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Ein Winter in Spanien Zweiter Band - Friedrich Wilhelm Hackländer

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186 HACKLÄNDER: EIN WINTER IN SPANIEN<br />

mit e<strong>in</strong>er höflichen Bitte an die Padrona, welche ihm alsdann mit der<br />

eisernen Zange, die neben ihr lag, e<strong>in</strong>e glühende Kohle darreichte.<br />

Unser Ersche<strong>in</strong>en machte so gut wie gar ke<strong>in</strong> Aufsehen; die Padrona<br />

schaute kaum von ihren Töpfen <strong>in</strong> die Höhe und nickte uns schweigend<br />

zu; doch rückten die Maulthiertreiber auf dem Divan sogleich zusammen,<br />

um für uns Platz zu machen, ja e<strong>in</strong> ältlicher Mann, der aufstand,<br />

bot mir freundlich se<strong>in</strong>en Schemel an. Es ist etwas Wohlthuendes um<br />

die Freundlichkeit und Höflichkeit der Spanier; man hat bei ihnen immer<br />

das Gefühl, sich <strong>in</strong> guter Gesellschaft zu bef<strong>in</strong>den. Ohne von Fragen<br />

belästigt zu werden, sieht man sich aufmerksam behandelt, wird aufgefordert,<br />

näher zum Feuer zu rücken, wenn es kalt ist, oder weiter zurück,<br />

wenn die Flammen gar zu heftig aufprasseln. Kaum zieht man se<strong>in</strong>e Cigarre<br />

heraus, so bietet man <strong>E<strong>in</strong></strong>em augenblicklich Feuer an, und wenn<br />

man e<strong>in</strong>igen der Gäste, die es sich gerade schmecken lassen, e<strong>in</strong>en guten<br />

Appetit wünscht, so kann man sicher se<strong>in</strong>, nach alter arabischer Sitte, e<strong>in</strong>e<br />

ernstlich geme<strong>in</strong>te <strong>E<strong>in</strong></strong>ladung zur Theilnahme zu erhalten. Letzteres<br />

habe ich fast immer hier <strong>in</strong> <strong>Spanien</strong> bemerkt, und wenn man zwischen<br />

diesen Leuten sitzt, so wird jeden Augenblick e<strong>in</strong>e Schüssel oder e<strong>in</strong><br />

Glas angeboten mit der freundlichen Bitte, sich zu bedienen.<br />

Don Alonso hatte unterdessen se<strong>in</strong>en Karren und se<strong>in</strong>e Maulthiere<br />

besorgt und als er darauf mit e<strong>in</strong>em ave Maria purissima! gesegne euch<br />

Gott das Nachtessen, Cavalleros! an’s Feuer trat, bemerkten wir wohl,<br />

daß wir alsbald der Gegenstand der Unterhaltung wurden, hätten wir<br />

aber auch das Spanische besser verstanden, so wäre es uns doch nicht<br />

möglich gewesen, diese Unterredung zu verstehen, denn sie wurde nur<br />

durch e<strong>in</strong>zelne Worte, Blicke und Pantomimen geführt. Nur etwas davon<br />

begriffen wir zu unserem Leidwesen, daß nämlich nichts zu unserem<br />

Abendessen vorhanden war, denn auf diese Frage zuckte die Padrona<br />

bedeutsam die Achseln; doch me<strong>in</strong>te sie gleich darauf, sie wolle <strong>in</strong>’s<br />

Dorf schicken, um vielleicht e<strong>in</strong> Huhn und etwas Reis für uns zu kaufen.<br />

Da wir aber <strong>in</strong> Val de Penas gut und ziemlich spät d<strong>in</strong>irt, auch sehr<br />

ermüdet waren, so baten wir um etwas Chokolade und um Anweisung<br />

e<strong>in</strong>es Zimmers zum Schlafen. Letzteres schien e<strong>in</strong>ige Schwierigkeit zu<br />

machen, doch nahm sich Don Alonso kräftigst unserer an, worauf denn<br />

e<strong>in</strong>e der Mägde fortgeschickt wurde, um unsere Lagerstätten <strong>in</strong> Ord-<br />

KAPITEL 16. EIN RITT NACH ANDALUSIEN. 187<br />

nung zu br<strong>in</strong>gen. Auch die Chokolade erschien bald darauf, recht gut,<br />

aber leider wieder sehr dünn.<br />

Was unser Fortkommen für den nächsten Tag anbelangte, so hatten<br />

wir durchaus ke<strong>in</strong>e Lust, uns darum zu bekümmern, denn morgen <strong>in</strong><br />

der Früh mußten ja die Freunde kommen, mit ihnen Herr St., der das<br />

Land genau kannte und die besten Arrangements treffen würde. Wir<br />

nahmen deßhalb von Don Alonso Abschied und ließen uns nach der<br />

Schlafkammer geleiten; e<strong>in</strong>s der Schwalbennester, von denen ich vorh<strong>in</strong><br />

gesprochen. Die <strong>E<strong>in</strong></strong>richtung hier war über alle Beschreibung ländlich:<br />

auf e<strong>in</strong>em hölzernen, sehr kurzen Schragen lag e<strong>in</strong>e f<strong>in</strong>gerdicke Wollenmatratze,<br />

e<strong>in</strong> Kopfkissen von Seegras und zum Zudecken mußten wir<br />

uns der eigenen Manta bedienen. Doch ermüdet, wie wir waren, hatten<br />

wir uns kaum ausgestreckt, als auch schon e<strong>in</strong> süßer, erquickender<br />

Schlaf über uns kam. Selbst im Traume beschäftigte ich mich übrigens<br />

mit der Ankunft der Freunde, und da ich das Glück habe, fast immer zu<br />

e<strong>in</strong>er Zeit, die ich mir bestimme, erwachen zu können, so war ich auch<br />

hier gegen vier Uhr Morgens schon vollkommen munter und lauschte<br />

auf die Ankunft des Eilwagens. Horschelt schlief noch, wurde aber auch<br />

bald darauf erweckt durch das Kl<strong>in</strong>geln, Rasseln, Klirren und Klappern,<br />

mit welchem nach Verlauf e<strong>in</strong>er Viertelstunde die Madrider Postkutsche<br />

ankam. Auch sprang me<strong>in</strong> Freund sogleich von dem Lager auf, eilte<br />

an’s Fenster und rief lustig, sie wären da, er habe den Baumeister beim<br />

Sche<strong>in</strong> der Wagenlaternen so eben <strong>in</strong>’s Haus eilen sehen. Gleich nachher<br />

polterte es auch die Treppen herauf, die Thüre wurde hastig geöffet und<br />

die Erwarteten erschienen. Daß wir uns freudig begrüßten, kann man<br />

sich leicht denken, hatten wir doch des Umherirrens ohne Kenntniß der<br />

Sprache und des Landes genug bekommen und freuten uns, die prächtige<br />

Tour über die Sierra Morena <strong>in</strong> Gesellschaft von Freunden machen<br />

zu können, die mit Allem genau bekannt und die besten Erklärungen zu<br />

geben im Stande wären. Doch wie ward uns, als nun Baumeister Le<strong>in</strong>s<br />

hastig erklärte, sie könnten leider die besprochene Tour nicht mit uns<br />

machen; die beiden andern Herren, deren Reiseziel Sevilla war, hatten<br />

gehofft, übermorgen ihren Weg von Baylen mit dem Wagen weiter fortsetzen<br />

zu können, aber <strong>in</strong> Madrid erfahren, daß auf allen Diligencen<br />

für die nächsten acht Tage sämmtliche Plätze bereits genommen seien,

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