Ein Winter in Spanien Zweiter Band - Friedrich Wilhelm Hackländer
Ein Winter in Spanien Zweiter Band - Friedrich Wilhelm Hackländer
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184 HACKLÄNDER: EIN WINTER IN SPANIEN<br />
heute Abend dieser Mühe überhoben, denn wenige M<strong>in</strong>uten vor uns<br />
war e<strong>in</strong> Zug Maulthiere angekommen, weßhalb der <strong>E<strong>in</strong></strong>gang weit offen<br />
stand. Die Thiere schritten mit lang vorgestrecktem Halse, vorsichtig<br />
und <strong>in</strong> guter Ordnung e<strong>in</strong>s h<strong>in</strong>ter dem andern, zum Hause h<strong>in</strong>e<strong>in</strong><br />
und nach dem Hofraume, wo sie sich, e<strong>in</strong>er langjährigen Gewohnheit<br />
folgend, so aufstellten, daß sie von den Treibern bequem abgeladen werden<br />
konnten. Wir mußten e<strong>in</strong>e Zeitlang warten, bis der lange Zug e<strong>in</strong>gekehrt<br />
war. Das Innere der Venta erschien uns von hier als e<strong>in</strong>e weite<br />
Scheune, deren Balken und Sparren röthlich angestrahlt waren von den<br />
Flammen e<strong>in</strong>es großen Feuers, das wohl rechts <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Ecke brannte.<br />
Nach den Maulthieren triumphirte Don Alonso auf se<strong>in</strong>em Karren e<strong>in</strong><br />
und wir folgten ihm zu Fuße, vom langen Ritt und der Abendpromenade<br />
herzlich ermüdet.<br />
Ehe sich der Leser mit uns an dem lodernden Feuer niederläßt, wird<br />
es für ihn nicht un<strong>in</strong>teressant se<strong>in</strong>, die Beschreibung e<strong>in</strong>er dieser Venta’s<br />
an der Hauptstraße zu erhalten. Die meisten derselben verdanken<br />
ihre Entstehung milden Stiftungen und Erbschaften zu diesem Zwecke<br />
gemacht, oder wurden von irgend e<strong>in</strong>em großen Herrn erbaut, dessen<br />
Wappen <strong>in</strong> Ste<strong>in</strong> gehauen dann auch meistens über dem Thore zu sehen<br />
ist. H<strong>in</strong>ter diesem Thor beg<strong>in</strong>nt e<strong>in</strong> großer Raum, e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige gewaltige<br />
Halle, deren Decke vom Dache mit se<strong>in</strong>em Sparrenwerk gebildet und<br />
von zwei bis drei Reihen starker ste<strong>in</strong>erner Pfeiler getragen wird. In diesem<br />
Raum herrscht Tag und Nacht e<strong>in</strong> beständiges Halbdunkel, welches<br />
ebenso wenig das große Herdfeuer oder e<strong>in</strong>ige Öllampen zu vertreiben<br />
vermögen, als das Tageslicht, das nur durch e<strong>in</strong> paar unbedeutende<br />
Lücken oder sonstige kle<strong>in</strong>e Öffnungen e<strong>in</strong>zudr<strong>in</strong>gen vermag. Das<br />
Auge muß sich zuerst an die Dunkelheit gewöhnen, die hier herrscht,<br />
ehe es die Gegenstände r<strong>in</strong>gs umher erkennen kann. Vermag man den<br />
ganzen Raum zu übersehen, so bemerkt man wohl, daß hier über hundert<br />
Maulthiere mit ihren Führern, Karren und Ballen Platz haben. L<strong>in</strong>ks<br />
vom Thor stehen die beladenen Fuhrmannskarren, so eng als möglich<br />
zusammengeschoben, und dah<strong>in</strong>ter an den Wänden s<strong>in</strong>d die Maulthiere<br />
angebunden, die zuweilen stampfen, schnauben und sich schütteln,<br />
