Ein Winter in Spanien Zweiter Band - Friedrich Wilhelm Hackländer
Ein Winter in Spanien Zweiter Band - Friedrich Wilhelm Hackländer
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154 HACKLÄNDER: EIN WINTER IN SPANIEN<br />
lachend an unsern Roz<strong>in</strong>anten vorbeizogen. Diese kle<strong>in</strong>en spanischen<br />
Esel haben e<strong>in</strong>e merkwürdige Behendigkeit; mag das Terra<strong>in</strong> se<strong>in</strong>, wie<br />
es will, mag es steil aufwärts oder abwärts gehen, über e<strong>in</strong>en fußbreiten,<br />
schlüpfrigen Pfad oder über breite, glatte, abhängige Felsenplatten, die<br />
vier kle<strong>in</strong>en Hufe bewegen sich mit e<strong>in</strong>er fast lächerlichen Geschw<strong>in</strong>digkeit<br />
dah<strong>in</strong>, das unbedeutende Thierchen, oft mit e<strong>in</strong>em schweren Kerl<br />
beladen, trippelt beständig kopfnickend e<strong>in</strong>her, holt uns e<strong>in</strong> und ist kurze<br />
Zeit nachher <strong>in</strong> den Schluchten, die wir vorsichtig h<strong>in</strong>abreiten müssen,<br />
unsern Augen wieder entschwunden. Felipe ärgerte sich jedesmal<br />
darüber, doch mußte er selbst mit se<strong>in</strong>em kräftigen Maulthier langsam<br />
thun, denn auch dieses war schon e<strong>in</strong> paarmal gestolpert und hatte sich,<br />
von dem schweren Gepäck niedergedrückt, nur durch die größte Kraftanstrengung<br />
aufrecht erhalten.<br />
Wir waren schon mehrere Stunden geritten und der Weg führte seit<br />
e<strong>in</strong>iger Zeit beständig aufwärts, die umliegenden Berge ließen wir unter<br />
uns und kamen gegen Mittag auf e<strong>in</strong>e weite Hochebene, mit spärlichem<br />
Grase bewachsen und mit großen Gruppen von Buxbaumsträuchen<br />
übersäet, durch welche unser Weg bald rechts, bald l<strong>in</strong>ks lief. Zu<br />
beiden Seiten hatten wir niedere Hügelketten, ebenfalls mit Gesträuch<br />
bewachsen, zwischen denen hie und da e<strong>in</strong> blauer Rauch emporstieg;<br />
auch bemerkten wir R<strong>in</strong>der- und Schafheerden, hörten entferntes Hundegebell<br />
und sahen von Zeit zu Zeit e<strong>in</strong>en Hirten, auf se<strong>in</strong> langes Gewehr<br />
gestützt, uns aufmerksam nachblicken. Felipe hatte schon seit e<strong>in</strong>iger<br />
Zeit e<strong>in</strong>e ernste Miene angenommen, rauchte weniger Papiercigarren<br />
als sonst, und me<strong>in</strong>te endlich, hier, wo wir uns gerade befänden,<br />
sei e<strong>in</strong>e etwas unsichere Gegend, und den Hirten, Kohlenbrennern<br />
und Forstwächtern, die sich hier beständig herum trieben, nicht recht<br />
zu trauen. Er ersuchte uns darauf, das Maulthier mit dem Gepäck <strong>in</strong> die<br />
Mitte zu nehmen, selbst aber ziemlich weit von e<strong>in</strong>ander zu reiten, um<br />
mehr Terra<strong>in</strong> überschauen zu können, und unsere Gewehre aufzuheben,<br />
daß man sie aus der Entfernung sehen könne.<br />
Wie weit die Furcht unseres tapfern Arriero begründet war, b<strong>in</strong> ich<br />
nicht im Stande anzugeben, daß aber die Hochebene, auf welcher wir<br />
während e<strong>in</strong> paar Stunden ritten, e<strong>in</strong> höchst ödes und unheimliches<br />
