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Ein Winter in Spanien Zweiter Band - Friedrich Wilhelm Hackländer

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394 HACKLÄNDER: EIN WINTER IN SPANIEN<br />

und groß, schrumpft zu e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en See zusammen, während sich<br />

die sonnbeglänzten Weltmeere nach Osten und Westen <strong>in</strong> ihrer Unendlichkeit<br />

ausdehnen. Vierhundert Fuß über der Stadt erreichten wir die<br />

erste Gallerie, wo uns e<strong>in</strong> Sergeant der Artillerie erwartete, um durch<br />

sämmtliche Werke unser Führer zu se<strong>in</strong>. <strong>E<strong>in</strong></strong> schweres festes Thor öffnet<br />

sich vor uns und aus dem blendenden Sonnenlichte treten unsere Pferde<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en schattigen, vielleicht zwanzig Fuß hohen Felsengang, der sich<br />

endlos vor uns auszudehnen sche<strong>in</strong>t und wo das Echo die Hufschläge<br />

dröhnend wiedergibt. Es ist e<strong>in</strong> eigenthümliches Gefühl, durch diese<br />

Batterien zu reiten, und man erstaunt über die Willenskraft der Menschen,<br />

welche durch den harten Fels diese Gänge gehöhlt. Vermittelst<br />

der Schießscharten fällt das Licht here<strong>in</strong>, und wenn diese auch weit und<br />

hoch s<strong>in</strong>d, so braucht man doch nur <strong>in</strong> die schw<strong>in</strong>delnde Tiefe h<strong>in</strong>abzuschauen,<br />

um zu begreifen, daß man von drunten diese Öffnung nicht<br />

entdeckt, selbst nicht die Mündung der Vierundzwanzigpfünder, die<br />

h<strong>in</strong>ausragen. Obgleich die Gänge weit und der Fels über den Batterien<br />

hoch ausgewölbt ist, so soll doch der Pulverdampf, namentlich bei<br />

Nord- und Ostw<strong>in</strong>den, hier leicht unerträglich werden und e<strong>in</strong> anhaltendes<br />

schnelles Schießen sehr erschweren.<br />

Die zweite Gallerie, die man an der Bergwand auf schmalen Zickzackwegen<br />

h<strong>in</strong>aufreitend erreicht, liegt siebenhundert Fuß über dem<br />

Meere und ist die längste. In der Mitte derselben bef<strong>in</strong>det sich die Batterie<br />

Sanct Georg, e<strong>in</strong> großer, <strong>in</strong> den Felsen ausgehauener, runder Salon,<br />

wenn ich nicht irre, mit Vierundsechzigpfündern besetzt, welche nach<br />

beiden Meeren h<strong>in</strong>ausfeuern können; etwas tiefer liegt die Batterie Lord<br />

Granville’s mit sechzigpfündigen Carronaden. Von dieser Gallerie zur<br />

dritten und höchsten, die sich tausend Fuß erhebt, geht es außerhalb des<br />

Felsens lange und ziemlich steil aufwärts, weßhalb sich der begleitende<br />

Sergeant auf die Croupe des Pferdes unseres Lohnbedienten schwang,<br />

um mit dem schnell gehenden Thiere gleichen Schritt halten zu können.<br />

Dieser Lohnbediente, der mich protegirte, hatte mir das beste Pferd gegeben,<br />

e<strong>in</strong>en festen maurischen Schimmelhengst mit langem Schweif,<br />

prachtvoller Mähne und etwas heftigem Temperament. Dabei hatte er<br />

die Gewohnheit, jeden Augenblick den Kopf <strong>in</strong> die Höhe zu werfen,<br />

und zeigte schon <strong>in</strong> der untersten Gallerie, daß es ihm durchaus ke<strong>in</strong><br />

KAPITEL 21. NACH GIBRALTAR. 395<br />

Vergnügen mache, durch die halbdunklen hallenden Gänge zu gehen,<br />

strebte auch, da er an der Spitze ritt, so hastig vorwärts, daß ich ihn<br />

nur mit Mühe halten konnte. Die oberste Gallerie hatten wir kaum zur<br />

Hälfte durchritten und waren an e<strong>in</strong>en Punkt gekommen, wo der Gang<br />

ziemlich stark aufwärts stieg, als me<strong>in</strong> Hengst mit <strong>E<strong>in</strong></strong>em Male se<strong>in</strong>en<br />

Kopf nachdrücklicher wie bisher <strong>in</strong> die Höhe warf und gleich darauf <strong>in</strong><br />

den tollsten Sätzen mit mir durchg<strong>in</strong>g; umsonst nahm ich die Zügel fest<br />

an, ich fühlte wohl, daß die Stange <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Maul nicht mehr wirkte.<br />

Alles, was ich thun konnte, war, ihn <strong>in</strong> der Mitte des Ganges zu halten,<br />

um nicht an den vorspr<strong>in</strong>genden Felsen der Wände gestreift zu werden.<br />

Bald hatte er übrigens das Ende des Ganges erreicht, wo e<strong>in</strong>e Schildwache,<br />

die uns kommen hörte, den Thorflügel halb öffnete; dort raste das<br />

Pferd h<strong>in</strong>aus, nicht ohne mich an dem vorstehenden Riegel tüchtig zu<br />

streifen. <strong>E<strong>in</strong></strong> verschlossenes Lattenthor vor dem <strong>E<strong>in</strong></strong>gänge ließ ihn nicht<br />

weiter; und als ich draußen am hellen Tageslicht nachsah, hatte sich bei<br />

dem Aufwerfen des Kopfes die K<strong>in</strong>nkette aus dem Haken gelöst und da<br />

war freilich an e<strong>in</strong> Halten des feurigen Pferdes nicht mehr zu denken.<br />

Sämmtliche Gallerien haben hundertundzwanzig Geschütze und diese<br />

ganze Seite des Felsens mit den zahlreichen Außenbatterien über sechshundert,<br />

die meisten von schwerem Kaliber. Man sagt: Gibraltar ist unbezw<strong>in</strong>glich,<br />

und es mag wohl der Fall se<strong>in</strong>, so lange e<strong>in</strong>e unbesiegte<br />

britische Flotte den Felsen schützend umgibt; würde aber Frankreich<br />

und <strong>Spanien</strong> die Oberhand zur See bekommen, – was letzteres anbelangt,<br />

so ist freilich wenig Aussicht vorhanden, – so gibt es auch wieder<br />

ke<strong>in</strong>e Festung, die leichter und nachdrücklicher zu blokiren wäre, als<br />

Gibraltar. Was die Kanonen gegen die Landenge <strong>Spanien</strong>s zu anbetrifft,<br />

so haben sie wohl mehr den Zweck, Angriffsbatterien auf den Isthmus<br />

zu zerstören, als e<strong>in</strong>en schnell andr<strong>in</strong>genden Fe<strong>in</strong>d zurückzutreiben.<br />

Beim Austritt aus der obersten Gallerie ritten wir noch e<strong>in</strong>en mühsamen<br />

Pfad bis auf die höchste Spitze des Felsens, zum englischen Signalund<br />

Wachthause, wo sich das Nützliche mit dem Angenehmen vere<strong>in</strong>igt<br />

f<strong>in</strong>det; denn hier oben ist e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Restauration, welche die Frau<br />

e<strong>in</strong>es englischen Sergeanten hält, wo man guten Porter, herrliches weißes<br />

Brod und besten Chesterkäse erhält. <strong>E<strong>in</strong></strong>e solche Labung ist nirgendwo<br />

zu verachten; hier aber e<strong>in</strong> derartiges Frühstück Angesichts zweier

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