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Ein Winter in Spanien Zweiter Band - Friedrich Wilhelm Hackländer

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266 HACKLÄNDER: EIN WINTER IN SPANIEN<br />

Nachdem wir die Xeneralife endlich verlassen, blickten wir noch oft<br />

zurück nach dem lieben weißen Schlößchen, das gleich schön und reizend<br />

bleibt, ob man es von Weitem sieht oder <strong>in</strong> der Nähe. Das schönste<br />

und bezeichnendste Bild desselben gibt Hailbronner <strong>in</strong> wenigen Worten,<br />

wenn er entzückt ausruft: Diese weiße Saracenenpracht <strong>in</strong> dem grünen<br />

Frühl<strong>in</strong>gsschmucke stand vor uns, rührend und e<strong>in</strong>nehmend, wie e<strong>in</strong><br />

schönes blasses Mädchen, das im seidenen Spitzengewand und Brautschleier,<br />

Rosen und Myrthen durch das dichte Haar geschlungen, sittsam<br />

und ergeben am Altare den glücklichen Bräutigam erwartet.<br />

Auf e<strong>in</strong>em anderen bequemeren Fahrwege kehren wir zur Alhambra<br />

zurück auf den Platz der Algiven. Schon bei unserem ersten Besuche<br />

hier sprach ich von e<strong>in</strong>em <strong>E<strong>in</strong></strong>gang unfern des We<strong>in</strong>thors, der an der<br />

torre quebrada vorbei zur alten Festung Alcazaba führt und <strong>in</strong> deren<br />

Mitte der Thurm der Vela auf dem äußersten Vorsprung gegen die Stadt<br />

zu liegt.<br />

Die Pforte ist unsche<strong>in</strong>bar, ihre rohen Holzflügel mit großen Nägeln<br />

<strong>in</strong> der Form von Muscheln aus Bronze beschlagen; h<strong>in</strong>ter dieser Thür<br />

aber bef<strong>in</strong>det sich e<strong>in</strong> Garten, der mit großem Unrecht weniger bekannt<br />

ist, als die übrigen Theile des Maurenschlosses. Dieser Garten, parador<br />

de la Sultana genannt, ist eigentlich e<strong>in</strong>e langgestreckte Terrasse, deren<br />

e<strong>in</strong>e Seite von der im rechten W<strong>in</strong>kel fortlaufenden Mauer des zerbrochenen<br />

Thurmes gebildet wird und die andere von der mit ihr parallelen,<br />

aus dem tiefen Thalgrund aufsteigenden R<strong>in</strong>gmauer der Alhambra.<br />

Es ist e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er, e<strong>in</strong>facher Platz mit Lorbeerlauben, fließendem Wasser,<br />

schmalen Blumenbeeten und dazwischen Wege aus farbigen Kieseln bestehend,<br />

die mosaikartig zusammengesetzt s<strong>in</strong>d. Die hohe Mauer, welche<br />

den Parador von der Alcazaba abschließt, hat bis oben h<strong>in</strong>auf reiche<br />

Citronenspaliere. Die Brüstung auf der R<strong>in</strong>gmauer am Abhange der<br />

Stadt zu ist vielleicht drei Fuß hoch und mit kunstlosen Blumengefässen<br />

aus gebrannter Erde besetzt. In der Mitte des Gartens erhebt sich<br />

e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelner, vielhundertjähriger We<strong>in</strong>stock mit über fußdickem Stamme.<br />

Schon se<strong>in</strong> Ansehen gibt der Sage Recht, welche ihn weit <strong>in</strong> das<br />

arabische Zeitalter h<strong>in</strong>aufreichen läßt. Se<strong>in</strong>e Zweige und Ranken, durch<br />

e<strong>in</strong>fache Veranden gestützt, überspannen das ganze Gärtchen, so e<strong>in</strong>e<br />

ungeheure Laube bildend.<br />

KAPITEL 18. GRANADA. 267<br />

Was diesen Parador wirklich <strong>in</strong>teressant macht, ist die ursprüngliche<br />

Gestalt, <strong>in</strong> der er seit der Maurenzeit geblieben. Dort auf derselben<br />

Ste<strong>in</strong>bank, die wir heute noch sehen, saß die Sultan<strong>in</strong>, von demselben<br />

We<strong>in</strong>stock pflückte sie ihre Trauben, und lehnte so wie wir an der Brüstung,<br />

dieselbe unermeßliche Aussicht betrachtend. Und welche Aussicht<br />

hat man hier auf die Vega, auf Granada, auf die Sierra Nevada bis<br />

zu den Gebirgen h<strong>in</strong>, wo die lachende Ebene beg<strong>in</strong>nt. Im Halbkreise vor<br />

uns aufgerollt liegt e<strong>in</strong>e illustrirte Geschichte der letzten Zeiten Granada’s.<br />

Dort <strong>in</strong> der Ebene sehen wir Alhama, nach dessen Falle sich die<br />

christlichen Heerschaaren <strong>in</strong> die Vega von Granada wälzten.<br />

Durch die Straßen von Granada<br />

<strong>E<strong>in</strong></strong>st der Mohrenkönig ritte.<br />

Von dem Thore von Elvira<br />

Bis zu dem von Vivarrambla.<br />

Wehe mir! – Alhama! –<br />

Kamen Briefe an den König:<br />

Daß Alhama sei gefallen;<br />

Warf die Briefe <strong>in</strong> das Feuer,<br />

Und den Boten hieb er nieder.<br />

Wehe mir! – Alhama! –<br />

So heißen die ersten Strophen der bekannten schönen Romanze, die<br />

ich hier oben so gerne las. Weiter rechts und näher zur Stadt sehen wir<br />

Santa Fe, das ehemalige Lager König Ferd<strong>in</strong>ands, dessen Straßen heute<br />

noch gerade so s<strong>in</strong>d, wie damals die Zeltgassen liefen. In e<strong>in</strong>er Nacht,<br />

erzählt der arabische Chronikenschreiber, entstand das Lager aus vier<br />

Theilen, deren Straßen die Gestalt des Kreuzes bildeten. Ja, als am andern<br />

Morgen die Mauren staunend h<strong>in</strong>überblickten, sahen sie es mit<br />

Z<strong>in</strong>nen und Thürmen umgeben, die wie aus Quaderste<strong>in</strong>en erbaut schienen;<br />

doch waren dieß nur kunstreich angemalte Holzverschläge.<br />

Rund herum s<strong>in</strong>d viele Zelte,<br />

Seiden und mit Gold gesticket,<br />

Herzoge s<strong>in</strong>d da und Grafen,

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