Aussehen hatte, war <strong>in</strong> der That nicht zu läugnen. So weit man blicken<br />
KAPITEL 16. EIN RITT NACH ANDALUSIEN. 155<br />
konnte, entdeckte man ke<strong>in</strong>e Spur e<strong>in</strong>er menschlichen Wohnung, und<br />
was wir von Unseresgleichen <strong>in</strong> der Entfernung zwischen den Buxbaumsträuchen<br />
zuweilen h<strong>in</strong> und her streichen sahen, war auch gerade nicht<br />
Zutrauen erweckend. Diese Kerle mit ihren dunklen Gesichtern, ihren<br />
zerlumpten Anzügen, mit Ledergamaschen oder Stricksandalen, namentlich<br />
aber mit dem spitzen Hute, der ja bei uns als Attribut e<strong>in</strong>es spanischen<br />
oder italienischen <strong>Band</strong>iten gilt, sahen m<strong>in</strong>destens wie ächte<br />
Strauchdiebe aus. Doch passirte uns durchaus nichts Unangenehmes,<br />
und gegen zwei Uhr hatten wir glücklich das Ende jenes Plateaus erreicht<br />
und erblickten vor uns e<strong>in</strong>e breite Schlucht, die wieder abwärts<br />
zur Ebene führte. <strong>E<strong>in</strong></strong>iges, was ich im Vorbeigehen gesehen, schien mir<br />
anzudeuten, daß das Terra<strong>in</strong> h<strong>in</strong>ter uns nicht immer so unbewohnt und<br />
öde gelegen, zuweilen sahen wir große Ste<strong>in</strong>- und Trümmerhaufen und<br />
e<strong>in</strong>mal sogar die Ru<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>es Bauwerkes nach Art alter Wasserleitungen;<br />
ich zählte wenigstens zwanzig Pfeiler, die noch durch Bogen verbunden<br />
waren, deren Ende und Anfang aber ebenfalls durch Trümmerhaufen<br />
bezeichnet war, konnte aber später nicht <strong>in</strong> Erfahrung br<strong>in</strong>gen, was man<br />
von diesem eigenthümlichen Bauwerke hier auf der Hochebene wisse.<br />
Bis hieher hatte uns Felipe aus Furcht vor den Räubern nicht vergönnt,<br />
unser mitgenommenes Frühstück anzugreifen; auch jetzt wollte<br />
er noch nicht halten, sondern weiter h<strong>in</strong>abziehen, bis zu e<strong>in</strong>er vortrefflichen<br />
Venta, von welcher er träumte; doch waren uns diese s. g.<br />
Halbwegs-Venta’s von unserem Zuge durch die Mancha noch <strong>in</strong> zu trostlosem<br />
Andenken, als daß wir noch weiter geritten wären. Felipe mußte<br />
nachgeben, und wir machten deßhalb am Rande der Hochebene e<strong>in</strong>en<br />
Halt, banden Maulthiere und Pferde, nachdem wir ihnen die Kopfzeuge<br />
abgenommen, an e<strong>in</strong> paar Buxbaumsträucher, deren Blätter sie sogleich<br />
anf<strong>in</strong>gen eifrig zu benagen. Die Padrona <strong>in</strong> Yvenes hatte für unser Frühstück<br />
reichlich gesorgt, uns e<strong>in</strong> paar gebratene Feldhühner e<strong>in</strong>gewickelt,<br />
Brod und hartgesottene Eier h<strong>in</strong>zugefügt und guten rothen We<strong>in</strong> mitgegeben,<br />
der allerd<strong>in</strong>gs nach dem Bockschlauche schmeckte, aber uns<br />
trotzdem vortrefflich mundete.<br />
Nachdem wir abgespeist und wieder aufgezäumt hatten, erlaubte<br />
uns Felipe, unsere Gewehre wieder an die Sattelhaken zu hängen; wir<br />
schwangen uns auf, und da der Weg vor uns etwas besser war, trabten