<strong>in</strong>e blau, die andere weiß, das bekannte<br />
Zeichen der Abencerragen. In dieser Kleidung war sie so schön, daß<br />
ke<strong>in</strong>e Dame <strong>in</strong> Granada sie übertraf, obgleich es dort zu der Zeit sehr<br />
viele reizende gab und eben so reich geschmückte. Galiane von Almeria<br />
hatte e<strong>in</strong> Kleid von weißem Damast, so köstlich gewirkt, als bisher<br />
noch nicht gesehen war; der Mantel war ausgezackt mit großer Ordnung<br />
und Kunst, gefüttert mit dunklem Brokat; ihr Hauptschmuck besonderer<br />
Art. Man sah deutlich an ihrer Kleidung, daß sie frei war von verlieb-