Ein Winter in Spanien Zweiter Band - Friedrich Wilhelm Hackländer
Ein Winter in Spanien Zweiter Band - Friedrich Wilhelm Hackländer
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374 HACKLÄNDER: EIN WINTER IN SPANIEN<br />
lich im Kreise davor saßen, unsern Punsch tranken, e<strong>in</strong>e vortreffliche Cigarre<br />
rauchten, und jeder von se<strong>in</strong>er Heimath erzählte. Die Fenster unseres<br />
Speisesaales g<strong>in</strong>gen auf das Ufer der weiten Bai von Cadiz. <strong>E<strong>in</strong></strong>en<br />
wunderbaren Glanz warf der Mond auf den glatten Wasserspiegel, doch<br />
war se<strong>in</strong> Licht nicht hell genug, um uns Cadiz zu zeigen, dessen weiße<br />
Mauern mit leichtem Nebel, Dunst und dem zitternden Schimmer des<br />
Mondes zusammenschmolzen; aber trotzdem war die große glänzende<br />
Wasserfläche <strong>in</strong> stiller Nacht unbeschreiblich schön.<br />
Am andern Morgen fuhren zwei unserer Reisebegleiter mit dem ersten<br />
Dampfer nach Cadiz zurück, Horschelt und ich blieben bis zur<br />
zweiten Fahrt zurück, unser Maler, um e<strong>in</strong>ige <strong>in</strong>teressante Gegenstände<br />
zu zeichnen, ich aber, um dem preußischen Generalconsul für <strong>Spanien</strong><br />
und Portugal, Freiherrn v. M<strong>in</strong>utoli, der die Zeit des Frühjahrs mit se<strong>in</strong>er<br />
Familie <strong>in</strong> Puerto de Santa Maria zubr<strong>in</strong>gt, me<strong>in</strong>en Besuch zu machen.<br />
Leider fand ich diesen hochverehrten Herrn, den Verfasser der vortrefflichen<br />
statistischen Werke über <strong>Spanien</strong> und Portugal, sowie e<strong>in</strong>es sehr<br />
<strong>in</strong>teressanten Buches, welches er erst später ersche<strong>in</strong>en ließ: Altes und<br />
Neues aus <strong>Spanien</strong>, nicht zu Hause, da er <strong>in</strong> Geschäften nach Cadiz gegangen<br />
war. Doch hatte ich am folgenden Tage das große Vergnügen,<br />
Herrn v. M<strong>in</strong>utoli bei uns zu sehen, und mich mit diesem geistreichen<br />
und hochgebildeten Manne e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Stunde zu unterhalten.<br />
Da demnach me<strong>in</strong> verlängerter Aufenthalt <strong>in</strong> Puerto verfehlt war,<br />
und ich nicht wußte, wo Horschelt se<strong>in</strong> Atelier aufgeschlagen hatte, so<br />
setzte ich mich nicht weit vom Ufer der Bai <strong>in</strong> e<strong>in</strong> reizendes Lorbeerrondell,<br />
<strong>in</strong> dessen Mitte e<strong>in</strong> großer Spr<strong>in</strong>gbrunnen stand, und genoß des<br />
so angenehmen, frischen und klaren Morgens. Das Wasser der Bai vor<br />
mir war leicht gekräuselt und glänzte wie goldgeschuppt. Wenn es auch<br />
am Gestade heller erschien, so hatte es doch weiter h<strong>in</strong>aus wieder dieselbe<br />
tiefblaue Farbe, die uns bei der Ankunft vor Cadiz schon so entzückte.<br />
Dabei war das Wasser heute so belebt von zahllosen Fahrzeugen,<br />
welche die Bai nach allen Richtungen durchschnitten, und deren weiße<br />
Segel der frische Morgenw<strong>in</strong>d blähte. Auf diesem prachtvollen H<strong>in</strong>tergrunde<br />
bot nun das Lorbeergebüsch mit se<strong>in</strong>em Brunnen, an dem ich<br />
saß, e<strong>in</strong> ganz eigenthümliches und <strong>in</strong>teressantes Bild. Die Sonne glitzerte<br />
