Ein Winter in Spanien Zweiter Band - Friedrich Wilhelm Hackländer
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318 HACKLÄNDER: EIN WINTER IN SPANIEN<br />
die Philosophen schon damals über die Eitelkeit und Vergänglichkeit<br />
dieser Welt, und während e<strong>in</strong>er der Ersteren sang:<br />
– – – – O Alcazar,<br />
Des Paradieses Ebenbild,<br />
Du sche<strong>in</strong>st aus Leopardenfellen<br />
Voll Pracht und Herrlichkeit erbaut.<br />
Wie herrscht <strong>in</strong> de<strong>in</strong>en Prunkgemächern<br />
Der Schönheit wunderbare Lust!<br />
Es glänzen de<strong>in</strong>e Marmorsäulen,<br />
Mit Gold aus Tibar reich verziert.<br />
sprach nach e<strong>in</strong>em glanzvollen Feste der Philosoph Suleiman ben Abdelgasir<br />
el Firexi zum Kalifen Alhakem:<br />
Vier sehr gewandte Schützen schießen<br />
Beständig auf mich Armen los,<br />
Der Teufel, Welt, der Magen, Liebe,<br />
Vor diesen, Herr! bewahre mich!<br />
Je nach dem Temperamente der Könige waren die Hallen des Alcazars<br />
unter Klängen rauschender Musik mit Luft und Freude erfüllt, und<br />
strahlten ihre Gärten nächtlicher Weise im Glanz farbiger Feuer; das war<br />
die glückliche Zeit, wo sich e<strong>in</strong> Bittsteller dem Könige nahte, der sich<br />
aber <strong>in</strong> den Gärten bei se<strong>in</strong>en Sklav<strong>in</strong>nen befand, und es wagen durfte,<br />
ihm se<strong>in</strong>e Bittschrift mit folgenden Versen, die er auf Rosenblätter<br />
schrieb, zuzusenden:<br />
Die Schönen, wenn sie gleich nur Sklaven<br />
Der Männer und ihr Plaggeist s<strong>in</strong>d,<br />
Befehlen doch nach eignem Willen,<br />
Ja, und zum Sklaven wird der Herr.<br />
Doch dafür, wenn wir Rosen wollen<br />
Und sie nicht Feld, noch Garten beut,<br />
Empfangen wir von Mädchenwangen<br />
Sie zarter noch und dornenlos.<br />
Drum darf ich wohl die Hoffnung nähren,<br />
KAPITEL 19. NACH CORDOVA 319<br />
Dieß Schreiben f<strong>in</strong>de gut Gehör,<br />
Weil ich aus Rosen es gebildet,<br />
Der Mädchenwangen schönem Bild.<br />
Der arabische Chronikenschreiber, der dieß erzählt, fügt h<strong>in</strong>zu: Diese<br />
Verse wurden abgelesen, fanden Beifall und dienten den Sklav<strong>in</strong>nen des<br />
Königs zum Gesange. Des Bittstellers Gesuch wurde genehmigt und er<br />
empf<strong>in</strong>g noch überdieß e<strong>in</strong>e Anweisung auf hundert D<strong>in</strong>aren. Zuweilen<br />
auch lagen diese glänzenden Hallen f<strong>in</strong>ster da, am Ufer des Guadalquivirs,<br />
<strong>in</strong> den Orangenha<strong>in</strong>en sah man das Glänzen der Harnische,<br />
das Leuchten e<strong>in</strong>es Dolches oder vernahm wie unter König Alhakem I.<br />
die entsetzlichen Klagen zahlloser Unglücklichen, die der Kalif vor se<strong>in</strong>en<br />
Augen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er langen Reihe am Ufer des Flusses spießen ließ, weil<br />
sie sich gegen se<strong>in</strong>e grausame Regierung empört hatten. In vielen Romanzen<br />
lebt die Geschichte dieses Königs fort, und manche schildern<br />
ihn, wie er wahns<strong>in</strong>nig geworden sei und <strong>in</strong> tiefe Trauer versenkt, auf<br />
dem Wall des Alcazars umherirrte. Da habe das Schauspiel jener Greuelscenen<br />
ihm stets vorgeschwebt, streitende Volksmassen sich vor se<strong>in</strong>en<br />
Augen bewegt, das Geschrei der Kämpfenden, Verwundeten und<br />
das Geröchel der Sterbenden se<strong>in</strong>e Ohren umsaust. Dann ließ er mitten<br />
<strong>in</strong> der Nacht se<strong>in</strong>e Cadi’s und Wazire rufen und wenn sie versammelt<br />
waren, um D<strong>in</strong>ge von großer Wichtigkeit zu hören, befahl er se<strong>in</strong>en<br />
Sklav<strong>in</strong>nen zu s<strong>in</strong>gen und Instrumente zu spielen. <strong>E<strong>in</strong></strong>es Nachts,<br />
kurz nach dem Schlafengehen, ließ er e<strong>in</strong>en Diener, Namens Hyaz<strong>in</strong>th,<br />
rufen, dessen Geschäft dar<strong>in</strong> bestand, den langen Bart des Königs mit<br />
wohlriechenden Salben e<strong>in</strong>zureiben; da nun dieser Diener, im Zweifel,<br />
ob dieser Befehl ihm gelte, e<strong>in</strong>ige Zeit zögerte, so rief der König mit<br />
lauter Stimme: Wo bist du, Sohn der Faulheit? und zerschlug dem Herbeigesprungenen<br />
die Bisamflasche auf dem Kopfe <strong>in</strong> Stücke. Hierüber<br />
äußerst erschrocken, habe der Diener Hyaz<strong>in</strong>th <strong>in</strong> größter Unterwürfigkeit<br />
gefragt: Welche ungewöhnliche Stunde, Herr, zum <strong>E<strong>in</strong></strong>salben? Alhakem<br />
aber darauf geantwortet: Sei außer Sorgen, die Salben gehen uns<br />
allen Beiden nicht aus, so viel auch davon gebraucht oder verschwendet<br />
wird; denn damit wir nie Mangel daran haben möchten, habe ich so<br />
viele Köpfe abschlagen lassen.