Ein Winter in Spanien Zweiter Band - Friedrich Wilhelm Hackländer
Ein Winter in Spanien Zweiter Band - Friedrich Wilhelm Hackländer
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240 HACKLÄNDER: EIN WINTER IN SPANIEN<br />
lar, Don Johann Tchacon und der Alkaide von Donzelles. Nach e<strong>in</strong>em<br />
wilden erbitterten Kampfe tödteten sie die vier Zegri’s und so wurde<br />
die Ehre der König<strong>in</strong> gerettet. –<br />
Nicht umsonst habe ich vor den Augen des Lesers den jetzt stillen<br />
Platz von Vivarrambla mit Gestalten und Bildern der ehemals so glänzenden<br />
Zeit bevölkert; mir selbst tritt an solchen Stellen das Andenken<br />
an e<strong>in</strong>e gewaltige Geschichte, die sich hier abrollte, immer lebhaft vor<br />
die Seele und br<strong>in</strong>gt mich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Stimmung, die mich besonders fähig<br />
macht, was aus jener Zeit noch übrig geblieben ist, mit doppeltem Interesse<br />
zu betrachten. Ich habe nun e<strong>in</strong>mal die glückliche Phantasie, um<br />
mir e<strong>in</strong>bilden zu können, hier auf der Vivarrambla sei soeben e<strong>in</strong> glänzendes<br />
Kampfspiel beendigt, und ich sei umfluthet von dem Gewühl<br />
der Zuschauer und Kämpfer, die nun eilfertig auf allen Seiten dem Platze<br />
entströmen. Vor uns geht es den Zacat<strong>in</strong> h<strong>in</strong>auf, e<strong>in</strong>e enge Straße, auf<br />
beiden Seiten im Erdgeschosse der Häuser mit reichen Gewölben besetzt,<br />
Kaufläden, aus denen heute noch wie damals bunte seidene Stoffe<br />
und goldene Geschmeide flimmern und glänzen. Dort h<strong>in</strong>auf führt der<br />
Weg zur Alhambra und die Straße ist mit e<strong>in</strong>em dichten Menschenstrome,<br />
mit Reitern und Fußgängern angefüllt. Kriegerische Musik erschallt,<br />
die Waffen klirren, die Hufe der Pferde dröhnen auf dem Pflaster und<br />
wenn man so h<strong>in</strong>schaut, erblickt man nichts wie e<strong>in</strong>en bunten leuchtenden<br />
Strom aus zahllosen Farben, aus Gold- und Silberglanz bestehend;<br />
gewaltige Wogen, die sich vor uns h<strong>in</strong>wälzen, und deren Schaumkronen<br />
aus bunten Fähnle<strong>in</strong>, wehenden Federbüschen und strahlenden Helmzierden<br />
bestehen. – – Weiterh<strong>in</strong> zieht es über die Plaza nueva und jetzt<br />
erreichen wir die Calle de los Zenetes, so benannt von e<strong>in</strong>em tapfern<br />
maurischen Stamme, der die Leibwache der letzten Könige von Granada<br />
bildete, die hier am Fuße der Alhambra ihre Quartiere hatte, und<br />
die Calle de Gomeles. Mit dem Ende dieser Straße s<strong>in</strong>d wir auch am<br />
diesseitigen Ende der Stadt, am Thor de las Granadas, von den Mauren<br />
Bib-leuxar genannt, von wo der Weg aufwärts nach der Alhambra führt,<br />
angelangt.<br />
Wie es soliden Reisebeschreibern geziemt, wollen wir hier unsere Phantasie<br />
dah<strong>in</strong>ter lassen und mit ihr die Schaaren der glänzenden Reiter,<br />
denen wir his hieher <strong>in</strong> Gedanken gefolgt. Was sollten sie auch droben<br />
KAPITEL 18. GRANADA. 241<br />
thun, die alten edlen Geschlechter, <strong>in</strong> den zerstörten Palästen ihrer Könige?<br />
Gewiß scheuen auch ihre gespenstigen Pferde vor dem christlichen<br />
Kreuze, das auf der Kirche prangt und sie selbst vor dem Palast<br />
des christlichen Königs, dessen Vorfahren sie aus ihrem Paradiese verjagt.<br />
Entlassen ist also unser kriegerisches Traumgefolge, und während<br />
wir die Blicke zurück zur Gegenwart führen, flattert die Farbenpracht,<br />
die uns soeben umgab, Gold und Silber wie e<strong>in</strong> strahlender schillernder<br />
Schaum <strong>in</strong> alle Lüfte, ohne aber für uns zu verschw<strong>in</strong>den, denn über uns<br />
haben wir ja das tiefe Blau des schönen spanischen Himmels; die glänzende<br />
Sonne wirft e<strong>in</strong>e Masse von Gold r<strong>in</strong>gs um uns her und aus dem<br />
dunkeln Grün der Cypressen blicken uns <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er wahren Farbengluth<br />
rechts von der Höhe herab die rothen Thürme, Las torres bermejas entgegen.<br />
Wir s<strong>in</strong>d am Fuße der Alhambra, die Festungsmauern derselben, ven<br />
denen ich schon früher sprach, senken sich hier <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Schlucht h<strong>in</strong>ab,<br />
welche den Cerro de Santa Elena <strong>in</strong> zwei Theile theilt; hoch oben<br />
am Rande dieser Schlucht steht, l<strong>in</strong>ks den zwei rothen Thürmen entsprechend<br />
der Thurm der Vela, um auch von diesseits den <strong>E<strong>in</strong></strong>gang zu<br />
vertheidigen. Das jetzige Thor de las Granadas rührt von Karl V. her, ist<br />
etwas schwerfällig und nicht besonders groß, aber aus ihm lacht uns e<strong>in</strong><br />
herrlicher Garten entgegen.<br />
Wenn man das Thor h<strong>in</strong>ter sich gelassen hat und den Berg h<strong>in</strong>ansteigt,<br />
so glaubt man im ersten Augenblicke nicht mehr <strong>in</strong> <strong>Spanien</strong> zu<br />
se<strong>in</strong>, wo auf Straßen im Allgeme<strong>in</strong>en, sei es auf Chausseen oder auf Wege,<br />
selbst <strong>in</strong> den königlichen Parkanlagen, ke<strong>in</strong>e besondere Sorgfalt verwandt<br />
wird. Der ganze Berg, auf dem die Alhambra liegt, ist mit hochstämmigen<br />
Bäumen; Ulmen, Eichen, Platanen, Lorbeeren und Kastanien<br />
bewachsen und von Wegen durchzogen, die sanft aufwärts führen und<br />
so breit s<strong>in</strong>d, so re<strong>in</strong>lich und gut erhalten, daß sich sogar e<strong>in</strong>e englische<br />
Parkanlage daran nicht zu schämen brauchte. Hier ist man davon überrascht,<br />
entzückt, geblendet. Die Kronen der hohen Bäume, durch welche<br />
der Weg führt, neigen sich oben gegen e<strong>in</strong>ander und bilden e<strong>in</strong>en<br />
dichten Laubgang, der die heiße Sonne abhält, und der bevölkert ist mit<br />
e<strong>in</strong>er Menge lustig s<strong>in</strong>gender Vögel. Zu beiden Seiten an den Stämmen<br />
vorbei ziehen sich Rosenhecken h<strong>in</strong>, die jetzt schon so früh im Jahre mit