und strahlte durch die dunkelgrünen Blätter und glänzte so prächtig<br />
KAPITEL 21. NACH GIBRALTAR. 375<br />
auf die herabfallenden Wassertropfen. Anfänglich war ich mit me<strong>in</strong>en<br />
Gedanken alle<strong>in</strong>, dann aber setzte sich auf dem andern Ende der Bank,<br />
auf der ich mich befand, e<strong>in</strong> sehr ärmlich gekleideter Neger, der nach<br />
e<strong>in</strong>er höflichen Frage, ob er mir nicht lästig sei, anf<strong>in</strong>g e<strong>in</strong> halbes Dutzend<br />
Stiefel zu putzen. Von da an wurde der Brunnen auf e<strong>in</strong>e höchst<br />
eigenthümliche Art belebt, er schien nämlich e<strong>in</strong>e Tränke für sämmtliche<br />
lebende Wesen von Santa Maria zu se<strong>in</strong>, den Anfang machte der<br />
Neger, der mit der hohlen Hand aus der Schale schöpfte und trank; ihm<br />
folgten e<strong>in</strong> paar kle<strong>in</strong>e Buben, die des Weges daher schlenderten, und<br />
die e<strong>in</strong>ander, nachdem sie satt getrunken waren, mit Wasser bespritzten,<br />
wie das nun nicht anders se<strong>in</strong> konnte. <strong>E<strong>in</strong></strong> paar Hunde, die nun von verschiedenen<br />
Seiten erschienen, drückten zuerst durch Schwanzwedeln<br />
die Freude des Wiedersehens aus, beschnüffelten sich auf herkömmliche<br />
Weise und labten sich dann ebenfalls an e<strong>in</strong>em frischen Trunk. Darnach<br />
erschienen Arbeiter aus e<strong>in</strong>er benachbarten Werkstätte, von denen<br />
sich e<strong>in</strong>ige ihrer Faust bedienten, wie der Neger und die Buben, e<strong>in</strong>er<br />
aber e<strong>in</strong>en hölzernen Becher hervorzog, was dem Schwarzen so gefiel,<br />
daß er auch daraus zu tr<strong>in</strong>ken wünschte. Zwischen h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> flogen auch<br />
Vögel zutraulich durch die Lorbeerwand, setzten sich auf die Brunnenschale<br />
und steckten ihre Schnäbel <strong>in</strong> das kühle Naß; alles aber entfernte<br />
sich sogleich, nachdem der Durst gelöscht war, die Hunde scharrend<br />
und wedelnd, die Männer, nachdem sie e<strong>in</strong>ige Worte mit dem Neger gesprochen,<br />
die Buben, nachdem sie sich gehörig gepufft, und die Vögel<br />
strichen erst ihre Federn mit dem Schnabel glatt, ehe sie davon flogen.<br />
Endlich hatte der Schwarze se<strong>in</strong>e Stiefel blank geputzt, h<strong>in</strong>g sie an e<strong>in</strong>en<br />
Stock und entfernte sich, nicht, ohne mich vorher freundlich zu grüßen.<br />
Dann war ich wieder alle<strong>in</strong> mit me<strong>in</strong>en Phantasieen, mit dem Lorbeergebüsch,<br />
dem murmelnden Spr<strong>in</strong>gbrunnen und den glitzernden Sonnenstrahlen,<br />
bis me<strong>in</strong> großer Maler erschien, se<strong>in</strong>e Mappe unter dem Arm<br />
und mir sagte, daß das Dampfboot sogleich abfahren werde. <strong>E<strong>in</strong></strong>e kle<strong>in</strong>e<br />
Stunde darauf waren wir wieder zurück <strong>in</strong> Cadiz.<br />
Obgleich wir die ersten beiden Tage schönes Wetter hatten, so erlebten<br />
wir den dritten Tag e<strong>in</strong>en Sturm, der <strong>in</strong> der Nacht so arg um unser<br />
am Meer gelegenes Haus raste, daß die Lichter fast auslöschen wollten,<br />
trotz Glasfenstern und Läden, und diese klapperten und seufzten so,