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Ein Winter in Spanien Zweiter Band - Friedrich Wilhelm Hackländer

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396 HACKLÄNDER: EIN WINTER IN SPANIEN<br />

Welttheile und zweier großer Meere wahrhaft köstlich und ewig unvergeßlich.<br />

In der Restauration des Wachthauses kauft man zum Andenken an<br />

den Felsen von Gibraltar allerlei hübsche Sachen, welche gemacht s<strong>in</strong>d<br />

aus den agatähnlichen Ste<strong>in</strong>en der Michaelshöhle, die im südlichen Theile<br />

des Felsens liegt und zu welcher wir jetzt h<strong>in</strong>abritten. Vor e<strong>in</strong>em hohen<br />

Felsenthor stiegen wir von den Pferden, unser Führer zündete Fakkeln<br />

an und dann g<strong>in</strong>g es ziemlich steil abwärts. Unten angekommen,<br />

sieht man die natürlichen Felsenmassen sich wie die Kuppeln e<strong>in</strong>es ungeheuren<br />

Domes wölben; von schlanken Säulen unterstützt, die durch<br />

Tropfste<strong>in</strong>gebilde verziert, bald gothischen Pfeilern ähnlich sehen, bald<br />

seltsamen phantastischen Gestalten, bald riesenhaften Baumstämmen<br />

mit weitverzweigten Ästen. Prachtvoll ist von hier aus gesehen die bläuliche<br />

Färbung des Tageslichtes vor dem hier unten nicht sichtbaren <strong>E<strong>in</strong></strong>gange;<br />

an den wild zerrissenen Felswänden beleuchtet es oben grell die<br />

vorspr<strong>in</strong>genden Zacken und zeigt Schlagschatten von wahrhaft abenteuerlichen<br />

Formen. Im H<strong>in</strong>tergrund der Höhle bildet die Fortsetzung<br />

derselben e<strong>in</strong> steil abfallender Felsengang, dessen Ende und Tiefe noch<br />

nie ergründet worden ist. Schon häufig s<strong>in</strong>d englische Offiziere hier auf<br />

Entdeckungsreisen ausgegangen, <strong>in</strong>dem sie an Stricken h<strong>in</strong>abglitten, ohne<br />

e<strong>in</strong> Ende der Höhle zu f<strong>in</strong>den; am weitesten soll der englische General<br />

O’Hara gekommen se<strong>in</strong>, der an der Stelle, wo er endlich ohne Erfolg<br />

umkehren mußte, e<strong>in</strong>en kostbaren Degen h<strong>in</strong>terlegte für e<strong>in</strong>en spätern<br />

Entdecker, der sich aber bis jetzt noch nicht gefunden. Der Sage nach<br />

soll dieser Gang unter dem Meere nach Afrika führen und dort mit e<strong>in</strong>er<br />

Höhle auf dem Affenberge bei Ceuta <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung se<strong>in</strong>. Hiedurch<br />

will man es auch erklären, daß zahlreiche Affenheerden, die man heute<br />

an der Ostseite des Felsens von Gibraltar häufig sieht, morgen spurlos<br />

verschwunden s<strong>in</strong>d, um nach e<strong>in</strong>igen Tagen ebenso plötzlich wieder<br />

zu ersche<strong>in</strong>en. Als wir später zur Stadt zurückkehrten, hielt unser Führer<br />

plötzlich se<strong>in</strong> Pferd an und zeigte nach e<strong>in</strong>er buschigen Stelle des<br />

Felsens. Dort bewegte sich freilich an verschiedenen Stellen etwas und<br />

huschte unter dem Laube h<strong>in</strong> und her, ob es aber afrikanische Affen<br />

oder europäische Hasen waren, darf ich als wahrheitsliebender Reisender<br />

mich nicht unterstehen, zu entscheiden.<br />

KAPITEL 21. NACH GIBRALTAR. 397<br />

Gibraltar hat e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es Theater, welches aber meistens unbenutzt<br />

ist. Zufällig aber traf es sich <strong>in</strong> den Tagen unseres Dortse<strong>in</strong>s, daß die<br />

englischen Offiziere der Garnison zu irgend e<strong>in</strong>em wohlthätigen Zweck<br />

e<strong>in</strong>e Vorstellung veranstalteten. Sie gaben e<strong>in</strong> Schauspiel: Richelieu, ich<br />

glaube e<strong>in</strong>e englische Übersetzung aus dem Französischen. Wir erhielten<br />

<strong>E<strong>in</strong></strong>trittskarten, von denen wir begreiflicherweise Gebrauch machten.<br />

Das Schauspielhaus ist kle<strong>in</strong>, aber freundlich, und war mit e<strong>in</strong>er<br />

gewählten Gesellschaft besetzt. Zwischen blonden englischen Damen<br />

<strong>in</strong> großer Toilette sahen wir wieder e<strong>in</strong>mal auch schöne schwarzäugige<br />

Spanier<strong>in</strong>nen, und neben den unmalerischen europäischen Fräcken<br />

malerische Trachten aus der Berberei, Mauren im weißen Burnus, die<br />

das seltene Schauspiel und die unverständliche, für sie so harte Sprache<br />

ernsthaft anstaunten. Sehr reich waren die Costüme der Acteurs; an<br />

ächten Frauen agirten nur zwei wirkliche Schauspieler<strong>in</strong>nen, e<strong>in</strong> paar<br />

blutjunge hübsche Offiziere stellten die übrigen Damenrollen dar. Gespielt<br />

wurde im Allgeme<strong>in</strong>en ziemlich gut; auch waren Künstler und<br />

Publikum außerordentlich heiter; für mich ist aber die Er<strong>in</strong>nerung an<br />

jenen Abend e<strong>in</strong>e schmerzliche, denn wie wenige jener frischen lebenslustigen<br />

jungen Leute mag auf den blutgetränkten Schlachtfeldern der<br />

Krimm der unerbittliche Tod verschont haben!

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