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Ein Winter in Spanien Zweiter Band - Friedrich Wilhelm Hackländer

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Kapitel 20<br />

Sevilla.<br />

Ecija. Sandwege. Ansicht von Sevilla. Die lustige Stadt. <strong>E<strong>in</strong></strong>richtung der Häuser. Unser<br />

Gasthof. Spaziergänge. Die Kathedrale. Der Alcazar. Das Haus des Pilatus. Die große<br />

Tabakfabrik. Der Carneval <strong>in</strong> Sevilla. <strong>E<strong>in</strong></strong>e Tertulla <strong>in</strong> Triana.<br />

Am andern Tage dachten wir daran, die alte Kalifenstadt zu verlassen;<br />

die Diligence von Madrid nach Sevilla kam ungefähr um zehn Uhr<br />

Morgens an, um nach e<strong>in</strong>er Rast von sechs Stunden weiter zu fahren.<br />

Wir ließen auf der Post drei Plätze für uns belegen und <strong>in</strong> guter Erwartung,<br />

daß der Wagen nicht besetzt sei, packten wir unsere Koffer zusammen<br />

und rüsteten uns zum Aufbruch. Glücklicher Weise waren mit der<br />

Diligence nur zwei Passagiere gekommen, so daß wir nicht nur unsere<br />

drei Plätze, sondern sogar die Berl<strong>in</strong>e erhalten konnten, e<strong>in</strong> Zufall, für<br />

den wir sehr dankbar waren. Nach freundlichem Abschied von unserm<br />

Wirthe bestiegen wir Nachmittags den Eilwagen, der wegen der anfänglich<br />

guten Chaussee nur mit sechs Maulthieren bespannt war. Die Straße<br />

von Cordova nach Sevilla führt mitten durch die große Ebene, welche<br />

die Sierra Nevada von der Sierra Morena scheidet, den Guadalquivir<br />

haben wir beständig zur Rechten auf e<strong>in</strong>e Entfernung von drei bis vier<br />

Stunden. Es war schon dunkel, als wir durch die Ansiedelung La Carlota<br />

fuhren, welche wie La Carol<strong>in</strong>a von ehemaligen deutschen Auswanderern<br />

bevölkert ist; Ackerbau, Feld- und Stierzucht ist hier sehr blühend<br />

und zeigt, was fleißige Hände zu leisten im Stande s<strong>in</strong>d. Gegen Mitternacht<br />

fuhren wir ziemlich lange abwärts und erreichten endlich unsern<br />

Bekannten aus Granada, den Xenil wieder, der hier nicht weit von der<br />

alten berühmten Maurenstadt Ecija <strong>in</strong> den Gualdalquivir mündet. Obgleich<br />

wir hier e<strong>in</strong> paar Stunden rasteten, auch der Mond so freundlich<br />

KAPITEL 20. SEVILLA. 335<br />

war, uns zu leuchten, so konnten wir doch leider nicht viel von der <strong>in</strong>teressanten<br />

Stadt sehen, von der Hailbronner <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em reizenden Buche<br />

Morgenland und Abendland sagt: »Schon der ganze äußere Anblick dieser<br />

Stadt hatte mich im höchsten Grade frappirt, und diese vielen Thürme,<br />

halb gothisch, halb arabisch, dort gleich der Giralda a jour durchbrochen,<br />

hier e<strong>in</strong>e aufgesetzte Glockenspitze, dort maurische Lasurmosaik,<br />

hier gothische Schnörkelformen, alles gemalt und wunderbarlich, das<br />

M<strong>in</strong>aret überall mit den kle<strong>in</strong>en Säulenverzierungen, mit dem Ernst des<br />

christlichen Campanile verbunden. Und diese arabischen Moscheenbögen<br />

und Säulengänge, dann alle Häuser, selbst die allerkle<strong>in</strong>sten, mit<br />

dem niedlichsten Patiogitter, und das orientalische Leben, alles an den<br />

Gitterfenstern, <strong>in</strong> den Fonta<strong>in</strong>enhöfen; und wieder diese Mantilla’s, diese<br />

Augen, diese Schönheit, wodurch Ecija selbst <strong>in</strong> Andalusien berühmt<br />

ist, alles eigenthümlich, alles reizend, so daß ich oft s<strong>in</strong>nend stehen blieb,<br />

ob ich mich denn wirklich <strong>in</strong> Europa befände. So zog ich fort durch<br />

die lange Hauptstraße, als ich mich plötzlich auf dem Marktplatze der<br />

Stadt befand, der so ganz, aber auch <strong>in</strong> allen Theilen maurisch ist, daß<br />

ich mich nicht er<strong>in</strong>nere, selbst im Orient etwas Ähnliches gefunden zu<br />

haben. Hier kann man sich e<strong>in</strong>e vollständige Vorstellung von dem Leben<br />

der ehemaligen Besitzer machen, nur s<strong>in</strong>d die Schranken des Harems<br />

gefallen, und die meistens dreistöckigen Häuser zeigen ihre Arkaden<br />

offen, die durchaus von arabischen weißen Marmorsäulen getragen<br />

werden und als Vorhalle und Schutz für die h<strong>in</strong>ten liegenden Zimmer<br />

dienen. Man kann sich ke<strong>in</strong>e Idee von der Zierlichkeit machen, welche<br />

diese unzähligen Säulchen, diese Bögen, die vielen, noch sehr gut erhaltenen<br />

gemalten Wände und Bovedas und die hübschen Arabesken dem<br />

ganzen reich belebten Bilde verleihen.<br />

Wir suchten den Marktplatz auf und bewunderten ihn selbst bei der<br />

Dämmerung des flimmernden Mondenlichts. Bald rollten wir weiter<br />

und da uns auch hier wieder e<strong>in</strong>er der Reisenden, der mit uns von Cordova<br />

gekommen, verließ, so konnten wir es uns <strong>in</strong> dem breiten Wagen<br />

bequem machen und Jeder sich zum Schlafen auf e<strong>in</strong>e Bank legen. Da<br />

wir von Ecija aus langsam aufwärts fuhren durch tiefen Sand, wobei<br />

der Wagen angenehm schaukelte, so wiegte selbst mich, der ich bei der<br />

Nachtfahrt selten schlafe, diese angenehme Bewegung <strong>in</strong> festen Schlum-

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