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Ein Winter in Spanien Zweiter Band - Friedrich Wilhelm Hackländer

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12 HACKLÄNDER: EIN WINTER IN SPANIEN<br />

dafür freilich außerordentlich glänzen und funkeln, aber auch gänzlich<br />

ihr altes, ächtes Ansehen verloren haben.<br />

Sehr reich ist die Armeria an maurischen Waffen, prächtigen Säbeln<br />

und Dolchen, sowie an eigenthümlich geformten und verzierten arabischen<br />

Helmen und Panzern. Von historisch merkwürdigen Stücken sieht<br />

man das Schwert Gonzalvo’s de Cordova, Rüstung und Helm des letzten<br />

Königs von Granada, Boabdil, sowie die Rüstung Pizarro’s und die<br />

Degen von Ferd<strong>in</strong>and Cortez, Carl dem Fünften und Philipp dem Zweiten;<br />

von letzterem ist auch e<strong>in</strong> reich und zierlich gearbeiteter schwarzer<br />

Panzer da. Viele türkische Trophäen, Roßschweife und Waffen hat die<br />

Schlacht von Lepanto geliefert, sowie auch den Turban des Kapudan<br />

Pascha. Interessant ist e<strong>in</strong>e oben mit schwarzem Wachstuch überzogene<br />

grauseidene Tragbahre mit Lehnstuhl, deren sich Karl V. <strong>in</strong> den Feldlagern<br />

bediente, sowie e<strong>in</strong>e große Staatskutsche, welche der Mutter des<br />

großen Kaisers, der tollen Johanna gehört haben soll. <strong>E<strong>in</strong></strong> anderer <strong>in</strong>teressanter<br />

Wagen ist der Ferd<strong>in</strong>and’s des Siebenten, welchen ihm die<br />

Nordprov<strong>in</strong>zen zum Geschenk machten, und der ganz aus blankgefeiltem<br />

Eisen gebaut ist.<br />

Von der Armeria zurückkehrend g<strong>in</strong>gen wir über den <strong>in</strong>nern Schloßplatz,<br />

um an dessen niederer Brustwehr noch e<strong>in</strong>mal den Blick auf die<br />

flache Gegend vor dem Palaste zu werfen.<br />

Die Ebene um Madrid hat etwas von e<strong>in</strong>er Wüste an sich, und wenn<br />

wir hier an dem königlichen Schloß stehen, so fällt uns der Contrast<br />

derselben mit der volkreichen Stadt wohl am lebhaftesten auf. H<strong>in</strong>ter<br />

uns das Gewühl der Volksmenge, das Sausen der Stadt, das Rasseln der<br />

Equipagen, neben uns die prächtigen Gebäude, der Schloßplatz, Plaza<br />

de Oriente, mit se<strong>in</strong>en schönen Fonta<strong>in</strong>en und sehr schlechten Marmorstatuen<br />

und vor uns dagegen e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Brustwehr, die e<strong>in</strong>e hohe, steile<br />

Mauer krönt, über welche h<strong>in</strong>weg die Blicke <strong>in</strong> die traurige, öde Natur<br />

schweifen. Gern kehren wir <strong>in</strong> das Menschengewühl zurück, um e<strong>in</strong>en<br />

Spaziergang durch die Straßen zu machen.<br />

Madrid ist e<strong>in</strong>e große Stadt, die aber, mit Ausnahme weniger Straßen,<br />

nicht viel Großstädtisches hat. Die e<strong>in</strong>zige Alcalà ist prächtig zu<br />

nennen; hier wo die M<strong>in</strong>ister, die vornehmsten Beamten und die fremden<br />

Gesandten wohnen, reiht sich e<strong>in</strong> palastähnliches Gebäude an das<br />

KAPITEL 12. MADRID. 13<br />

andere. Doch ist selbst der Anblick dieser sehr langen und breiten Straße,<br />

trotz dem schönen Abschluß, den sie durch den Triumphbogen Karls<br />

III. an ihrem Ende hat, nicht von großer Wirkung, da sie ebenfalls über<br />

e<strong>in</strong>en Hügel h<strong>in</strong>weggeht, und man daher ihre ganze Länge nicht übersehen<br />

kann. Auch <strong>in</strong> den übrigen Straßen gibt es schöne Paläste genug,<br />

doch stehen sie meistens mit wenigsagender Front <strong>in</strong> den Häuserreihen,<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> die Tiefe h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>gebaut, und zeichnen sich so wenig aus. Im allgeme<strong>in</strong>en<br />

aber wandelt man durch Madrid Straße auf, Straße ab, ziemlich<br />

theilnahmlos an den unendlich langen Häuserreihen vorbei. Alle Gebäude<br />

gleichen sich mehr oder weniger, haben vier bis fünf Stockwerke,<br />

an den Fenstern bef<strong>in</strong>den sich eiserne Balkone, und im Parterre unbedeutende<br />

Laden. In vielen alten Städten bleibt man so gern bald hier,<br />

bald dort stehen, betrachtet sich e<strong>in</strong>en seltsamen Palast, e<strong>in</strong>en prächtigen<br />

Brunnen, e<strong>in</strong>e malerische Straße, eng gewunden, mit dunklen, alterthümlichen<br />

Häusern besetzt, oder man erreicht mit e<strong>in</strong>emmal e<strong>in</strong>en<br />

großen Platz, wo man die schönen Formen e<strong>in</strong>er Kirche anstaunt. In e<strong>in</strong>er<br />

neuen Stadt mit viel Leben und Getreibe kann man sich stundenlang<br />

vor den großen Magaz<strong>in</strong>en angenehm beschäftigen, oder man sianirt<br />

behaglich auf breitem Trottoir. Madrid aber ist weder e<strong>in</strong>e alte Stadt<br />

mit auffallenden Bauwerken, noch e<strong>in</strong>e neue mit glänzenden Magaz<strong>in</strong>en<br />

und schönen Trottoirs, vollends aber ohne besondere Anlässe ke<strong>in</strong>e<br />

Stadt mit spanisch-nationalem Leben.<br />

Auf unsern zahlreichen Wanderungen haben wir nichts merkwürdiges<br />

von alter Architektur gefunden, als <strong>in</strong> der Toledostraße, zunächst<br />

der Plaza de Cebada, den <strong>E<strong>in</strong></strong>gang zu dem Spital der Lat<strong>in</strong>a, wohl das<br />

älteste Portal <strong>in</strong> Madrid und von großem Kunstwerth; überhaupt ist die<br />

ganze Bauart Madrids e<strong>in</strong>e kümmerliche, bloß die Vorderseite des Hauses<br />

ist massiv, alles übrige ist von Fachwerk aufgeführt und sehr h<strong>in</strong>fällig<br />

construirt, da bei der Holzarmuth der Spanier sie dieses aufs Äußerste<br />

sparen, und die Wände so dünn machen, daß sie nur eben halten.<br />

Madrid hat nur breite und gerade Straßen, e<strong>in</strong>gefaßt mit Häusern, welche<br />

vielleicht schön s<strong>in</strong>d nach den Begriffen des Miethers und Vermiethers,<br />

doch könnte Madrid ebenso gut <strong>in</strong> Frankreich, <strong>in</strong> Italien, selbst <strong>in</strong><br />

Deutschland liegen, ohne als Ausländer<strong>in</strong> Aufsehen zu erregen. In Paris<br />

bietet jedes Stadtviertel e<strong>in</strong> eigenes und belebtes Bild, <strong>in</strong> der spanischen

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