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Ein Winter in Spanien Zweiter Band - Friedrich Wilhelm Hackländer

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238 HACKLÄNDER: EIN WINTER IN SPANIEN<br />

Lanze: Verräther! hier sollst Du mir bezahlen me<strong>in</strong>e Wunde! und durchstieß<br />

die Tartsche, die Lanze g<strong>in</strong>g <strong>in</strong> den Panzer des Zegri und drang<br />

mehr als handbreit <strong>in</strong> den Leib. Der Stoß war so heftig, daß der Zegri<br />

halbtodt vom Pferde fiel. In diesem Augenblicke begann e<strong>in</strong> wüthendes<br />

Scharmüzel zwischen beiden, schon gerüsteten Parteien, wobei die Zegri<br />

bald im Vortheil waren, da sie sich besser dazu vorbereitet hatten als<br />

die Abencerragen; doch thaten ihnen diese tapferen Ritter nebst Muza<br />

und dem wackern Alabez großen Schaden. Groß war das Geschrei, ungeheuer<br />

das Getümmel. Der König, der Anfangs die Ursache des blutigen<br />

Kampfes nicht wußte, eilte herunter von se<strong>in</strong>em Balkon auf den<br />

Platz, bestieg e<strong>in</strong> schönes, reichgeschmücktes Pferd und rief: H<strong>in</strong>aus!<br />

h<strong>in</strong>aus! <strong>in</strong>dem er, mit e<strong>in</strong>em Stäbe <strong>in</strong> der Hand, sich zwischen die erbitterten<br />

Streiter warf. Ihn begleiteten die vornehmsten Ritter von Granada<br />

und halfen ihm Frieden stiften.<br />

Granada war se<strong>in</strong>em Untergang nahe, denn zu den Zegri stießen noch<br />

die Gomelen und Maza, zu den Abencerragen die Almoradi und Vanega;<br />

der Streit wurde immer hitziger und verwickelter, und man sah ke<strong>in</strong><br />

Mittel vor sich, Ruhe zu stiften. Endlich brachte es aber der König und<br />

die übrigen anwesenden, unparteiischen Ritter dah<strong>in</strong>, daß die Kämpfer<br />

Frieden machten. Der tapfere Muza führte se<strong>in</strong>en Haufen durch den<br />

Zacat<strong>in</strong> nach der Alhambra, <strong>in</strong> Begleitung aller Vanega und Almoradi;<br />

die Zegri zogen sich zurück durch das Thor von Vivarrambla nach dem<br />

Schlosse Bivataubia mit der Leiche Mahomads, der <strong>in</strong>zwischen gestorben<br />

war.<br />

Diese beständigen Streitigkeiten zwischen Abencerragen und Zegri’s<br />

läuft wie e<strong>in</strong> rother Faden durch die Geschichte der letzten Zeiten Granada’s<br />

und schloß mit der bekannten Ermordung e<strong>in</strong>er Menge von Rittern<br />

des ersteren Geschlechtes auf Befehl des Königs Boabdil, da vier<br />

Zegri den Abencerragen Ab<strong>in</strong>hamad beschuldigten, mit e<strong>in</strong>er Gemahl<strong>in</strong><br />

des Königs e<strong>in</strong>e Zusammenkunft im Garten der Xeneralife gehabt zu<br />

haben. Boabdil ordnete zur Wiederherstellung der Ehre der König<strong>in</strong>, für<br />

deren Unschuld sich fast ganz Granada erhob, e<strong>in</strong> Gottesgericht an, <strong>in</strong><br />

welchem die vier Zegri mit vier andern Rittern kämpfen sollten, doch<br />

hatte die König<strong>in</strong>, so sagt der Geschichtschreiber, im Bewußtse<strong>in</strong> ihres<br />

Rechts Ke<strong>in</strong>en ihrer Freunde zu ihrer Vertheidigung aufgefordert und<br />

überließ Alles dem Willen Gottes.<br />

KAPITEL 18. GRANADA. 239<br />

Auf demselben Platze, wo wir uns jetzt bef<strong>in</strong>den, wurden damals<br />

Turnierschranken aufgerichtet, sowie e<strong>in</strong> schwarzes Gerüst, auf welchem<br />

die König<strong>in</strong>, umgeben von ihren Frauen und umr<strong>in</strong>gt von den edelsten<br />

Geschlechtern, die sich <strong>in</strong> Trauerkleidern e<strong>in</strong>gefunden hatten, mit Ergebung<br />

ihr Schicksal erwartete. Die Stimmung gegen den König war so,<br />

daß die Stadt anf<strong>in</strong>g, sich zu empören und die Almorad<strong>in</strong>en, Alabezen<br />

und Gazulen im Begriff waren, hervorzubrechen, um Boabdil vom Throne<br />

zu stoßen. Doch wurden sie gewarnt, denn wenn sie auch die König<strong>in</strong><br />

aus Lebensgefahr befreiten, so blieb doch ihre Ehre befleckt, wenn sich<br />

ke<strong>in</strong>e Kämpfer für sie zeigten. Alle Fenster, Erker und Altane waren besetzt<br />

und angefüllt mit Menschen, unter denen aber Niemand war, der<br />

nicht gewe<strong>in</strong>t hätte und tief gerührt gewesen wäre. Die vier Zegri, welche<br />

erwartend <strong>in</strong> den Schranken hielten, trugen über ihrer Rüstung grüne<br />

und schwarze Kleider und hatten eben solche Fähnle<strong>in</strong> und Federn.<br />

Auf ihren Schildern zeigten sich Schwerter, an denen Blut herabtropfte,<br />

mit der Inschrift: Für die Wahrheit wird es vergossen.<br />

So war denn die Partei der König<strong>in</strong> <strong>in</strong> gespannter Erwartung von<br />

Morgens acht Uhr bis Mittags um zwei, als sich immer noch ke<strong>in</strong> Kämpfer<br />

gezeigt hatte. Da auf e<strong>in</strong>mal hörte man Lärmen, den Ruf des Volks,<br />

sowie das Klirren von Pferdehufen h<strong>in</strong>ter dem Thore von Vivarrambla.<br />

Vier Ritter erschienen <strong>in</strong> türkischer Tracht, die auf mächtigen Rossen<br />

<strong>in</strong> die Schranken sprengten und sich als Kämpfer für die König<strong>in</strong> ankündigten.<br />

Sie waren himmelblau gekleidet; die Turbane um die Stahlhauben<br />

von weißer Le<strong>in</strong>wand, mit goldenen und blauen Streifen durchwirkt,<br />

zeigten oben e<strong>in</strong>e Spitze mit e<strong>in</strong>em reichen Busch von blauen,<br />

grünen und rothen Federn, untermischt mit Gold- und Silberschnüren.<br />

Die Inschriften auf ihren Schildern waren verschieden und bezogen sich<br />

auf den Kampf, um die Ehre der König<strong>in</strong> zureiten. <strong>E<strong>in</strong></strong>e hieß:<br />

Himmelan will ich ihn heben,<br />

Daß er desto tiefer falle,<br />

Für die weltbekannte Bosheit,<br />

Die er ohne Scheu begangen.<br />

Die vier unbekannten Kämpfer aber waren christliche Ritter aus dem<br />

Lager König Ferd<strong>in</strong>and’s und zwar Ponce de Leon, Don Alonzo de Agi-

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