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Ein Winter in Spanien Zweiter Band - Friedrich Wilhelm Hackländer

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160 HACKLÄNDER: EIN WINTER IN SPANIEN<br />

versehen, daß uns schon nach dem ersten Löffel der Schweiß ausbrach<br />

und wir zur Abkühlung mehr We<strong>in</strong> tranken als gerade nothwendig war.<br />

Dazu war das Ameublement und Eßgeräthe des Herrn Alcalden sehr<br />

mangelhaft; man hatte uns e<strong>in</strong> Tischchen h<strong>in</strong>gestellt, kaum groß genug<br />

für vierjährige K<strong>in</strong>der, welches den Maler mit se<strong>in</strong>en langen Be<strong>in</strong>en zur<br />

völligen Verzweiflung brachte; hiezu passend waren auch die Messer,<br />

denn sie schienen aus e<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>derküche herzustammen; glücklicher<br />

Weise aber waren die hölzernen Löffel recht groß, zum Tr<strong>in</strong>ken fanden<br />

wir hier wieder jenes Glasgefäß, das wir schon <strong>in</strong> der Mancha gesehen<br />

<strong>in</strong> Gestalt e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en Gießkanne, welches man hoch empor hebt und<br />

den We<strong>in</strong> vermittelst des langen Rohres <strong>in</strong> den Schlund h<strong>in</strong>abgießt. Diese<br />

Art zu tr<strong>in</strong>ken hat bei den großen sehr gemischten Gesellschaften, <strong>in</strong><br />

welche man hier <strong>in</strong> <strong>Spanien</strong> häufig geräth, den Vortheil, daß die Lippen<br />

mit dem Glase gar nicht <strong>in</strong> Berührung kommen und man sich also nicht<br />

zu scheuen braucht, mit Jedermann aus demselben Gefäß zu tr<strong>in</strong>ken.<br />

Um während der Nacht nicht von dem vorh<strong>in</strong> erwähnten hungrigen<br />

Esel belästigt zu werden, zog ich den Schragen, auf dem sich me<strong>in</strong><br />

Lager befand, von der Fensteröffnung zurück, und nachdem ich noch<br />

am Herdfeuer mit dem Alcalden, sowie unsern Freunden, den Eseltreibern,<br />

e<strong>in</strong>ige Papiercigarren ausgetauscht und geraucht, g<strong>in</strong>gen wir zu<br />

Bette, eigentlich zu Strohsack. Daß von Verschließen e<strong>in</strong>er spanischen<br />

Wirthshausthüre ke<strong>in</strong>e Rede ist, brauche ich wohl nicht zu sagen; obendre<strong>in</strong><br />

aber haben diese noch so viel Spalten und Löcher, daß man durch<br />

dieselben bequem h<strong>in</strong>durch schauen kann, was auch häufig genug von<br />

neugierigen Hausbewohnern geschah, die vielleicht gern sehen mochten,<br />

was die Extraños <strong>in</strong> ihren Zimmern trieben. Am heutigen Abend<br />

aber waren diese Extraños sehr ermüdet, legten sich alsbald nieder und<br />

schliefen den Schlaf der Gerechten bis zur Morgendämmerung.<br />

Nachdem wir am andern Tage die Chokolade gefrühstückt und bereits<br />

zu Pferde saßen, erschien unser würdiger Wirth und Alcalde, um<br />

uns e<strong>in</strong>en tüchtigen Schnaps aufzunöthigen, der, wie er sagte, gegen die<br />

Morgennebel vortrefflich sei. Und er hatte recht, uns auf diese Art <strong>in</strong>nerlich<br />

zu durchwärmen, denn über die weite Ebene vor uns strich e<strong>in</strong>e<br />

so kalte Morgenluft, daß wir uns fest <strong>in</strong> unsere Mantas wickeln mußten.<br />

Anfänglich wird es dem Fremden schwer, diese Manta, e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>fa-<br />

KAPITEL 16. EIN RITT NACH ANDALUSIEN. 161<br />

ches längliches Stück Zeug, ohne Ärmel und Knopf, beim Tragen fest<br />

um sich zu behalten, hat man sich aber e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>ige kle<strong>in</strong>e Kunstgriffe<br />

zu eigen gemacht, so bleibt man warm und behaglich dar<strong>in</strong>, wie das<br />

K<strong>in</strong>d <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Wickeln. Man nimmt die Manta um die Schulter, wie e<strong>in</strong>e<br />

Dame ihren Shawl, doch so, daß die rechte Seite länger herabhängt,<br />

welche man, wie das Ende e<strong>in</strong>es Radmantels, fest über die l<strong>in</strong>ke Schulter<br />

wirft, so Hals und Brust gleichzeitig bedeckend.<br />

In kurzer Zeit waren wir vollends zur Ebene niedergestiegen, und<br />

wenn auch der Weg hier recht flach und weich war, – wir ritten meistens<br />

durch schwarzen Moorboden, – so hatte er dagegen die große Unbequemlichkeit,<br />

daß ihn e<strong>in</strong> Bach zu se<strong>in</strong>em Bette auserkoren hatte, <strong>in</strong><br />

dessen Wasser unsere Pferde oftmals lange Strecken bis an die Knie wateten;<br />

und wenn wir dem entgehen wollten und rechts oder l<strong>in</strong>ks auf<br />

die Felder ritten, so waren diese so feucht und schlammig, daß die Thiere<br />

hier nur mit großer Mühe fortkommen konnten. Angenehm war es,<br />

daß die Sonne heute ebenso prächtig aufg<strong>in</strong>g, wie sie gestern Abend<br />

niedergesunken war und e<strong>in</strong> Meer von lichtem Glanz, welches sie r<strong>in</strong>gs<br />

umher ausgoß, ließ uns den fatalen Weg vergessen. Auch der heutige<br />

Morgen er<strong>in</strong>nerte uns wieder recht lebhaft an das heimathliche Frühjahr;<br />

die Wiesen waren mit Thau bedeckt und mit jenen weißen Fäden,<br />

die aus der Entfernung wie silberne Schleier glänzen; Alles glühte und<br />

strahlte im frischen Licht der Morgensonne, so die feuchten Gräser, das<br />

Wasser zu unseren Füßen uad die farbigen Streifen des Sandbodens, der<br />

bald hier, bald da, rechts und l<strong>in</strong>ks <strong>in</strong> der Ferne, sichtbar wurde. Neben<br />

uns weideten zahlreiche Heerden, und wo wir dicht an ihnen h<strong>in</strong>ritten,<br />

hoben sie die nassen Mäuler hoch empor, blickten uns mit ihren treuherzigen<br />

Augen an und brummten leise, vielleicht zum Willkomm und<br />

Abschied. Rückwärts blickend sahen wir unser Nachtquartier Fuente el<br />

Fresno am Fuß des Berges geschmiegt. Seit vorgestern hatte sich nun das<br />

Terra<strong>in</strong>, durch welches unser Weg lief, zum drittenmal verändert; bei Toledo<br />

e<strong>in</strong>e ste<strong>in</strong>ige Hochebene, h<strong>in</strong>ter Yvenes, e<strong>in</strong>e Terrasse tiefer, Waldboden,<br />

Wiese, und hier bei Fuente el Fresno, abermals e<strong>in</strong> paar hundert<br />

Schuh tiefer, e<strong>in</strong>e fruchtbare Ebene, streckenweise sogar wohl angebaut,<br />

gut bewässert, mit zahlreichen Viehheerden. Es ist eigenthümlich, wie<br />

von Madrid aus oder von Toledo das Land gegen Osten und Süden

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