wobei man ihre Halfterketten rasseln hört. R<strong>in</strong>gs um die Pfeiler, welche<br />
das Dach tragen, sieht man Ballen und Fässer, Kisten und Kasten, und<br />
KAPITEL 16. EIN RITT NACH ANDALUSIEN. 185<br />
es dienen diese wieder zum Lager e<strong>in</strong>iger schläfrigen Arriero’s, welche<br />
schon ausgestreckt dort liegen.<br />
Doch lassen wir alle die ebengenannten Gegenstände <strong>in</strong> ihrem Halbdunkel<br />
und wenden uns rechts vom <strong>E<strong>in</strong></strong>gänge, wo am andern Ende der<br />
Halle auf dem gepflasterten Boden e<strong>in</strong> gastliches Feuer hoch emporlodert.<br />
Um e<strong>in</strong>e künstliche Ableitung des Rauches bekümmern sich die<br />
spanischen Bauleute nicht, er sucht se<strong>in</strong>en Weg theils durch die Dachluken,<br />
theils zieht er hoch oben als leichtes Gewölk durch die ganze<br />
Halle. Neben dem Herde bef<strong>in</strong>det sich gewöhnlich e<strong>in</strong>e Art von Verschlag,<br />
wo der Ventero oder die Padrona das Bischen Küchengeschirr,<br />
auch Flaschen und Gläser aufgestellt haben, welche sie zu ihrer Wirthschaft<br />
brauchen, daran schließt sich öfters e<strong>in</strong> starkes hölzernes Gestell<br />
mit mehreren oft mannshohen und verhältnißmäßig breiten Krugen von<br />
rothem Thon, wie <strong>in</strong> dem Landhause bei Valencia, welche den Wasserbedarf<br />
für das Vieh enthalten; darüber bef<strong>in</strong>den sich auf e<strong>in</strong>em Brette<br />
kle<strong>in</strong>e zierliche Gefäße für den Gebrauch der Reisenden selbst. In nächster<br />
Nähe des Herdes sieht man e<strong>in</strong>e Art Divan, natürlicher Weise roh<br />
von Holz gemacht, an den Wänden h<strong>in</strong>laufen, auf welchem hie und da<br />
e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es Polster oder e<strong>in</strong> Stück Teppich liegt, – vielleicht für e<strong>in</strong>en<br />
Gast, den man besonders ehren will. Oben zwischen dem Sparrenwerk<br />
des Daches kleben e<strong>in</strong>ige Kammern, die von hier aus wie Schwalbennester<br />
aussehen.<br />
Um den Feuerplatz befand sich schon e<strong>in</strong>e zahlreiche Gesellschaft,<br />
von der e<strong>in</strong>ige rauchten, andere plauderten, dort welche ihr Abendessen<br />
verzehrten, hier wieder andere begierig <strong>in</strong> die Pfanne schauten. Die meisten<br />
saßen auf dem erwähnten Divan, andere aber auf kle<strong>in</strong>en niederen<br />
Schemeln, welche mich sehr an den Orient er<strong>in</strong>nerten. H<strong>in</strong>ter dem Feuer<br />
befand sich die Padrona, e<strong>in</strong>e schon ältliche starke Dame, aber noch sehr<br />
rüstig und mit außerordentlich lebhaftem Mundwerk begabt. Zu ihrer<br />
Seite befanden sich e<strong>in</strong> paar Mägde, welche Wasser zutrugen oder Pfeffer,<br />
Salz und dergleichen darreichten. Vor der Frau, zwischen den glühenden<br />
Kohlen, standen Pfannen und Töpfe, <strong>in</strong> welchen das Nachtessen<br />
für verschiedene Gäste schmorte. Alle diese jedoch wagten sich nicht <strong>in</strong><br />
die Nähe der eifrigen, aber ziemlich barschen Köch<strong>in</strong>, und wenn <strong>E<strong>in</strong></strong>er<br />
sich etwas Feuer für se<strong>in</strong>e Cigarre verschaffen wollte, so wandte er sich